Trotz Wucher-Angebot: Internet-Lücke soll geschlossen werden

Der Sitzungssaal im Rathaus war so voll wie schon lange nicht mehr. Jede Menge Zuhörer, viele aus dem Graßlfinger Moos, waren zur Sitzung des Hauptausschusses gekommen, um live zu erleben, wie die Entscheidung beim Breitbandausbau in Olchings Außenbereichen ausfällt.
Olching – Ergebnis: Das Angebot der Telekom soll angenommen werden – auch wenn dessen Wirtschaftlichkeit heftig kritisiert wurde. Finanzreferentin Marina Freudenstein (SPD) sprach von „Wucher“. Grünen-Sprecherin Ingrid Jaschke ging noch weiter: „Die setzen uns die Pistole auf die Brust.“
Veranschaulicht wird dies durch Zahlen, die Wirtschaftsförderin Sonja Weyland vorlegte: Pro Anschluss berechnet der Netzbetreiber 14 300 Euro. Insgesamt wird mit Kosten von etwa 1,5 Millionen Euro kalkuliert – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich vorgesehen. Bei den ersten Verfahrensschritten 2017 hatte ein Ingenieurbüro einen Gesamtbetrag von lediglich 650 000 Euro errechnet. Umso größer war der Schock, als die Telekom damals ein Angebot von rund 1,7 Millionen Euro abgab. Es war allerdings die einzige positive Rückmeldung.
Breitband-Ausbau Graßlfing: „Die haben sich einfach verrechnet“
Wie sich herausstellte, war bei dem ersten Angebot der Wurm drin. „Ich sag es mal flapsig: Die haben sich einfach verrechnet“, sagte Bürgermeister Andreas Magg (SPD). Die Summe reduzierte sich um etwa 160 000 Euro – ein Tropfen auf dem heißen Stein.
In der Sitzung wurde aber auch deutlich: Wenn man jetzt nicht handelt, werden die Graßlfinger und andere Stadtteil-Bewohner wohl langfristig abgehängt vom schnellen Internet. Eine Tatsache, auf die auch die Betroffenen immer wieder aufmerksam gemacht haben, allen voran Freddy Burkhart von der Graßlfinger Interessengemeinschaft. Er pochte darauf, das Förderverfahren keinesfalls aufzugeben. Im besten Fall sind vom Freistaat über eine Million Euro zu erwarten. Der Eigenanteil der Stadt beträgt etwa 500 000 Euro.
Laut Stadtverwaltung würde eine erneute Ausschreibung derzeit wohl aufgrund der aktuellen Förderbedingungen gar kein Angebot mehr einbringen oder nur ein wesentlich teureres. Die durchschnittlichen Kosten pro Anschluss lägen mittlerweile bei über 25 000 Euro. Technische Alternativen kommen nicht infrage. Im restlichen Stadtgebiet würden die Bandbreiten hingegen zunehmen. Sprich: Die Masse der Nutzer kann in absehbarer Zeit auf ausreichend schnelles Internet zugreifen.
Das Gremium empfahl einstimmig, das Angebot anzunehmen – das letzte Wort hat am heutigen Donnerstag der Stadtrat. Einig waren sich die Fraktionen auch darin: Beim Thema Breitbandausbau läuft einiges schief.
Breitband-Ausbau Graßlfing: „Dschungel des Förderwesens“
Ewald Zachmann (Freie Wähler) kritisierte den „Dschungel des Förderwesens“. Das Verfahren müsse viel einfacher werden. Die sogenannte Wirtschaftlichkeitslücke, die eine Rolle bei der Förderung spielt, könne man überhaupt nicht überprüfen.
Maximilian Gigl (CSU) sagte, dass das Problem das Ergebnis der Privatisierung eines ehemaligen Staatskonzerns ist. Dieser hätte eigentlich dafür Sorge tragen müssen, dass auch die Menschen in den Randgebieten mit entsprechender Internettechnik versorgt werden. „Nun sind sie dem freien Markt ausgeliefert.“ Und der Breitbandausbau in weniger dicht besiedelten Gebieten sei nun einmal nicht attraktiv.
Man könne nun ewig darüber streiten, ob es Aufgabe der Stadt ist, diesen Missstand zu korrigieren. Fakt sei aber: „Eine Teilhabe an der Gesellschaft ist ohne vernünftigen Internetanschluss gar nicht möglich.“ Freddy Burkhart ist zuversichtlich, dass der Stadtrat ebenfalls positiv entscheidet. „Das dürfte eine gmahde Wiesn sein.“ Allerdings: Bis die Graßlfinger wirklich auf bessere Internetverbindungen setzen können, könnten noch bis zu vier Jahre vergehen.