Die Geschlechtervielfalt im Fokus: Benedict Gruber und Philipp Agostini sprechen über LGBTQIA und mehr

Um Geschlechtervielfalt und sexuelle Orientierung drehte sich alles bei einem Vortrag in Moosburg: Zwei junge Moosburger erklärten, was „LGBTQIA“ ist.
Moosburg – Aufklärungsarbeit in Sachen Geschlechtervielfalt und sexueller Orientierung gab es kürzlich an der Volkshochschule Moosburg. Benedict Gruber und Philipp Agostini organisierten einen Vortrag zum Thema „Was ist eigentlich LGBTQIA?“. Auch in verschiedenen Workshops setzten sich die beiden Moosburger dafür ein, das gesellschaftlich immer noch tabuisierte Thema präsenter werden zu lassen.
Kritische Auseinandersetzung mit starren Identitätskonstrukten
Dass sich das Bild von Männlichkeit und Weiblichkeit eigentlich gar nicht so festlegen ließe, wie das in den Köpfen der Menschen verankert sei, wurde an dem Abend deutlich. Für die Vhs Moosburg war es ein mutiger Schritt, sich mit den vorherrschenden starren Identitätskonstrukten kritisch auseinanderzusetzen.
Von Ländern, in denen transgeschlechtliche Menschen Ausgrenzung und Anfeindung erleben müssten, bis hin zur Todesstrafe, darüber informierte Philipp Agostini eingangs. Der 26-Jährige, der gerade seinen Master in Psychologie macht, thematisiert seine sexuelle Orientierung offen. Ruhig und überlegt erklärte er den Zuhörern, was sich hinter den Buchstaben LGBTQIA verbirgt: L-Lesbisch, G-Gay (schwul), B-Bisexuell, T-Transsexuell, Q-Queer, I-Intergeschlechtlich und A-Asexuell.
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In der emotionalsten Zeit im Leben, in der Pubertät, sei das Thema Sexualität für Jugendliche besonders präsent. Sich als schwul oder lesbisch zu outen, sei für viele schwer. Der Verein „Diversity München“ gebe Auskunft und Orientierung in dieser Phase, mitunter durch ein schulisches Aufklärungsprogramm. Gruber selbst habe dort wichtige Erfahrungen für die Aufklärungsarbeit gesammelt.
Es gibt kein „Schwulen- oder Lesben-Gen“
Beim Vortrag wurde auch deutlich, dass für die sexuelle Orientierung neben dem Erbgut auch die Umgebung, sprich die Erziehung und das gesellschaftliche Umfeld, wichtig seien. Ein spezifisches „Schwulen- oder Lesben-Gen“ gebe es nicht. Die Gene hätten zwar Einfluss auf das sexuelle Verhalten, die Sozialisation sei aber prägender. Agostini gab hierzu ein Beispiel. Als er jüngst mit seinem kleinen Bruder in einem Kaufhaus einen Schulranzen kaufen wollte, habe ihn die Verkäuferin gleich in die „Abteilung für die Jungs“ geschickt, da seien die Ranzen mit den blauen Motiven zu finden. Es gebe jedoch eine deutlich größere Vielfalt als Mann und Frau, Jungen und Mädchen. Gesellschaftlich werde aber nach wie vor in nur diese beiden Geschlechter getrennt.

Warum auf Briefen immer „Herr“ oder „Frau“ stehen müsse, hinterfragte Agostini kritisch. „Die Briefe werden doch auch eingeworfen, wenn nur der Name darauf steht.“ Bei amtlichen Anschreiben sei es das Gleiche. In der LGBTQIA-Gemeinschaft gebe es Bemühungen, die weiblichen und männlichen Pronomen „er“ und „sie“ durch geschlechtsneutrale zu ersetzten, wie etwa „sier“. Sehr viele Menschen fühlten sich unwohl mit dem Geschlecht, das sie bei der Geburt zugewiesen bekommen hätten.
Wenig Material zu geschlechtsneutraler Früherziehung
Eine Zuhörerin bemängelte, dass es in der kindlichen Früherziehung wenig Material gebe, um geschlechtsneutral zu erziehen. Sogar in Kinderanimationsfilmen werde das Geschlecht vorbestimmt, gab Benedict Gruber zu bedenken. Mit Sorge blickte jemand aus dem Publikum in die USA: Momentan gebe es dort Rechte für Homosexuelle, etwa, dass sie ihre Sexualität frei ausleben könnten. Bewegungen gebe es jedoch zum Beispiel unter fundamentalistischen Christen, diese Rechte wieder abzuschaffen.
Eine Veranstaltungsreihe zum Thema sexuelle Vielfalt möchte die Fachbereichsleiterin für Sprachen und Kultur, Nadine Sukniak, an der Vhs etablieren.
Maria Martin
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