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Die Interessen prallen aufeinander: Ärger um Übungsanlage für Jäger

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Von: Eva Strauß

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Betreiber Florian Gmeiner am Enten-Stand. Auf seiner Anlage trainieren zehn Jagdschulen. Sie reisen bis aus Niederbayern an. 	fotos (2): es
Betreiber Florian Gmeiner am Enten-Stand. Auf seiner Anlage trainieren zehn Jagdschulen. Sie reisen bis aus Niederbayern an. © es

Im Konflikt um den Jagdparcours in Hattenhofen prallen zwei Interessen aufeinander: Florian Gmeiner möchte die Anlage wirtschaftlich betreiben, um davon leben zu können. Die Anwohner leiden unter dem Schusslärm.

Hattenhofen – Nun klagt Gmeiner gegen eine vom Landratsamt auferlegte Beschränkung der Schusszahlen. Gleichzeitig will er aber auch auf die Anwohner zugehen. Idyllisch zwischen den Dörfern Loitershofen und Peretshofen, versteckt hinter hohen Bäumen, liegt der „Jagdparcour Oberbayern“.

Jäger und Sportschützen aus ganz Bayern kommen dorthin, um Schießen zu üben und die erforderlichen Nachweise zu erhalten. Trainiert wird im Keller, aber auch im Freien. Auf rund drei Hektar sind fünf Schießstände verteilt, wie Betreiber Florian Gmeiner (33) erklärt. Dort wird mit Schrotflinten auf Tontauben geschossen – und das ist laut.

Seit 1972 existiert der Jagdparcours bereits. Ärger mit Anwohnern aus Hattenhofen, Loitershofen, Peretshofen und Mammendorf gibt es seit gut zwei Jahren. Damals übernahm Gmeiner die Schießstätte, die sein Vater 2014 gekauft und erst einmal verpachtet hatte. „Seitdem haben die Beschwerden massiv zugenommen“, sagt Hattenhofens Bürgermeister Franz Robeller.

Schusslärm stört Anwohner

Das ist wie im Krieg“, klagt Jörg Sändig. Der 52-Jährige wohnt an der Hattenhofener Eichenstraße, gut einen Kilometer Luftlinie vom Jagdparcours entfernt. Der Dauerbeschuss sei unerträglich. Man könne nicht mehr draußen sitzen. Über 10 000 Schüsse pro Tag haben Sändig und seine Mitstreiter an manchen Tagen gezählt.

Runder Tisch und Bescheid

Landtags- und Bundestagspolitiker wurden auf den Konflikt aufmerksam. Ende März fand ein runder Tisch statt mit Landratsamt, Betreiber und Bürgermeistern. Die Anwohner wurden nicht eingeladen, was Sändig kritisiert. Am 30. April begrenzte das Landratsamt die Anzahl der Schüsse auf 2200 pro Tag.

Die Anwohner schöpften Hoffnung. Doch bald zählten sie wieder deutlich mehr Schüsse. Zählprotokolle zeigen, dass die Zahlen teils um das Doppelte überschritten wurden. „Die hohen Schusszahlen sind einfach nervig“, klagt Sändig. Daraufhin forderte das Landratsamt Gmeiner auf, ein Bußgeld zu zahlen. Doch Gmeiner zahlte nicht, ein weiteres, deutlich höheres Zwangsgeld wurde verhängt, wie das Landratsamt auf Nachfrage mitteilt.

Das sagt der Betreiber

2200 Schuss pro Tag, das sei 70 Prozent weniger als was sonst geschossen wurde, argumentiert Gmeiner. Und definitiv zu wenig, um den Jagdparcours wirtschaftlich zu betreiben, so dass er und seine Familie davon leben können. Deshalb klagt er nun vorm Verwaltungsgericht gegen Bescheid und Bußgeld. Gmeiner möchte gerne 8800 Schuss täglich abfeuern dürfen. Ein von ihm beauftragtes Schallschutzgutachten aus dem Jahre 2020 billigt ihm das auch zu.

„Ich kann die Anwohner verstehen“, sagt er. „Ich würde nicht hierher ziehen wollen. Aber ich muss meinen Betrieb auch wirtschaftlich führen.“ Erst sei Corona gewesen, und jetzt, wo es wieder laufen könnte, kam der Bescheid. „Das hat uns richtig getroffen“, so Gmeiner.

„Eine Reduzierung der Schusszahlen ist zu sehr geschäftsschädigend, und auch nicht im Sinne der Jäger“, erklärt der 33-Jährige. So einen Anlage wie seine gebe es nämlich nur noch einmal im Freistaat, bei Regensburg. Mittlerweile trainierten zehn Jagdschulen in Hattenhofen. Sogar aus Niederbayern reisten sie an. „Die möchte ich nicht hängen lassen. Da hängen teilweise Existenzen dran.“

Für die Hasenjad üben: Tonscheiben laufen über diese Anlage und simulieren die Tiere.
Für die Hasenjad üben: Tonscheiben laufen über diese Anlage und simulieren die Tiere. © es

Gmeiner, der acht Jahre bei den Gebirgsschützen war und mit Frau und Tochter (acht Monate) in Pfaffenhofen a.d. Ilm wohnt, sagt, dass er sich an die Schussbegrenzung gehalten habe. Er lasse maximal 22 Personen auf die Anlage, jeder bekomme zehn Schuss, die man bei ihm kaufen müsse.

Dass die Anwohner auf deutlich mehr kommen, erklärt er sich so: Teilweise könne man nicht komplett nachvollziehen, woher die Schüsse kämen. Denn auch Schüsse aus dem Keller könnten manchmal gehört werden – je nachdem mit welchen Waffen geschossen werde und wie der Wind stehe.

Um den durch die Schuss-Begrenzung entgangenen Umsatz zu kompensieren, hat Gemeiner die Öffnungszeiten ausgedehnt. Statt wie bisher nur Mittwoch bis Samstag wird nun auch dienstags geschossen. „Und wenn der Bescheid bestehen bliebe, dann müsste ich auch noch montags aufmachen“, sagt er. „Das wäre sicher nicht im Sinne der Anwohner – und auch nicht in meinem.“

Lärmschutzwall soll helfen

Wie der 33-Jährige erklärt, möchte er gerne die Situation befrieden. Eine Möglichkeit, ein 15 Meter hoher Lärmschutzwall um das Gelände, wird gerade geprüft. „Die Stände werden dann auch so umgestaltet, dass der maximale Lärmschutz geboten ist“, so Gmeiner. Das dauere aber. Für die Übergangszeit hätte er sich deshalb ein Entgegenkommen vom Landratsamt gewünscht, nämlich 4000 Schuss abzufeuern. „Damit hätten wir leben können bis der Wall steht.“

Mit den Anwohnern möchte Gmeiner gerne ins Gespräch kommen – mit Hilfe eines Mediators. Zudem plant er ein Grillfest, bei dem sich die Nachbarn den Jagdparcours mal anschauen können, wie er sagt. Er hofft, so die Kommunikation zu verbessern und auch etwas Verständnis für seine Situation zu wecken.

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