Er arbeitet an Puchheim im Mini-Format

Schon lange wird überlegt, wie man die Puchheimer Einkaufsmeile anziehender machen kann. Einer hat nun für eine neue Attraktion gesorgt: Markus Blust bastelt auf der Wiese gegenüber des AEZ an der Stadt im Miniatur-Format.
Puchheim – Eine Stahlbrücke spannt sich hoch über den Bach, in dem sich Goldfische tummeln, und der weiter oben ein Mühlrad speist. Ein Angler schaut ins Wasser oder vielleicht doch auf die Grazie, die sich da in der Sonne räkelt. Etwas abseits dieser Szene sieht man drei Bergsteiger über einem wahren Edelweiß-Wald den Gipfel erklimmen. Und wieder ein Stück weiter verrät das Ortsschild am Bahnhofsgebäude, dass man hier in Rosenbach angekommen ist.
Immer wieder tummeln sich Leute am Zaun
Kein Wunder, dass eine Mutter Mühe hat, ihr Kind von der Betrachtung dieses Idylls loszureißen. Denn Rosenbach mit seiner Umgebung ist eine Eisenbahn-Miniaturwelt mitten in Puchheim, nur durch einen Zaun von der Lochhauser Straße getrennt. Rosenbach, das irgendwann mal Puchheim-Nord heißen soll, liegt auf einem Grundstück, das all jenen Experten ein Gräuel sein müsste, die der Stadt Vorträge über eine kundenfreundlichere Einkaufsmeile halten. Ein zurückgesetzter Altbau aus den 1950er-Jahren, viel ungenutzes Grün, keinerlei Einkaufsmöglichkeit, im Gegenteil eine drastische Unterbrechung der Flanierqualität.
Allerdings soll im Sanierungsfall Lochhauser Straße ja auch die Aufenthaltsqualität verbessert werden. Und am Zaun von Markus Blust schräg vis-a-vis vom AEZ halten sich die Menschen offensichtlich gerne auf. Ein Aushang verspricht, aufgrund der vielen Nachfragen künftig Datum und Uhrzeit der nächsten Zugfahrt rechtzeitig anzukündigen.
Blusts Vater war Lokführer und hat den Jungen manchmal im Führerstand mitgenommen. Der Bub wurde zwar später Fein-Mechaniker bei der Telekom, erbte aber die Leidenschaft für Züge. Zuhause in Bruck hat er eine „große kleine Anlage“ im Keller, aber hier in Puchheim, seinem ererbten Sommersitz, konnte er das Ganze noch größer aufziehen.

140 Meter lang ist das Schienennetz im Garten, zwölf Tonnen Kies hat er für den Unterbau anfahren lassen, einige hundert Kalksteine für den Aufbau verwendet. 880 kleine Steinchen hat er allein für die Pfeiler der Brücke verwendet, die genauso aussieht wie ihr Vorbild zwischen Berlin und Potsdam. Mit ähnlicher Liebe zum Detail wurde die Bahnhofstreppe zusammengebaut – und anschließend vom Schwiegersohn, einem Fliesenleger, verfugt.
Aber wie die wirkliche ist auch die Welt im Maßstab 1:22,5 im steten Wandel. „Es ist immer im Bau, nie fertig,“ sagt der Mini-Landschafts-Architekt. Ein kleines Dorf soll hinter der bisher einsamen Bahnstation entstehen – mit Kirche und der nachgebauten Wirtschaft von gegenüber, die vor kurzem endgültig geschlossen hat.
Ähnlichkeiten mitdem alten Puchheim
Die künftige Ortschaft soll in den 1950er- oder 60er-Jahren angesiedelt sein. Ähnlichkeiten mit dem alten Puchheim-Bahnhof sind erwünscht. Auch „Freds Snack Bar“ steht schon bereit, die Bratwurst ist für 1,30 Mark angeschrieben. Bahnpersonal wird noch gebraucht: Zugabfertiger, Weichensteller, Stationsvorsteher.
Ganz billig ist das Hobby nicht. Blust hat ein ganzes Arsenal von Lokomotiven einer Modellbaufirma – Rangierloks, Güterzüge, den ersten Intercity – und einige davon können schon mal 1500 Euro kosten. Dafür hat der Techniker die elektronisch gesteuerte Weichenstellung selbst entwickelt. Blust hat im Lenkungskreis zur Lochhauser Straße mitgearbeitet und – vergeblich – eine Einbahnstraße vorgeschlagen.
Es gab einen Zuschuss vom Staat
Als bisher einziger Anwohner hat er aber staatliche Fördermittel zur Innenstadtbelebung beantragt und erhalten. Die Erweiterung seiner Eisenbahn-Landschaft um Überholspur und Abstellgleis und weitere Details wurde als belebendes Element gewertet und zu 80 Prozent bezuschusst. „Wir haben so wenig Grün hier,“ sagt er und fügt – mit Blick auf ein Nachbar-Grundstück, in dem ein Einfamilienhaus mit Zahnarztpraxis durch ein mehrstöckiges Wohn- und Geschäftsgebäude ersetzt wurde – hinzu: „Ich weiß schon, wir brauchen so was. Aber naa, es gefällt mir einfach nicht.“
Von Olf Paschen