Neue Bühne Bruck macht aus Biedermann und die Brandstifter ein Boulevardstück

Biedermann und die Brandstifter, das Drama von Max Frisch, ist eigentlich schwere Kost. Die Neue Bühne Bruck zeigt das Stück von einer anderen Seite.
Fürstenfeldbruck – Generationen von Schülern mussten das Drama im Deutschunterricht lesen: „Biedermann und die Brandstifter“, das „Lehrstück ohne Lehre“, wie Max Frisch sein 1958 erschienenes Werk im Untertitel nannte. Ganz und gar kein vergnüglicher Stoff – eigentlich. In der Inszenierung von Ralph Hüttig an der Neuen Bühne Bruck hat die Parabel auf die Machtergreifung der Nationalsozialisten jedoch nichts von schwer verdaulicher Schullektüre. Hier wird der Biedermann zum rasanten Boulevardstück.
Brandstiftungen häufen sich im Ort. Dem Haarwasserfabrikanten Gottlieb Biedermann (Benjamin Hirt) stehen bei der Zeitungslektüre schier die Haare zu Berge. Aufhängen sollte man diese dreisten Täter, die sich – getarnt als harmlose Hausierer – in Dachböden einnisten und von dort aus die Häuser anzünden, wütet er vor sich hin. Doch als just ein solch zwielichtiger Zeitgenosse (Gerhard Jilka) bei den Biedermanns in der Stube auftaucht, reagiert der Hausherr hilf- und arglos. Unverfroren quartiert der Fremde sich bei ihm ein, und bald kommt noch ein zweiter (Roman W. Pauli) hinzu. Die beiden schleppen Benzinfässer auf den Dachboden – vor Biedermanns Augen, der aber die Bedrohung einfach nicht wahrhaben will und sogar beim Vermessen der Zündschnur hilft. Das alles kann ja nicht ernst gemeint sein.
Die ungebetenen Gäste vor die Tür zu setzen, gelingt Biedermann ebenso wenig wie Ehefrau Babette (Tina Münch). Man ist schließlich weder Spießer noch Unmensch. „Männer wie Sie, das ist’s, was wir brauchen“, schmeicheln die Brandstifter dieser Geisteshaltung, die der Technik des Totalitären zum Erfolg verhilft. Die Wahrheit ist die beste Tarnung für sie, denn die glaubt niemand.
„Ich will meine Ruhe haben, weiter nichts“, brüllt Biedermann, während er sich zunehmend angespannt an die Hausgäste anbiedert. Vielleicht hilft es ja, wenn man sich locker macht – das Hemd aufknöpft und das Hausmädchen (Tanja Osman) anweist, Schürzchen und Häubchen abzulegen. Man will schließlich selber vom aufziehenden Unheil verschont bleiben, alles andere ist egal.
Der Stoff ist alles andere als komisch, doch es steckt viel Witz in der vom Premierenpublikum heftig gefeierten Version der Neuen Bühne. Regisseur Hüttig hat das Stück auf eine knappe Stunde zusammengestrichen, setzt auf eine temporeiche Handlung, präzises Timing, punktgenaue Dialoge und tolle Darsteller.
Der eingespielte 1930er-Schlager „Ein Freund, ein guter Freund“ schlägt die Brücke in die Vergangenheit. Gleichzeitig lässt Hüttig seinen Biedermann mit einem Handy telefonieren und platziert auf dem Schreibtisch am Bühnenrand einen Laptop, um auf unaufdringliche Weise deutlich zu machen: Das Stück ist heute so aktuell wie eh und je.
Weitere Vorstellungen: Von Biedermann und die Brandstifter sind am Samstag, 25. Februar, 20 Uhr, und Sonntag, 26. Februar, 19 Uhr. Termine und Tickets über die Internetseite www.buehne-bruck.de. os