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Schafhalter schlagen Alarm wegen Wolf: Almwirtschaft in Gefahr

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Bergschafe am Frieder bei Farchant: Schafzüchter befürchten, dass es mit dieser Idylle bald vorbei ist, wenn die Wolfspopulation weiter zunimmt.
Bergschafe am Frieder bei Farchant: Schafzüchter befürchten, dass es mit dieser Idylle bald vorbei ist, wenn die Wolfspopulation weiter zunimmt. © Klaus Munz

Die Debatte über Wölfe im Landkreis Garmisch-Partenkirchen reißt nicht ab: Nun schlagen die Schafhalter Alarm und fordern Schutzzonen für ihre Tiere.

Landkreis – Weniger der Bär, nicht der Luchs, sondern der Wolf vermehrt sich im Alpenraum und wird damit zur zunehmenden Gefahr für die heimische Almwirtschaft. Landrat Anton Speer (Freie Wähler) ist daher bereits in die Offensive gegangen und hat bei der Regierung von Oberbayern einen Antrag zur Entnahme von Wölfen gestellt. Die Schafhalter schlagen indessen Alarm: Wie der Farchanter Hans Hibler, Vorsitzender der Werdenfelser Bergschafzüchter, sehen auch Joseph Grasegger vom Landesverband der Bayerischen Schafhalter, der Landwirt Anton Hornsteiner und das Vorstandsmitglied der Werdenfelser Züchter, Benedikt Egner, diese schleichende Entwicklung kritisch.

Es dürften etwa 7000 Schafe sein, die im ganzen Landkreis gehalten werden. Gut 2500 davon verbringen die Sommerzeit auf den hiesigen Almen und leisten damit einen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft. Bis jetzt. Es stellt sich mittlerweile für die Tierhalter die Frage, ob das, was bis jetzt so selbstverständlich war, auch in naher Zukunft noch gilt. Die Gründe: Der Wolf und die bisherigen Schäden, die der Beutegreifer nachweislich verursacht hat. 36 Stück sollen es im vergangenen Jahr gewesen sein. Daher haben etwa die Garmischer ihre Tiere bereits Mitte August vorzeitig nach den Rissen von der Alm geholt.

Hornsteiner hat das Ganze hautnah erlebt: Schafe verstört

Hornsteiner hat das Ganze hautnah erlebt. Eines seiner Schafe war auffällig verstört. Bei näherem Betrachten fielen unter der langen Wolle die Stellen auf, die ein Beutegreifer mit seinen Pranken hinterlassen hatte. Aber ein Tierarzt leistete gute Arbeit, das Bergschaf überlebte.

Für die Schafhalter wird es nun bald wieder ernst. „Denn immer in der ersten oder zweiten Mai-Woche wird aufgetrieben, uns graust es aufgrund der Unsicherheit“, sagt Anton Hornsteiner. Denn nachweislich sind Wölfe in der Gegend unterwegs. Der „Jonas’n-Toni“, der mit seiner Familie den Uschala-Hof im Ortsteil Garmisch bewirtschaftet, spricht es deutlich aus: „Zum einen brauchen wir einen wirksamen Schutz, da gehören Entnahmen auch dazu.“ Und er macht auf einen weiteren wichtigen Punkt aufmerksam. „An die physische Belastung für die beauftragten Hirten denkt fast keiner. Diese haben eine Herde in ihrer Obhut, wollen doch die ihnen anvertrauten Tiere wieder unbeschadet ihren Haltern nach der Almzeit zurückgeben.“ Daher verzichtet Hornsteiner wie ein Großteil seiner Schofera-Kollegen auf die staatliche Entschädigung bei nachgewiesenen Rissen. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen“, sagt der Landwirt. „Es geht uns nicht ums Geld, sondern ums Grundsätzliche.“ Die Entschädigung sei prinzipiell richtig, sagt er. Aber er fordert von der Politik in Deutschland und der EU deutlich mehr Bewegung für die Interessen der Bauern, die sich der Nutztierhaltung verschrieben haben. Daher fordern Betroffene wie Verbände die Ausweisung spezieller Schutzzonen für die Weidewirtschaft.

Landwirt sieht dunkle Zeiten auf die Schafhaltung zukommen

Joseph Grasegger, Landwirt des Ortsteils Partenkirchen und Chef der dortigen Weidegenossenschaft, sieht dunkle Zeiten auf die Schafhaltung zukommen. „Ich beurteile den Wolf durchaus als edles Tier und für unbesiedelte Weiten, wie sie etwa in Sibirien vorhanden sind, auch angemessen. Aber wir haben in Europa eine immense Zuwanderung von Wölfen von allen Himmelsrichtungen – das wird explodieren“, warnt Grasegger. Auch vermutet er eine große Anzahl an Hybriden, also Wolf-Hund-Mischlinge, die gerade aus Italien zuwandern könnten. Und er hält mit Kritik an Wolfs-Befürwortern im dicht besiedelten Westeuropa nicht zurück. „Diese Leute haben keine Ahnung, kennen die örtlichen Verhältnisse mit ausgeprägtem Tourismus und unseren hügeligen, von Gräben durchzogenen Almen nicht. In zehn bis zwölf Jahren wird sich der Populationssprung dann deutlich auswirken“, mahnt er. „Dann steht unsere Kultur an der Kippe – immerhin gilt die Schafhaltung in Bayern auch als immaterielles Kulturerbe!“

Hans Hibler junior aus Farchant geht mit den Vorstellungen der Wolfs-Befürworter ebenfalls hart ins Gericht. „Wir sind immer schuld, wir sollen zäunen, was aufgrund der vielen Kilometer und der geologischen Verhältnisse gar nicht möglich ist“, verdeutlicht er. „Zäune, Herdenschutzhunde, Ställe, immer die gleiche Leier – aber das funktioniert nicht“, betont Hornsteiner. Hibler räumt mit einem weiteren Märchen auf: „Es wird immer gesagt, der Wolf wäre vom Aussterben bedroht, vielmehr ist eher die Bergschafrasse davon betroffen!“ Benedikt Egner bringt es auf den Punkt: „Es gibt Lösungen, dies wird immer wieder betont, ich sehe diese aber nicht!“

„Es geht bald um alles oder nichts“, befürchtet Grasegger, der das traditionelle Almwesen gefährdet sieht. „Denn viele kleine Landwirte, alleine Partenkirchen zählt 56 Schafhalter mit teilweise kleinen Beständen, werden dann aufgrund der Unsicherheit und nach Rissen wohl nach und nach aufgeben.“ mz

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