Diebstahl oder Umweltschutz? Wegen Containerns angeklagt

Für das Mitnehmen entsorgter Lebensmittel aus der Mülltonne eines Supermarkts gibt es sogar einen Namen: Containern. Doch das ist kein Kavliersdelikt, sondern eine Straftat. Zwei junge Olchingerinnen müssen sich deshalb vor Gericht verantworten.
Update, 19. August 2020: Ist Containern Diebstahl? Die Entscheidung vor Gericht ist nun gefallen.
Olching – Gegen 22.30 Uhr machen sich Caroline K. (27) und Franziska S. (25) zum Olchinger Edeka Markt auf. Der Laden hat natürlich schon lange geschlossen. Doch die jungen Frauen wollen ja auch nicht einkaufen. Ihr Ziel ist der Müllcontainer auf der Rückseite des Supermarktes.
Dort landen alle Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdatum überschritten ist – auch wenn sie nicht verdorben sind. Diese wollen die Studentinnen mitnehmen. Eine verbotene Art der Nahrungsbeschaffung – auch wenn die Olchingerinnen damit auf einen Missstand hinweisen wollten. Und prompt werden sie in dieser Juninacht von der Polizei entdeckt.
Etwa 100 Euro sollen die Waren wert gewesen sein, die sie mitnehmen wollten. Der gegen sie erhobene Vorwurf lautet auf besonders schweren Diebstahl. Denn auch wenn die Lebensmittel bereits im Abfall lagen, waren sie immer noch Eigentum des Ladens. Und sowohl der Markt als auch die Polizei haben Strafanzeige gegen die zwei Frauen erstattet.
„Uns ist natürlich bewusst, dass es nicht legal ist, aber wir hatten auf ein wenig Kulanz seitens des Supermarkts gehofft“, sagen Caroline K. und Franziska S. „Wir haben mit dem Marktleiter gesprochen, doch er wollte die Anzeige nicht zurücknehmen.“
Beim Containern gehe es um die Moral. „Menschen hungern auf der Welt und wir werfen so viele, noch gute Lebensmittel einfach weg.“
Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen laut Verbraucherzentrale jedes Jahr im Müll. Für die Olchingerinnern ist das weder akzeptabel noch nachhaltig. „Die Klimaproblematik ist in allen Medien und wenn man etwas dagegen machen will, indem, dass man abgelaufene Lebensmittel vor der Vernichtung rettet, wird man angezeigt“, argumentieren die beiden Frauen. Viel mehr Supermärkte müssten wie etwa das AEZ Lebensmittel verschenken, die bald ablaufen. Die Studentinnen setzen sich auch für die Entkriminalisierung des Containerns ein.
Sie selbst bekamen einen Strafbefehl und sollten jeweils 1200 Euro zahlen. Die Olchingerinnen legten Einspruch ein. Am Montag sollte die Verhandlung sein. Die wurde jetzt verschoben auf 12. November. Caroline K. und Franziska S. hatten darauf gedrungen. „Der schnelle Termin überraschte uns.“ Jetzt haben die zwei Frauen mehr Zeit sich vorzubereiten. Sie wollen sich selbst verteidigen. „Einen Anwalt können wir uns nicht leisten.“ Außerdem hoffen sie , dass das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wird.