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Neue Bühne Bruck: Galgenhumor auf einem Londoner Hochhaus

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Von: Ulrike Osman

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Treffen sich am Abgrund ihres Lebens: (v.l.) Musiker JJ (gespielt von Moritz Riker), Martin (Alexander Schmiedel), Jess (Chara Flür) und Maureen (Marion Nitsch). Die humorige Inszenierung der Neuen Bühne Bruck kam beim Publikum an.
Treffen sich am Abgrund ihres Lebens: (v.l.) Musiker JJ (gespielt von Moritz Riker), Martin (Alexander Schmiedel), Jess (Chara Flür) und Maureen (Marion Nitsch). Die humorige Inszenierung der Neuen Bühne Bruck kam beim Publikum an. © WEBER

Vier Menschen begegnen sich in der Silvesternacht auf dem Dach eines Londoner Hochhauses. Alle vier sind hierhergekommen, um sich in die Tiefe zu stürzen.

Fürstenfeldbruck – Doch statt sich umzubringen, kommen sie ins Gespräch – und werden zu einer unfreiwilligen, ungleichen und unglaublich komischen Selbsthilfegruppe. Der Neuen Bühne Bruck ist mit der Theaterfassung von Nick Hornbys Erfolgsroman „A long way down“ zum Ausklang der Saison ein absoluter Knaller gelungen, der vom Premierenpublikum stürmisch gefeiert wurde. „Brauchen Sie noch lange?“, erkundigt sich Maureen (Marion Nitsch) bei dem auf der Dachkante balancierenden, zum Sprung ansetzenden Martin (Alexander Schmiedel). „Ich werde rufen, wenn ich auf dem Weg nach unten bin“, entgegnet er.

Schwarzer Humor

Dieser herrliche schwarze Humor – so typisch Englisch wie rote Doppeldeckerbusse und Bohnen auf Toast – durchzieht das ganze Stück. Martin ist ein nach einem Sexskandal abgestürzter Fernsehstar, Maureen die vereinsamte alleinstehende Mutter eines schwerbehinderten Sohnes.

Und dann sind da noch die beiden jüngeren Mitglieder der „Gang“, die sich an diesem Abend auf Topper’s House zusammenfindet: Jess (Chara Flür), schwer erziehbare Tochter aus gutem Haus, und der erfolglose Rockmusiker JJ (Moritz Riker), dessen Band sich aufgelöst und dessen Freundin ihn verlassen hat. Im normalen Leben wären die Vier sich nie begegnet. Nun aber entsteht zwischen ihnen eine seltsame Verbundenheit. Gemeinsam beschließen sie, die Selbstmordabsicht zu vertagen und sich Zeit zu geben bis zum nächsten kritischen Datum – dem Valentinstag.

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In den sechs Wochen bis dahin gibt es Treffen, hilfreiche Gespräche, einen inszenierten Medienhype (der nach hinten losgeht) und sogar einen gemeinsamen Urlaub. Und irgendwie geht es mit der Zeit allen besser.

Höllenhunde

Regisseur René Oltmanns hat das ohnehin schon komische Stück hier und da mit witzigen Inszenierungs-Kniffen noch weiter zugespitzt und lässt die Darsteller, allen voran Alexander Schmiedel, ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Drei Fernsehmoderatorinnen (Schmiedel, Nitsch, Riker) geifern als – hinter blonden Perücken gesichtslose – Höllenhunde um die Story einer angeblichen Engelserscheinung, die eine betont lässige Jess sich ausgedacht hat. Schmiedel verwandelt sich in der Rolle von Jess’ prolligem Ex-Lover in ein nuschelndes Ghetto-Kid.

Zusammenspiel und Timing des Schauspieler-Quartetts klappen präzise in sehr kurzweiligen 90 Minuten. Am Schluss stehen altbekannte Erkenntnisse, die gar nicht oft genug neu verpackt werden können. Der Mensch braucht andere Menschen. Selbst der Blick auf scheinbar nicht zu toppendes Unglück kann sich wandeln. Und die Welt dreht sich immer weiter – wenn auch langsam, wie das London Eye.

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