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Garmisch blickt in die Röhre

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„Glück auf“, steht über dem vergittertem Portal des Kramer-Tunnels (Nordportal). Links daneben die traditionelle Patronin der Tunnelbauer, die Barbara-Figur. Der Abgeordnete Florian Streibl sammelt Unterschriften, um das Projekt doch noch zu retten. © Thomas Sehr

München - Einige Restarbeiten stehen noch an, dann wird die Tunnelbaufirma ihre Leute abziehen aus Garmisch-Partenkirchen. Zurück bleibt ein nicht einmal halbfertiger Kramer-Tunnel. Eine Region blickt in die Röhre.

Die Musikkapelle Garmisch intonierte den Defiliermarsch, Bürgermeister Thomas Schmid schüttelte Ministerpräsident Horst Seehofer die Hand, zusammen drückten sie den Knopf, eine symbolträchtige Ampel sprang auf Grün. Das war am 27. Juli 2010. Die Zeit, da die „Straßenführungen noch aus der Urzeit“ stammten, müsse vorbei sein, versprach Seehofer damals.

Zwei Jahre später ist Hans Sedlmair desillusioniert. „Traurig“ sei das, sagt der 75-jährige Vorsitzende der Initiative „Zwei Tunnel für Garmisch-Partenkirchen“.

Vor drei Wochen war er noch einmal in dem Bauwerk – das Bauamt hatte zur letzten Sprengung geladen. „Das war ein narrischer Luftdruck“, staunte Sedlmair. Aber es war der letzte Knall für lange Zeit. Die Baustelle für die 5,6 Kilometer lange Umfahrung Garmischs steht vor der Auflösung. Das Förderband zum Abtransport von Abraum wird abgebaut – danach wird auch das Südportal des Kramer-Tunnels vergittert. Nicht einmal der Erkundungsstollen, der später die Rettungsröhre sein wird, wurde fertig. Der Bau der Hauptröhre wurde nicht einmal begonnen.

Das Hauptproblem ist technischer Art: 2,5 Kilometer tief im Berg stießen die Arbeiter auf einen sogenannten Bergsturzbereich: Der Kramer besteht im Inneren aus einer lockeren Geröll- und Sandschicht, 150 bis 200 Meter tief, in der 40 Meter hoch das Wasser steht.

Damit sind die Tunnelplanungen wieder auf Null gestellt. Die bautechnischen Probleme können wohl nur gemeistert werden, wenn das Straßenbauamt das Wasser abpumpt und dann Rettungs- und Hauptröhre in einem Zug baut. Hermann Streicher vom Staatlichen Bauamt Weilheim bezeichnet das als „sehr wahrscheinliche Variante“. Allerdings muss das Bauamt dafür ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren in Kauf nehmen – was das Projekt um Jahre zurückwirft. Denn der Bund Naturschutz, der den Tunnelbau ablehnt, wird alle rechtlichen Hebel in Bewegung setzen – er befürchtet, dass zwei Hochmoorgebiete austrocknen.

Zweites Problem ist die Finanzierung. Entgegen vieler Annahmen hat der Bund, als er die Bauarbeiten vor gut zwei Jahren einleitete, nur das Geld für den Bau des Rettungsstollen, nicht aber für die etwa 40 bis 50 Meter östlich eingeplante Hauptröhre (für zwei Fahrspuren) bewilligt. „Der Rest ist noch nicht freigegeben“, bestätigt Streicher. Der Rest – das sind etwa 100 Millionen Euro. Mindestens bis 2016 wird das so sein, hieß es bei der Verabschiedung des Verkehrsetats vergangene Woche in Berlin. Noch hält das Bauamt an den 133 Millionen Euro Gesamtkosten fest – doch jeder Monat kann das Bauwerk weiter verteuern.

„Die haben mit großem Getöse angefangen, und jetzt schläft die Baustelle ein“, ärgert sich der örtliche Landtagsabgeordnete Florian Streibl. Der Freie Wähler hat eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag gestartet. Sein Ziel: Der Bund müsse das Geld für Verkehrsprojekte im Landkreis freigegeben – für die Umfahrung Oberau, den Auerbergtunnel, den Wanktunnel – vor allem jedoch für das am weitesten fortgeschrittene Projekt, den Kramer-Tunnel. 50 000 Unterzeichnungen sind nötig, damit die Petition in einer öffentlichen Sitzung behandelt wird. So viel werden es nie, sagt auch Streibl. „Wenn 10 000 zusammen kommen, wäre das schon ein Zeichen.“ Bürgermeister Thomas Schmid unterstützt die Petition („Jede Stimme zählt“), bis gestern Mittag waren es gerade einmal 2300.

„Die Hoffnung darf man nie aufgeben“, sagt Hans Sedlmair von der „2 Tunnel“-Initiative.

Von Dirk Walter

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