Bauboom bringt Kiesgrube an Fördergrenze

Sand und Kies sind neben Wasser die meist genutzten Rohstoffe der Welt. Und der Bauboom heizt die Nachfrage weiter an. Bei Landsberied baut die Firma Rohrdorfer das begehrte Gut ab. Mit mehr als 200 000 Tonnen pro Jahr geht man dort an die Leistungsgrenze.
Landsberied – Der Ort, der den Hunger der Bauindustrie stillt, liegt gut verborgen hinter Bäumen an der Straße zwischen Bruck und Jesenwang. Über 20 Hektar erstreckt sich das Gelände. Riesige Gruben reihen sich aneinander, verbunden durch ein mehrere hundert Meter langes Förderband. Im hintersten Eck frisst sich die Schaufel eines gelben Radladers unablässig in den Boden und kippt Nachschub aufs Band.
David Eckhardt (39) kennt das Areal genau. Er ist Regionalleiter bei der Firma Rohrdorfer und zuständig für den Standort – einer von über 30. „Die Nachfrage im Münchner Raum ist riesig“, sagt der Ingenieur. Gebäude, Straßen, Brücken, Tunnel – ohne Sand und Kies wäre das undenkbar. Pro Jahr kommen auf jeden Menschen in Bayern acht Tonnen, erklärt Eckhardt. „Jeder nutzt den Rohstoff, jeder braucht ihn.“
Bevor daraus Beton, Fertigteile oder Bodenplatten werden können, müssen die Mitarbeiter in der Landsberieder Kiesgrube ihre Ware aufbereiten. Dafür wird der Kies gewaschen und die Steine nach Größe sortiert – in so genannte Fraktionen. Das geschieht im Herzstück der Anlage, wo sich große Trommeln unablässig drehen. Das fordert allerdings seinen Tribut. Im Winter, wenn die Anlage still steht, sind die Mitarbeiter damit beschäftigt, die Maschinen wieder in Schuss zu bringen. „Wir bereiten hier ja keine Wattebällchen auf“, sagt Eckhardt. Pro Jahr verlassen rund 200 000 Tonnen Material das Areal. Ein Teil wird vor Ort von einem anderen Unternehmen weiterverarbeitet. Den Rest holen Lkw ab, er wird ebenfalls zu Betonwaren weiterverarbeitet.
Eckhardt und sein Kollege Bernhard Zott könnten weit mehr verkaufen. Doch noch mehr abzubauen sei nicht möglich. „Wir müssen die Kunden schon einbremsen“, so Zott. In gewisser Weise eingebremst werden die Kies-Schürfer auch von Behörden und Auflagen. Die seien sehr streng. Abbautiefe, Neigung der Böschungen, Sicherheitsabstände, Rekultivierung oder die Grundwasserüberwachung seien genau vom Landratsamt vorgegeben.
Besonderer Wert wird auf die Wiederherstellung der Landschaft nach dem Abbau gelegt. Einige Gruben hat der Betreiber bereits wieder zugeschüttet. Dort ziehen jetzt erneut Landwirte mit Traktoren ihre Kreise. Andere Areale sind für den Naturschutz reserviert. Dort können Habitate für seltene Tier- und Pflanzenarten entstehen. „Die Naturschutzbehörden sind sehr froh um diese Flächen“, meint Eckhardt. Wie lange dem Boden bei Landsberied noch seine Schätze entrissen werden? „Wir planen immer für die nächsten zehn Jahre“, sagt Eckhardt. Kies gebe es dort noch in rauen Mengen.
Kommentar
Bei einer Firma gehen die Geschäfte so gut, dass sie gar nicht alle Kundenanfragen abarbeiten kann. Ein Erfolgsmeldung, die in unserer auf Wirtschaft, Wohlstand und Wachstum ausgerichteten Welt normalerweise alle jubeln lässt.
Kommt diese Aussage von einer Kiesgrube, gerät aber mancher ins Grübeln. Denn der unstillbare Hunger der Baustellen nach Kies und Sand sorgt auch dafür, dass Unternehmer immer neue Kiesgruben ausheben wollen – auch in unserer Region. Verständlich, weil gerade im Speckgürtel von München auf Teufel komm raus gebaut wird. Problematisch, weil solche Anlagen im dicht besiedelten Gebiet im Westen der Landeshauptstadt zusätzliche Belastungen mit sich bringen.
Kiesabbau reißt oft für Jahrzehnte offene Wunden in die Landschaft, entwertet sie als Naherholungsgebiet und sorgt für noch mehr Lkw-Verkehr auf bereits chronisch überlasteten Straßen. Das Futter für die Baustellen muss ja vom Abbau- zum Verwendungsort. Grafrath hat gerade vergeblich versucht, sich gegen eine neue Anlage im Landschaftsschutzgebiet zu wehren. Südlich von Germering soll auf Planegger Flur Wald auf einer Fläche von 30 Fußballfeldern einer Kiesgrube weichen. Auch hier will sich die Kommune wehren. Ausgang ungewiss. (sk)