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Zollings neuer Bürgermeister Priller: „Auf meine Mitarbeiter lass’ ich nix kommen“

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Von: Andreas Beschorner

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Helmut Priller, Bürgermeister von Zolling
Neues zulassen, Erhaltenswertes bewahren und dabei Ressourcen schonen: Zollings neuer Bürgermeister Helmut Priller hat klare Vorstellungen von seiner Arbeit an der Gemeindespitze. © Beschorner

Nach 100 Tagen im Amt zieht Zollings neuer Bürgermeister Helmut Priller eine erste Zwischenbilanz.

Zolling – 1286 Stimmen, das waren 55,5 Prozent. Und das hat Helmut Priller in der Stichwahl genügt, um seit 1. Mai 2020 als Zollings neuer Bürgermeister amtieren zu können. Für die Unabhängigen Bürger Zolling (UBZ) war er angetreten. Doch Politik von und für Parteien und Gruppierungen ist nicht die Sache des Rathauschefs. Sein Credo ist, die Menschen mitzunehmen.

Freisinger Tagblatt: Ist die Aufgabe so, wie Sie es sich vorgestellt haben? Was ist anders als erwartet?

Helmut Priller: Da muss ich einfach sagen, die Aufgabe ist schöner als erwartet und übertrifft alles, was ich mir vorgestellt habe. Schöner deshalb, weil die Mitarbeiter meine Erwartungen völlig übertroffen haben – sowohl hinsichtlich ihrer hohen fachlichen Kompetenz als auch, was das Zwischenmenschliche angeht. Hier herrscht ein so offener, ehrlicher und freundlicher Umgang miteinander. So hell und offen, wie das Gebäude ist, so ist hier auch die Atmosphäre. Ich finde, das ist etwas Besonderes bei rund 40 Mitarbeitern. Von grauen, staubigen Amtsstuben sind wir meilenweit entfernt.

Was war schwieriger? Was angenehmer?

Schwieriger als erwartet war und ist tatsächlich für mich, dass noch immer Corona seine Auswirkungen hat und einige Mitarbeiter im Homeoffice sind. Da fehlt dann einfach der persönliche Kontakt, das kurze Gespräch am Kopierer, das Lächeln auf dem Gang. Das vermisse ich aktuell und ich freue mich darauf, wenn alle wieder im Haus sind. Eine Herausforderung sind auch noch die vielen offenen Projekte in meiner Schublade. Die sind teilweise noch aus dem Jahr 2015. Angenehmer als erwartet empfinde ich die Stimmung im Gemeinderat. Da herrscht insgesamt ein sehr wertschätzender Umgang miteinander zwischen allen Fraktionen – auch, wenn man nicht immer einer Meinung ist.

Ich habe es geschafft, endlich das fehlende Grundstück für den Radweg zwischen Haindlfing und Palzing zu bekommen.

Helmut Priller

Was war bisher Ihre schwierigste Entscheidung, was die Schönste?

Hm, ich habe bisher keine Entscheidung allein im stillen Kämmerlein getroffen, sondern habe immer Menschen mit ins Boot geholt. Das gilt für große Entscheidungen, aber auch für scheinbar banale, wie zum Beispiel, dass wir die Kaffeekasse in der Verwaltung auflösen wollen. Ich halte es für wichtig, die Menschen, die es angeht, dabei mitzunehmen. Und wenn man Kollegen, Mitarbeiter und Gemeinderatsmitglieder in die Entscheidungen mit einbezieht, ist man auch in schwierigen Situationen nicht allein und sie sind nicht mehr so schwer, wie sie anfangs scheinen. Eine wirklich gute Entscheidung war, immer das persönliche Gespräch zu suchen. Und es ist schön für mich zu erleben, wie das wirkt und zum Erfolg führen kann. Ich habe es so zum Beispiel geschafft, endlich das fehlende Grundstück für den Radweg zwischen Haindlfing und Palzing zu bekommen. Das war ja seit Jahren das Problem. Ich habe mich mit dem Eigentümer morgens um sieben im schönen, nebligen Ampertal getroffen, wir haben uns kennengelernt und nach einer halben Stunde hat er mir zugesagt, das Grundstück für den Radweg der Gemeinde zu überlassen. Von daher: Der persönliche Kontakt von Mensch zu Mensch war die schönste Entscheidung.

Wie ist die Stimmung im Gemeinderat, wie in der Verwaltung?

Die Stimmung im Gemeinderat ist toll. Wir haben sieben neue Gemeinderatsmitglieder bei insgesamt 16 Räten. Da ist frischer Wind hereingeweht und auch die erfahrenen Mitglieder haben festgestellt, wie gut das dem Gremium tut. Über die Jahre wird man ja doch auch ein wenig betriebsblind. Die „Neuen“ bringen neue Aspekte mit in die Arbeit, sie haben Visionen und sind mutig und aufgeschlossen. So haben wir jetzt eine richtig tolle Mischung aus Erfahrung, fachlichem Wissen und Aufbruchsstimmung. Das birgt viele Chancen und weil wir einen so wertschätzenden Umgang und eine professionelle Gesprächskultur haben, werden wir dies auch nutzen können. Das zeigt sich schon in den bisher gut 100 Beschlüssen, die wir gefasst haben: Nur zwei davon waren nicht einstimmig. Übrigens, dass mein Vorgänger das digitale Ratsinformationssystem noch eingeführt hat, war eine sehr kluge Entscheidung. Die Gemeinderatsmitglieder sind so top informiert für die Themen der Sitzung. Das ist wichtig, um umsichtige Entscheidungen treffen zu können. Da greifen auch Gemeinderat und Verwaltung nahtlos ineinander. Und die Stimmung in der Verwaltung, die ist wie schon gesagt sehr gut. Auch der Kontakt und die Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitern in den gemeindlichen Einrichtungen wie Bauhof, Kindergarten und Kinderstüberl funktioniert reibungslos. Ein tolles Arbeitsumfeld.

Wie ist das Verhältnis zu den anderen VG-Bürgermeistern?

Auch da kann ich nur sagen: kollegial und herzlich. Meine Tür ist immer offen und so ist es auch bei den Kollegen. Ein inoffizielles Gespräch auf unserer schönen Terrasse von Kollege zu Kollege kann sehr hilfreich sein.

Haben Sie Ihren Führungsstil schon gefunden?

Ich habe schon lange Menschen geführt, alleine aus meiner beruflichen Vergangenheit heraus im eigenen Betrieb, aber auch in Ehrenämtern wie als Stellvertretender Kreishandwerksmeister oder Obermeister der Innung. Menschen zu führen ist etwas Natürliches für mich, etwas, das ich sehr spannend finde. Deshalb beschäftige ich mich auch mit diesem Thema und bilde mich weiter. Aus meiner Sicht muss Führung am Menschen ausgerichtet sein, an seinen Stärken, seinen Talenten und seinen Bedürfnissen. Deshalb ist mein Führungsstil kein starres Konzept, sondern etwas Flexibles und Individuelles. Es gibt ein paar Eckpfeiler, die mir wichtig sind: Ich habe zum Beispiel Mitarbeitergespräche eingeführt. Da geht es aber nicht um Kontrolle und Effizienz, sondern darum, den Menschen als Ganzes zu sehen. „Wie geht es Dir?“, „Fühlst du dich wohl mit deinen Aufgaben?“, „Wo können wir etwas verbessern?“ – das ist, was ich wissen will. Außerdem bin ich überzeugt von flachen Hierarchien. Sie bringen Bewegung. So können sich die Mitarbeiter in Teams organisieren und sich auf einer Ebene austauschen und unterstützen. Dieser Prozess findet gerade statt bei uns und es ist echt toll, das zu sehen. Über allem steht natürlich meine absolute Loyalität meinen Mitarbeitern gegenüber. Auf die lass’ ich nix kommen!

Diesen Zusammenhalt in der Gemeinde finde ich außergewöhnlich.

Helmut Priller

Wie hat Sie die Corona-Zeit in den ersten Wochen eingeschränkt?

Natürlich war das für uns alle eine schwierige Zeit und der persönliche Kontakt zu den Menschen hat mir gefehlt. Aber ich kann dieser Phase auch Positives abgewinnen. Zum Beispiel hat sich einmal mehr gezeigt, wie gut unsere Gemeinschaft im ganzen Gemeindegebiet funktioniert. Wir haben innerhalb kürzester Zeit zusammen über 5000 Masken an Bürgerinnen und Bürger verteilt, an vier Ausgabestellen bis in die Abendstunden. Da haben Vereine, Ehrenamtliche und die Gemeinde ohne Wenn und Aber Hand in Hand gearbeitet. Diesen Zusammenhalt in der Gemeinde finde ich außergewöhnlich. Und noch einen Vorteil hatten die Einschränkungen: Ich konnte mich mit voller Konzentration in mein Amt einarbeiten. Die Zeit habe ich auch intensiv genutzt, da ja die Erstschulung für Bürgermeister wegen Corona ausgefallen ist. Aber ich freue mich über alle Lockerungen. Jetzt kann ich auch endlich raus, zu den Jubilaren, zu den Bürgerinnen und Bürgern. Das brauche ich.

Ein oder zwei Sätze als Bilanz der ersten 100 Tage?

Ich bin stolz, Bürgermeister dieser Gemeinde zu sein. Ich sehe die Herausforderungen: Neues zuzulassen und gleichzeitig das zu erhalten, was Zolling und seine Ortsteile ausmacht und dabei umsichtig mit den Ressourcen umgehen, die wir zur Verfügung haben. Zolling steht unter einem stetig wachsenden Siedlungsdruck. Aber mit den Menschen, die ich für diese Aufgaben um mich habe, weiß ich, dass wir ihn gemeinsam und zum Wohle aller meistern werden.

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