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Ukraine-Krise: Sorgenvolle Telefonate und Blicke ins Kriegsgebiet

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Von: Andreas Daschner, Tobias Gehre

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Ukrainische Soldaten bereiten sich auf russische Angriffe vor.	FOTO: AFP
Ukrainische Soldaten bereiten sich auf russische Angriffe vor. FOTO: AFP © AFP

Völlig geschockt, wie vom Blitz getroffen, so beschreiben die Menschen ihre Gefühlslage, als sie vom russischen Einmarsch in die Ukraine erfuhren. Auch im Landkreis trifft der Krieg einige ganz privat. Andere fürchten wirtschaftliche Auswirkungen.

Fürstenfeldbruck – Für Inna Valuiewa (32) sind es schreckliche Stunden. „Ich habe große Angst“, sagt die Ukrainerin, die in Eichenau lebt. Ihre Mutter wohnt noch immer in der Ukraine – im Gebiet von Luhansk, das prorussische Rebellen seit Jahren besetzt halten. „Wir haben bis zuletzt gehofft, dass ein Krieg abgewendet werden kann.“

Kontakt zur Mutter

Die Eichenauerin steht in ständigem Kontakt zu ihrer Mutter. Seit rund einer Woche werde aus dem Separatistengebiet immer wieder geschossen. Als Russlands Präsident Putin die Anerkennung der Unabhängigkeit der abtrünnigen Gebiete verkündet hatte, habe der Beschuss kurz aufgehört. „Und seit vergangener Nacht wird ununterbrochen geschossen“, berichtet Inna Valuiewa. Eigentlich habe sie sich mit ihrer Mutter in der Ukraine treffen wollen. Doch das sei jetzt erst einmal völlig unmöglich.

Susanne Gropp-Stadler bleibt momentan ebenfalls nur der telefonische Kontakt. Die Vorsitzende des „Freundeskreis Partnerschaft Wischgorod“ in Eichenau bemühte sich sofort um einen Draht in die Partnerstadt bei Kiew. Sie erfuhr, dass Wischgorod beschossen wurde. „Die Leute berichten von Explosionen und Kampfflugzeugen.“ Zum Flüchten sei es zu spät. „Die Leute kommen nicht mehr raus.“ Viele wüssten auch gar nicht, wohin sie fliehen sollten. „Es tut mir in der Seele weh“, sagt die Eichenauerin.

Angst vor einer Invasion

Angst vor einer russischen Invasion hat auch Jelena Gabauer – aus anderen Gründen. Die Emmeringerin stammt aus Lettland und befürchtet, dass Putin ihre Heimat attackieren könnte. „Welches Land kommt als nächstes, wenn sein Plan in der Ukraine aufgeht?“ Die Familie der Dolmetscherin lebt in Lettland. „Meine Eltern sind optimistisch und fühlen sich durch die Nato gut geschützt“, sagt Jelena Gabauer. Sie selbst sei da nicht so zuversichtlich.

Wie vom Blitz getroffen

Den ehemaligen Europaminister und Russland-Kenner Reinhold Bocklet (CSU) hat der russische Angriff ebenfalls völlig überrascht. „Ich war wie vom Blitz getroffen“, sagt der Gröbenzeller. „Mir war nicht vorstellbar, dass Putin sich so weit von internationalem Recht entfernt.“

Noch am Vorabend war Bocklet bei einer Online-Diskussion mit der Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler (CSU) von einem Zermürbungskrieg in der Ost-Ukraine ausgegangen. Der Einmarsch in das ganze Land sei nun aber der schwerste Verstoß gegen Völkerrecht seit dem Zweiten Weltkrieg. Putins Ziel sieht Bocklet darin, die demokratisch gewählte Regierung der Ukraine durch ein Marionettenregime zu ersetzen.

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Deutschland müsse als größte Macht Europas beim Vorgehen dagegen eine Führungsrolle einnehmen – auch militärisch: „Gegen Putin hilft nur die Sprache der Waffen, und zwar nicht in dem Sinne, sie zwingend einzusetzen, sondern deutlich zu machen, dass wir bereit sind, sie einzusetzen.“

Die Auswirkungen

In der Region Fürstenfeldbruck könnten durch den Krieg Güter teurer oder knapp werden. Gas sei nun ein Druckmittel „in den Händen eines gewissenlosen Verbrechers“, so Bocklet. Steigende Preise könne die Regierung für Verbraucher aber über Steuern regulieren. „Die Auswirkungen auf den Einzelnen werden sich in Grenzen halten.“

Bei den Stadtwerken Fürstenfeldbruck sieht man die Situation bei der Gasversorgung vorsichtig optimistisch. „Wir haben unsere Mengen an der Handelsbörse eingekauft“, sagt Sprecherin Monika Lidmila. Diese sollten gesichert sein – auch wenn aufgrund der Handelsmethode für das Unternehmen nicht erkennbar sei, aus welchem Land oder von welchem Handelspartner die Stadtwerke ihr Gas beziehen. „Die Situation ist angespannt, wir können die Kunden aber beruhigen.“ Es werde keiner plötzlich ohne Gas dastehen.

Kann man jetzt fröhlich sein?

Nach dem Ausbruch von Krieg auf europäischem Boden fragen sich viele, ob man hierzulande feiern und fröhlich sein kann. Die Meinungen gehen auseinander.

Die Heimatgilde Fürstenfeldbruck will sowohl das Festival am Samstag als auch das traditionelle Supergardetreffen am Sonntag durchführen. „Es ist schlimm genug, was da in der Ukraine passiert“, sagt Gildemeister Daniel Brando. Man wolle gerade den Kindern nicht den Spaß nehmen.

Norbert Leinweber, Chef des Veranstaltungsforums Fürstenfeld, sieht ein Dilemma. Einerseits seien Gaudi-Veranstaltungen nicht angebracht, wenn zwei Länder weiter Bomben fallen. Andererseits versuche die Veranstaltungsbranche nach der Coronazeit gerade wieder auf die Beine zu kommen.

Das Starkbierfest hat Leinweber ohnehin schon gestrichen, weil wegen der Pandemie noch immer Menschen sterben. Falls die Lage in der Ukraine weiter eskalierte, müsse man auch die Veranstaltung Paulaner Solo überdenken.

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