- vonPeter Loderschließen
Die Erntezeit ist kurz, hat am Mittwoch begonnen und wird wohl bereits Ende nächster Woche wieder beendet sein. Weshalb bei Jakob Gradl, dem Hollerbauer von Emmering, gerade Hochbetrieb herrscht.
Emmering – Vor elf Jahren, als der damalige Bauamtsleiter im Rathaus in Ruhestand ging, hat der Bald-70-Jährige auf seinem drei Hektar großen Grundstück am östlichen Ortsrand 2200 Holundersträuche gepflanzt. Seitdem wird zweimal im Jahr geerntet: Zuerst die weißen Blüten, aus denen Sirup und Limo gemacht wird – jetzt, Ende August, die schwarzen Beerenfrüchte.
Holler-Verkauf eine Marktlücke
Und die finden reißenden Absatz. Die Autokennzeichen derer, die zur Ernte kommen, lassen eine Marktlücke vermuten, in die der Gradl-Papa und sein Sohn Markus gestoßen sind. Zur Stammkundschaft gehört etwa jedes Jahr eine Bäckerin aus Österreich, die eine lange Anreise in Kauf nimmt, um aus dem Emmeringer Holler (nur Nordlichter sagen Holunder) eine ganz spezielle Brotsorte zu kreieren.
Einer der ersten Kunden beim Erntestart am Mittwochnachmittag war Günther Helmprecht. Er war zwar „nur aus München“ angereist, hat aber den Erntestart schon fieberhaft erwartet, nachdem er zufällig im Internet auf die Gradl-Farm gestoßen war. „Meine Mutter will unbedingt mal wieder Hollerkücherl backen.“
Vom Bauamt auf den Holler-Hof
2008, als der aus einem Bauernhof stammende Ur-Emmeringer Jakob Gradl das Rathaus verließ und nicht einfach nur Rentner sein wollte, wurde er zum Hollerbauern. Er ist nicht nur Maurer, sondern auch gelernter Landwirt. Ein Bio-Berater hatte ihm empfohlen, statt des geplanten Kürbis-Anbaus auf Holler zu setzen.
Im Frühjahr wird etwa die Hälfte der Blüten für die Erzeugergemeinschaft „Unser Land“ geerntet, die daraus Sirup herstellt. Die andere Hälfte – zwischen acht und zehn Tonnen jährlich – entwickelt sich zu den Beeren, die im Spätsommer „geprockt“ (gepflückt) werden. Heuer wird der Ansturm in Emmering noch etwas größer werden. Denn einem in Inning ansässigen Kollegen hat ein Unwetter fast die komplette Ernte vernichtet. Gradls Paradies blieb verschont. Doch auch er hatte 2011 schon ähnliche Erfahrungen machen müssen.
So funktioniert die Holler-Ernte
Für Selbstpflücker sind die an niedrigen Sträuchern hängenden Beeren auf der Holler-Plantage leicht zu erreichen. Mitgebracht werden sollte eine Schere zum Stilabschneiden und eine Schüssel, die es aber bei den Gradls auch auszuleihen gibt. Nach getaner Arbeit geht’s zur Waage, wo Enkelin Johanna die Ware wiegt und kassiert. Ein Kilo kostet drei Euro, für weitere Mengen gibt es Extra-Tarife.
Die Holunder-Plantage hat von Montag bis Freitag 13.30 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 15 Uhrgeöffnet). Infos im Internet unter www.hollerbauer-emmering.de. Die Zufahrt zum Feld, das im Norden an die B471 grenzt, ist am östlichen Ortsausgang von Emmering auf dem Estinger Weg, der eigentlich nur von Radlern benutzt werden darf, für Besucher und Anlieger wie dem Hollerbauer aber frei ist.