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Große Sorge um die Menschen in der Partnerstadt: Anpacken für die Freunde in der Ukraine

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Von: Hans Kürzl

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Bürgermeister Münster (l.) packte mit an und koordinierte. 	 
Bürgermeister Münster (l.) packte mit an und koordinierte.   © Weber

Die Sorge um die ukrainische Partnerstadt ist in Eichenau riesig. Zahlreiche Hilfsaktionen wurden gestartet.

Eichenau – Eine 29-Jährige steuerte gemeinsam mit Freund und Vater einen ersten Hilfskonvoi in den Grenzort Przemysl. Auch dort ist das Leid der Menschen zu spüren.

„Es war wichtig, dass wir das gemacht haben“, sagt Elisabeth Ellenrieder aus Eichenau – trotz der Mühen einer einfachen Fahrt von 14 Stunden. Zusammen mit ihrem Freund Dominik Schenk und ihrem Vater Franz Ellenrieder hat die 29-Jährige während der vergangenen Woche einen der Hilfstransporte zur polnisch-ukrainischen Grenze in Przemysl gefahren.

Busse voller Flüchtlinge

Von dort aus haben dann ukrainische Fahrer die wertvollen Güter in die Partnergemeinde Wischgorod gebracht: Medikamente, Krankenhaus-, Erste-Hilfe- und Babybedarf. In ihren Kleintransporter passte knapp eine Tonne Kisten. Bei der Übergabe habe es schnell gehen müssen. Allzu viel Zeit haben die Eichenauer also nicht im Grenzgebiet verbracht.

Ellenrieder hat beobachtet, dass die Busse brechend voll waren mit Flüchtlingen. Ebenso sei der noch frische Abschiedsschmerz von der Heimat und den Männern zu spüren gewesen. Ukrainer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen ihre Familien nur bis zur Grenze begleiten. Dann müssen sie zurück, da sie als wehrfähig gelten.

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Mit der Übergabe an die ukrainischen Transportfahrer kam bei Ellenrieder so etwas wie Hilflosigkeit und Sorge auf. „Was wird mit den ukrainischen Fahrern sein? Kommen sie gut und unverletzt in Wischgorod an?“ Die Erleichterung sei sehr groß gewesen, als die Nachricht kam: Alles und alle gut angekommen.

Die Sorge ist dennoch berechtigt. Denn Wischgorod liegt unweit von Kiew, am Montag war die Stadt noch weitgehend unbeschädigt, der Bürgermeister traute laut Facebook noch ein Hochzeitspaar. Doch der Lärm der Kämpfe war deutlich zu vernehmen. Und zehn oder 15 Kilometer weiter ging nichts mehr auf den Straßen.

Die Hilfsbereitschaft der Polen

Was Ellenrieder imponierte, war die Hilfsbereitschaft der Polen. Die junge Frau beschreibt sie als „sehr loyal allen Leuten gegenüber, die der Ukraine helfen wollen“. Beeindruckt zeigte sich die 29-Jährige über eine Demonstration in Breslau. Das ist die Heimatstadt ihres Großvaters, und das Trio stattete ihr einen kurzen Besuch ab. „Es war nur noch Gänsehaut, wie solidarisch Polen zu seinem Nachbarland steht.“

Gleichzeitig hat Ellenrieder registriert, wie gut organisiert Hilfe und Hilfsleistungen sind. So seien die Anlaufpunkte, wo die Übergabe an die ukrainischen Fahrer stattfindet, gut ausgeschildert. Insgesamt werde alles recht unkompliziert geregelt, auch wenn sich die Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze etwas gezogen hätten.

Dass an der polnisch-ukrainischen Grenze alles relativ reibungslos abläuft, liege daran, dass den Transportern aus Deutschland gewissermaßen ein „Partner“ an ukrainischen Fahrern zugeordnet sei. „Beide Seite wissen dort, wen sie für die Übergabe zu kontaktieren haben“, erklärt Eichenaus Bürgermeister Peter Münster. Einfach so spontan losfahren, bringe nichts.

Eigentlich wollte Elisabeth Ellenrieder den Kastenwagen ganz anders einweihen. Gegen Ende Februar wurde er neu zugelassen. „Wir hatten vor, damit zum Campen zu fahren.“ Doch dann haben sie sich entschieden, damit den Menschen in der ukrainischen Partnergemeinde zu helfen. Ellenrieder war dort 2019 zu Besuch. „Wir fühlen uns verbunden und haben eine Vorstellung, wo die Hilfe hingeht.“ Vielleicht fährt sie auch ein zweites Mal an die polnisch-ukrainische Grenze. „Wenn wir gebraucht werden.“

Was vorrangig nötig ist,

findet man im Internet auf www.eichenau.org/aufruf-fuer-wischgorod-hilfe-danke-fuer-ihre-mithilfe.

Froh um jedes Pflaster: Eichenau stellt kurzfristig Kooperation mit deutscher Partnerstadt auf die Beine

Ein zweiter Hilfstransport war am Wochenende unterwegs, ein dritter wird sich voraussichtlich am heutigen Dienstag auf den Weg nach Przemysl machen. Mit dabei sind Hilfsgüter, die in Eichenaus zweiter Partnerstadt Scharfenstein (seit 2005 eingemeindet nach Drebach) gesammelt wurden sowie von den Maltesern in Offenbach.

Die Verbindung zwischen Eichenau, Hessen und Sachsen kam über Andy Tauber zustande, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Scharfenstein. Tauber ist außerdem Leiter der Grubenwehr der Wismut GmbH. Einer der Geschäftsführer dieses in Thüringen und Sachsen vertretenen Unternehmens ist Rainer Türmer, der aus Offenbach stammt. Türmers Ehefrau Gabriele wiederum engagiert sich bei den Maltesern.

All diese Fäden liefen nun in der Starzelbachgemeinde zusammen. Das katholische Pfarrzentrum diente als Zwischenlager. Bürgermeister Peter Münster und Partnerschaftsreferent Claus Guttenthaler stehen in engem Kontakt mit Wischgorod. So wissen sie einigermaßen tagesaktuell, welche Güter gerade dringend benötigt werden. „Wir fahren da bisweilen schon auf Sicht“, räumt Münster ein. Auch deshalb ist er für die Hilfe aus Sachsen und Hessen sehr dankbar.

Andy Tauber und Gabriele Türmer berichten ebenfalls von einer großen Hilfsbereitschaft für Wischgorod. Einen Tag bevor der Transport in Eichenau ankam, hatten die Malteser in Offenbach für sechs Stunden zu einer Sammelaktion aufgerufen – über lokale Medien und soziale Netzwerke. „Wir sind von den Menschen überrannt worden“, berichtet Türmer. Man habe bei den Kollegen in Darmstadt nachfragen und um einen dritten Transporter ersuchen müssen. In denen stapelten sich zu einem erheblichen Teil medizinische Güter, Medikamente und Verbandsmaterial. Davon profitiert auch das Krankenhaus in Wischgorod, das derzeit laut Münster seinen Betrieb noch aufrechterhalten kann.

Dort werde man um jedes Pflaster froh sein, glaubt Gregor Banik, Facharzt für Anästhesie und Notfallmedizin. Er sortiert in Eichenau das Material vor. Bei Medikamenten kommt nichts mit, „was klar über dem Verfallsdatum liegt“. Das sei aber nicht viel gewesen. Großzügiger ist er bei Verbandskästen und Verbandsmaterial, das lediglich äußerlich verwendet werde. „Im Kriegsfall ist man um so vieles froh, was man in normalen Zeiten nicht mehr unbedingt verwenden würde.“

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