Parteien, die unterschiedlicher nicht sein können: Jetzt kooperieren FDP und Linke

Diese Zusammenarbeit ist außergewöhnlich. Die FDP und die Linke haben im Landkreis eine Allianz geschmiedet.
Landkreis – Diese Kombination kommt äußerst selten vor, weil sich beide Seiten meist meiden wie der Teufel das Weihwasser. Dass sich FDP-Vorsitzender Christian Lindner mit den beiden Linken-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger an einen Tisch setzt, um ein gemeinsames Projekt auszubaldowern – unvorstellbar. Den einen eilt der Ruf voraus, die Partei des Besserverdienenden zu sein und dem Kapital nahe zu stehen, den anderen, die zum Teil aus der DDR-SED hervorgegangen sind, wird nachgesagt, dem Kommunismus nicht abgeschworen zu haben.
Und doch gibt es sie, die Zusammenarbeit. Nicht auf Bundesebene, sondern im Kleinen, im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Dort haben FDP und Linke eine Allianz geschmiedet und einen Fragebogen erstellt, der für Betriebe, Freiberufler sowie Handwerker gedacht ist und der der Verbesserung des Wirtschaftsstandorts dienen soll. Von der Zusammenarbeit ist man sowohl bei der Bundes- als auch der Landes-FDP überrascht. „Mir ist ein ähnlicher Fall nicht bekannt“, sagt Fabio Gruber, Pressesprecher der bayerischen Liberalen. „Allerdings gibt es bei uns keine zentrale Vorgabe, mit wem man sprechen darf.“ Und Frederick Keil, Sprecher der Bundes-FDP meint: „Wir verweigern uns keiner guten Lösung.“ Ähnlich äußert sich Max Steininger, Landesgeschäftsführer der Linken. „Demokraten reden miteinander. Uns liegt an einer funktionierenden Wirtschaft, die den Menschen dient.“
Erst war ein Dreier-Bündnis geplant
Auch im Landkreis sieht man das Ganze pragmatisch. „Wir haben keine Berührungsängste“, sagt Dr. Joachim Greuel (62), der für die FDP in Grainau als Bürgermeisterkandidat antritt. Seine Partei sieht er als prädestiniert für Anliegen, die die Wirtschaft betreffen. „Wir sind das Sprachrohr des Mittelstands.“ Aber er kennt nicht nur das Parteiprogramm der Liberalen. Radikale Ideen sind ihm nicht fremd. „Als junger Mensch war ich sehr links.“ Auch Rolf Walther (73) hat häufiger die Seiten gewechselt. Er war jahrelang Gewerkschaftssekretär, SPD-Mitglied und schließlich Unternehmer. Deshalb findet er nichts dabei, sich der FDP angenähert zu haben. „Wir sehen die Realität etwas sanfter als die Bundespolitiker.“
Geburtshelfer der Zusammenarbeit im Landkreis Garmisch-Partenkirchen waren Martin Schröter und Walther. Garmisch-Partenkirchens FDP-Ortvorsitzender Martin Schröter und der Kreischef der Linken kennen sich beide lange und schätzen sich laut Walther auch. Bei einem Bier plauderten sie politisch über Gott und die Welt. Dabei hoben sie die Idee des Fragebogens aus der Taufe. Geplant gewesen war zunächst ein Dreier-Bündnis aus FDP, Linken und den Freien Wählern, doch die Freien verweigerten sich. Der 14-Punkte-Fragenkatalog entstand im persönlichen Gespräch oder per E-Mail-Kommunikation. Den Feinschliff erledigte Schröter. „Er hat abschließend drübergeschaut“, sagt Walther.
Ergebnis des Fragebogens noch vor der Kommunalwahl
Was dabei herauskommt, wenn zwei Landkreis-Mini-Parteien, deren Mitglieder sich fast an den Fingern von zwei Händen abzählen lassen: Linke und FDP wollen erfahren, wie zum Beispiel die Zusammenarbeit der Betriebe und Firmen mit dem Landratsamt und der Verwaltung des Markts Garmisch-Partenkirchen funktioniert und ob Probleme bestehen, wie die kommunale Wirtschaftsförderung verbessert werden kann. Weitere Themen sind die Verkehrsinfrastruktur, bezahlbarer Wohnraum sowie der Fachkräftemangel.
Mit der Verteilung des Fragebogens, der teils persönlich, teils über einen E-Mail-Verteiler geschehen wird, will man in dieser Woche beginnen. Das Ergebnis soll noch vor der Kommunalwahl am 15. März präsentiert werden. Greuel weiß, dass das nicht repräsentativ ausfallen wird. „Wir sind nicht naiv. Aber wir erhalten ein Stimmungsbild.“
Lesen Sie auch:
Bürgermeisterwahl 2020 im Kreis Garmisch-Partenkirchen: Alle Wahlen und Kandidaten
Kommunalwahl 2020 in Bayern: Termin und alle Informationen
Kommunalwahl 2020 in Bayern: Das bedeuten „Kumulieren“ und „Panaschieren“