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Bade-Inseln in Fürstenfeldbruck, Emmering und wohl auch Mammendorf werden abgebaut

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Von: Klaus Greif, Hans Kürzl, Thomas Steinhardt

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Die Badeinseln erfreuen sich großer Beliebtheit © Stadt FFB

Aus haftungsrechtlichen Gründen lassen die Stadt Fürstenfeldbruck und die Gemeinde Emmering die Schwimminseln in ihren Seen abbauen. In Mammendorf ist ähnliches zu erwarten. Andere Kommunen und Städte warten noch ab.

Fürstenfeldbruck – In Weilheim werden Stege an Seen geschlossen, am Ammersee Holzflöße oder Rutschen entfernt – und nun schwappt die Angst vor Schadenersatzforderungen nach Unfällen in Badeseen auch in den Landkreis Fürstenfeldbruck über. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom November 2017. Aufgrund des Urteils hat sich nun auch die Stadt Fürstenfeldbruck nach eingehender juristischer Beratung entschlossen, die Badeinseln im Pucher Meer abzubauen. „Zum eigenen großen Bedauern“, schreibt die Stadtverwaltung am Freitag in einer Mitteilung an die Öffentlichkeit. 

Zum Thema Badeinseln in Seen gibt es nun auch eine Abstimmung: Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Stadt kann zur Überwachung der Bade-Inseln niemanden einstellen

Eine Haftung (gemäß Richtlinie R 94.13 der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V.) greife bei „bädertypischen Ausbauten“. Der gesetzlichen Verkehrssicherungspflicht bei Naturbädern könne die Stadt nur durch das Einstellen eines beziehungsweise mehrerer Bademeister nachkommen. Dies sei derzeit nicht möglich. Damit sei der Stadt das Risiko zu hoch, bei einem Badeunfall zivil- und strafrechtlich in die Haftung zu kommen.

OB erlässt dringliche Anordnung zur Entfernung der Bade-Inseln

 Angesichts des guten Badewetters erließ OB Erich Raff am Freitag die entsprechende dringliche Anordnung. Bis zur nächsten Stadtratssitzung zu warten, sei nicht möglich gewesen. Die Badeinseln im Pucher Meer sollen bereits am Sonntag abgebaut werden. „Keiner findet das gut in der Stadt“, sagte eine Sprecherin. 

Auch in Emmering kommt die Insel weg

Ähnlich sieht es die Gemeinde Emmering: Die Mittelinsel am Badeweiher kommt weg, wie Verwaltungschef Markus Pree sagte. „Es ist zwar abstrus. Aber es ist halt so.“ Grund auch hier: Angst vor der Haftung. 

Zwar halte man die juristische Entwicklung für nicht sinnvoll. Er wolle sich aber gar nicht ausmalen, welche Forderungen auf die Gemeinde zukommen könnten, so Pree. Wann die Emmeringer Insel entfernt wird, stehe allerdings noch nicht fest. 

Bade-Insel-Problem auch im See in Mammendorf

Ähnliches gilt für den Mammendorfer See, für den das Landratsamt verantwortlich zeichnet. Das Fachreferat habe vorgeschlagen, wegen des BGH-Urteils die Insel im See zu entfernen, berichtete eine Sprecherin. Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen. Juristisch soll der See künftig nur noch als „Badestelle“ gelten und nicht als „Naturbad“. Je mehr bädertypische Einbauten es gebe, desto mehr bewege man sich in Richtung Naturbad – und in einem solchen müsste man ständig eine Aufsicht vor Ort haben.

Der Plan ist nun, die Insel des Fördervereins aus dem See zu entfernen. Die zweite Insel, die derzeit im öffentlich zugänglichen Bereich schwimmt, soll zurück verlegt werden in den Bereich des Sees, der zum Freibad gehört. Dort sei immer Personal. Der Steg der Wasserwacht kann nach erster Einschätzung wohl bleiben. Er gehört der Wasserwacht und ist nicht für die Öffentlichkeit gedacht. 

Germering will seine Bade-Insel vorerst behalten

Die Stadt Germering reagiert abwartend auf das BGH-Urteil. Thomas Wieser, als Sachgebietsleiter Umwelt im Bauamt für den Germeringer See zuständig, hat zwar schon ein Gespräch mit der Wasserwacht geführt, die am See mit einer Wachstation präsent ist. Da sei aber nur geklärt worden, dass die Germeringer Retter zunächst mit ihrem Verband über das Thema ansprechen werden. Die Stadtverwaltung habe das Urteil bislang nur intern diskutiert, erzählt Wieser weiter. Über konkrete Maßnahmen habe man noch nicht gesprochen. Der Tenor sei aber eher gewesen, dass das Urteil oft überinterpretiert werde. Die Stadt werde Kontakt mit den kommunalen Versicherungen aufnehmen.  Auch Jochen Franz vom Amt für Sicherheit und Ordnung in Germering konnte in einer ersten Reaktion nicht nachvollziehen, dass die Stadt als Folge des Urteils die Stege und die Badeinsel am See entfernen müsse. Man werde sich das anschauen müssen. 

In Olching sieht man die Bade-Insel als Sicherheitseinrichtung

In der Stadt Olching will man die Entwicklung in Ruhe prüfen, wie eine Sprecherin sagte. Prinzipiell aber betrachte man die Insel im Olchinger See als Sicherheitseinrichtung. Sie sei auch eine Anlaufstelle für Badende, die in Schwierigkeiten geraten seien. In Eichenau sieht man im Moment keinen Handlungsbedarf. 

Rainer Bertram vom BRK und damit der Wasserwacht reagierte differenziert auf die Entwicklung. Eine Insel im See könne Schwimmer dazu verleiten, weiter hinaus zu schwimmen als sie es sonst täten. Das könne aber ohne Insel genauso passieren. Er ist überzeugt: Die Inseln waren für keinen der Todesfälle an Seen der vergangenen Jahre verantwortlich.

Schuld sind nicht die Bade-Inseln

 Grundsätzliches Problem im Hintergrund laut Bertram: Es gibt einfach zu viele Leute, die nicht oder nur schlecht schwimmen können. Es gebe zu wenig Schwimmkurse und zu wenige Bäder. Die beiden CSU-Abgeordneten Katrin Staffler (Bundestag) und Benjamin Miskowitsch (Landtag) kritisieren die Rechtsprechung. Miskowitsch, selbst lange bei der Wasserwacht aktiv: „Dauernd arbeiten wir daran, die Naherholungsgebiete attraktiver zu machen und nun wird mit einem Urteil genau das Gegenteil erreicht.“ Katrin Staffler möchte vermitteln: „Selbstverständlich haben wir großes Verständnis für die schwierige Lage der Kommunen. Daher arbeiten wir über alle politischen Ebenen hinweg gemeinsam daran, für Gemeinden, Städte und Landkreise eine verlässliche Rechtsgrundlage zu schaffen.“ Dazu bräuchten Kommunen Rechtssicherheit. „Hier gleich mit der Haftungskeule zu drohen, wird die Attraktivität von öffentlichen Badeseen nicht erhöhen“.

Das war die Erstmeldung

Fürstenfeldbruck - Aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofes zur Haftung des Betreibers von Naturbädern habe sich die Stadt Fürstenfeldbruck nach eingehender juristischer Beratung zu ihrem eigenen großen Bedauern nun – wie bereits viele andere Kommunen - entschlossen, die Badeinseln im Pucher Meer abzubauen, heißt es in einer Mitteilung der Stadt vom Freitag. 

Eine Haftung gemäß Richtlinie R 94.13 der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. (GfdB) greife bei Vorhandensein von „bädertypischen Ausbauten“. Der gesetzlichen Verkehrssicherungspflicht bei Naturbädern könnte die Stadt nur durch das Einstellen eines beziehungsweise mehrerer Bademeister (Schichtbetrieb/Wochenende) nachkommen. Dies sei derzeit nicht möglich. 

Damit sei der Stadt das Risiko, bei einem Badeunfall sowohl zivilrechtlich, und vor allem aber auch strafrechtlich in die Haftung zu kommen, zu hoch. Angesichts des guten Badewetters wurde am Freitag  die entsprechende dringliche Anordnung durch Oberbürgermeister Erich Raff erlassen. Ein Zuwarten bis zur nächsten Stadtratssitzung sei nicht möglich gewesen.

Der Abbau der Badeinseln wird nach derzeitigem Stand am Samstag, 15. Juni, durch die Wasserwacht erfolgen.

Noch kein Thema im Gemeindetag

Im Gemeindetag des Landkreises Fürstenfeldbruck war das Thema bisher nicht behandelt worden, wie Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (auch Vize-Chef des Gemeindetags) am Freitag in der Früh auf Nachfrage berichtete. Bisher habe niemand Handlungsbedarf gesehen. Seidl glaubte allerdings auch, dass die haftungsrechtlichen Fragen bei den Kommunen im Landkreis virulent werden.

In Germering und Eichenau soll alles so bleiben wie es ist, wie schnelle Anfragen des Tagblatts in den Verwaltungen der beiden Kommunen ergaben.

Erklärung der beiden CSU-Abgeordneten zu den Badeinseln

Bereits am Freitag in der Früh hatten sich die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler und der Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch (beide CSU) zu dem Thema in einer gemeinsamen Presseerklärung geäußert. 

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes entfernen die ersten Kommunen Badeinseln und Badestege in Naturbädern, heißt es da. Hintergrund sei, dass die Kommunen laut einem Urteil für Unfälle im Zusammenhang mit „künstlich aufgestellte Einrichtungen“ in Haftung genommen werden können. „Die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler und der Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch bedauern dieses Urteil, da es die Gestaltungsfreiheit der Kommunen einschränkt und liebgewonnene Einrichtungen wie Badeinseln an manchen Stellen verschwinden.“ Benjamin Miskowitsch  meint dazu: „Dauernd arbeiten wir daran, die Naherholungsgebiete attraktiver zu machen und nun wird mit einem Urteil genau das Gegenteil erreicht.“ 

Katrin Staffler möchte vermittelnd tätig sein: „Selbstverständlich haben wir großes Verständnis für die schwierige Lage der Kommunen. Daher arbeiten wir über alle politischen Ebenen hinweg gemeinsam daran, für Gemeinden, Städte und Landkreise eine verlässliche Rechtsgrundlage zu schaffen. Wir wollen auch in Zukunft Angebote für alle Wassersportbegeisterten außerhalb von klassischen Freibädern bieten können.“ 

Dazu brauchen gerade die Kommunen Rechtssicherheit. „Hier gleich mit der Haftungskeule zu drohen, wird die Attraktivität von öffentlichen Badeseen nicht erhöhen“. Das vorliegende BGH-Urteil weißt laut Staffler und Miskowitsch leider in eine andere Richtung. „Wir sollten doch eher die Eigenverantwortung stärken und nicht zu einer Vollkaskogesellschaft werden.“, so Miskowitsch.

So geht Dießen am Ammersee mit dem Thema um.

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