Essen aus Müllcontainer geholt: Studentinnen werden bestraft - Proteste gegen Urteil

Der Fall hat für überregionales Aufsehen gesorgt, nun kam es am Brucker Amtsgericht zum Prozess: Zwei junge Frauen hatten entsorgte Lebensmittel aus dem versperrten Container eines Supermarktes genommen.
Fürstenfeldbruck/Olching - Sie wurden unter Vorbehalt zu einer Geldbuße von je 225 Euro verurteilt. Außerdem müssen sie gemeinnützige Arbeit leisten.
Vor dem Brucker Amtsgericht hatte die Staatsanwaltschaft 450 Euro Strafe pro Person gefordert. Verurteilt wurden die beiden dann, dazu 15 Tagessätze zu je 15 Euro zu bezahlen. Grund: Diebstahl. Allerdings müssen sie das Geld nicht jetzt berappen - die Strafe wurde unter Vorbehalt ausgesprochen. Die Bewährung läuft auf zwei Jahre. Die beiden müssen aber jeweils acht Stunden gemeinnützige Arbeit bei der Tafel ableisten.
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Demonstrationen gegen Containern-Prozess: „Es ist ein Umdenken erforderlich“
Vor dem Prozess war es zu einer Demonstration am Brucker Hauptplatz gekommen. Aus einem Stand auf einem Altpapiercontainer heraus wurde Essen aus geretteten Lebensmitteln gegen eine Spende verteilt. „Taste the Waste“ (Koste den Abfall) stand auf einem Plakat. Das Medieninteresse war groß, auch TV-Teams waren vor Ort. „Freispruch für Lebensmittelretter“, stand auf Transparenten der Demonstranten. Unter anderem die Partei „mut“ unterstützte den Protest. „Es ist ein Umdenken erforderlich“, sagte Manni Maier von „mut“.
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Video: Containern gegen Müll
Er fordert - wie andere linke Gruppen - Straffreiheit für Containern. Auch Vertreter der Grünen nahmen teil. Nach dem Demo zogen die Aktivisten zum Brucker Amtsgericht. Vor dem Einlass bildeten sich Schlangen. Viele Besucher bekamen keinen Platz im Gerichtssaal, wie Gerichtsmitarbeiter gegenüber der dpa berichteten.
Die Staatsanwaltschaft München II legte den beiden angeklagten Studentinnen zur Last, im Juni des vergangenen Jahres nachts aus einem verschlossenen Müllcontainer eines Lebensmittelmarktes in Olching Lebensmittel im Wert von rund 100 Euro entnommen zu haben. Die Lebensmittel, die wegen ihres Zustands und wegen Überschreitung des Haltbarkeitsdatums nicht mehr zum Verkauf bestimmt waren, hatte der Markt dort zur Entsorgung gelagert.
Staatsanwaltschaft beurteil Diebstahl als „besonders schweren Fall“
Den frei zugänglichen und mit einem einfachen Verriegelungsschloss versperrten Container sollen die Studentinnen mit einem Vierkantschlüssel geöffnet haben, so der Vorwurf. Als sie sich mit den entnommenen Waren entfernen wollten, wurden sie von einer Polizeistreife aufgegriffen und mussten die Lebensmittel wieder herausgeben. Gegenüber den Polizeibeamten sollen sie angegeben haben, sie hätten mit ihrem Handeln auf die Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen wollen. Der Marktleiter hatte Strafantrag wegen Diebstahls gestellt.

Die Staatsanwaltschaft hat das Verhalten der Studentinnen, die sich im Ermittlungsverfahren nicht weiter zu den Vorwürfen geäußert hatten, als gemeinschaftlichen Diebstahl in einem besonders schweren Fall (Diebstahl von Sachen, die durch ein verschlossenes Behältnis gegen Wegnahme besonders gesichert sind) beurteilt. Sie hatte zunächst angeboten, das Verfahren ohne Anklage gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von jeweils 1.200 Euro zu Gunsten der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck einzustellen. Nachdem sich beide Beschuldigten hierzu nicht geäußert hatten, hatte das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Strafbefehle mit einer Geldstrafe von jeweils 1200 Euro (40 Tagessätze zu je 30 Euro) erlassen, gegen die beide Angeklagten Einspruch eingelegt hatten.
Containern-Prozess: Angeklagte wehren sich gegen Vorwürfe
Die Angeklagten haben gegenüber dem Amtsgericht durch ihre Verteidiger schriftlich geltend gemacht, der Vorwurf des Diebstahls sei rechtlich nicht zutreffend, da der Lebensmittelmarkt durch die Aussortierung der Waren zur Entsorgung sein Eigentum aufgegeben habe und daher nicht mehr geschädigt sei. Auch liege der Wert der Waren deutlich unter 100 Euro und im Bereich der Geringfügigkeit, so dass ein besonders schwerer Fall des Diebstahls ausgeschlossen sei.
Ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestehe nicht, da die beiden Angeklagten lediglich auf den kritikwürdigen Umgang der Gesellschaft mit Lebensmitteln hätten hinweisen wollen. Nachdem der Marktleiter des Lebensmittelmarktes den Strafantrag gegen die Angeklagten zurückgenommen hatte, hatte das Amtsgericht im Dezember eine Einstellung des Verfahrens angeregt, sofern sich die Angeklagten bereit erklären würden, jeweils acht Stunden gemeinnützige Arbeit bei der Tafel Fürstenfeldbruck abzuleisten. Da beide Angeklagten hiermit nicht einverstanden sind, war nunmehr vom Amtsgericht über den Strafvorwurf der Staatsanwaltschaft im Rahmen einer öffentlichen Hauptverhandlung zu entscheiden. Hierzu wurden das persönliche Erscheinen beider Angeklagten und die Ladung von Zeugen angeordnet.
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