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Getötete Küken: Undercover-Tierschützerin bringt bekannten Bio-Zuchtbetrieb zu Fall

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Von: Manuel Eser

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In dem WISO-Bericht zeigt die Aktivistin, wie etlichen weiblichen Küken maschinell der Schnabel beschnitten wird.
In dem WISO-Bericht zeigt die Aktivistin, wie etlichen weiblichen Küken maschinell der Schnabel beschnitten wird. © Screenshot: ZDF

Eine Tierschützerin hat sich in einem Brütereibetrieb in Moosburg eingeschleust. Was sie dabei undercover dokumentierte, beschäftigt jetzt die Staatsanwaltschaft.

Moosburg – Die Brüterei Hölzl hat sich als Spezialist für Bio- und Freilandhaltung von Hühnern einen Namen gemacht. Supermärkte werben mit der Legehennen-Zucht, die in Moosburg ansässig ist. Dennoch hat der Verein SOKO Tierschutz Hinweise erhalten, dass dort gegen den Tierschutz verstoßen wird. Als die Brüterei eine Stellenanzeige schaltet, nutzt der Verein die Chance und schleust eine Mitarbeiterin in den Betrieb ein. Was die in ihrer mehrwöchigen Arbeit vor Ostern mit einer versteckten Kamera dokumentiert hat, war am Dienstag im ZDF-Magazin WISO zu sehen und hat viele Fernsehzuschauer bestürzt.

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Die Massentötung männlicher Küken ist Branchen-Alltag

Dass Millionen männlicher Küken gleich nach der Geburt getötet werden, ist Alltag in der Branche – und legal. So hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden: Männliche Küken hätten keinen wirtschaftlichen Nutzen und dürften daher entsorgt werden. Gegen das Tierschutzgesetz verstößt hingegen eine Praxis, die von der SOKO-Aktivistin ebenfalls bei Hölzl dokumentiert wurde: das systematische Kürzen von Schnäbeln weiblicher Küken. „Ich musste die Tiere in die Maschine einhängen“, berichtet sie. „Die Hühner haben gezappelt und sich gewehrt.“

Evelyn Ofensberger, Juristin des Deutschen Tierschutzbundes (DTschB), kritisiert diese Methode, die dazu dient, dass sich die Tiere nicht gegenseitig verletzen. Das spräche dafür, dass die Küken auf engem Raum gehalten werden. „Es ist ein Unding, die Tiere den Haltungsbedingungen anzupassen anstatt die Haltungsbedingungen ans Tierwohl.“ Wie Robert Stangl, Sprecher des Landratsamtes Freising, mitteilt, verfügt die Brüterei Hölzl aber über eine Ausnahmegenehmigung – gängige Praxis, wie die Tierschützer kritisieren. Zwar haben sich die deutschen Brütereien 2017 dazu verpflichtet, auf das Schnabelkürzen zu verzichten. Doch das gilt nur für den deutschen Markt. Hölzl aber erklärt via Anwalt in WISO: „Das Kürzen von Schnäbeln wird ausschließlich bei Küken vorgenommen, die für den Export bestimmt sind.“

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Landratsamt hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet

Die Tierschützerin berichtet zudem davon, dass in dem Betrieb auch „kistenweise weibliche Tiere“ getötet wurden. Sie seien ebenfalls in einem Automaten vergast worden – angeblich, weil es nicht genügend Abnehmer gebe. Das Landratsamt ist über diesen Vorwurf informiert. „Sollte er der Wahrheit entsprechen, dann liegt hier ein Straftatbestand vor“, schreibt Stangl. „Daher haben wir die Staatsanwaltschaft von dem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt.“

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Auch SOKO Tierschutz und der Tierschutzbund haben Strafanzeige gestellt. „Es ist schon ein Skandal, dass männliche Küken aus wirtschaftlichen Gründen getötet werden dürfen“, sagt DTschB-Präsident Thomas Schröder. „Dass nun alle Küken, egal welchen Geschlechts, wie faule Tomaten weggeworfen werden, ist nicht hinzunehmen.“

Brüterei zieht die Notbremse

Die Brüterei Hölzl betont in einer Stellungnahme, dass die „vom ZDF verbreiteten Videoaufnahmen, die rechtswidrig gemacht wurden, die Abläufe im Unternehmen unzutreffend wiedergeben“ würden. Auch der Vorwurf massenhafter Tötungen überzähliger Küken sei „unzutreffend“. Der Betrieb zieht dennoch seine Konsequenzen: Er teilt mit, dass er den Brutbetrieb für Legetiere einstellen werde. „Der letzte Schlupf ist Ende April vorgesehen.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat am Donnerstag das mit Spannung erwartete Urteil zum massenhaften Töten von männlichen Küken in der deutschen Geflügelwirtschaft gesprochen. 

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