Richard-Strauss-Festival: Liebreich beendet Zusammenarbeit

Den Rückzug hat Alexander Liebreich, Künstlerischer Leiter des Richard-Strauss-Festivals, angetreten. Dabei hatte der Garmisch-Partenkirchner Gemeinderat erst Mitte des vergangenen Jahres den Dirigenten für weitere drei Jahre im Amt bestätigt. Allerdings wurde nie ein Vertrag abgeschlossen. Weder für 2018 bis 2020, noch für 2021 bis 2023.
- Das Richard-Strauss-Festival in Garmisch-Partenkirchen ist derzeit in aller Munde. Es sind Zahlen über die Defizite der vergangenen Jahre aufgetaucht. Das Minus - höher als gedacht.
- Jetzt gibt's den nächsten Paukenschlag: Der Künstlerische Leiter Alexander Liebreich beendet per E-Mail die Zusammenarbeit mit der Marktgemeinde.
- Warum sich Alexander Liebreich zu diesem Schritt entschieden hat, schildert er in einer E-Mail, die in der Nacht auf Donnerstag im Rathaus eintraf.
Garmisch-Partenkirchen – Das hatte sich angedeutet und ist der nächste Paukenschlag beim Richard-Strauss-Festival, das zuletzt von mehreren Dissonanzen erschüttert wurde: Alexander Liebreich mag nicht länger Künstlerischer Leiter des Festivals sein, das er 2018 und 2019 verantwortete. Die Festspiele 2020, die vom 19. bis 28. Juni geplant gewesen waren, waren wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. „Ich bin von dem Schritt nicht überrascht worden“, erklärt Garmisch-Partenkirchens Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU).
Die Gründe seines Rückzugs: Liebreich erklärt, dass im Juli 2020 die im Vorvertrag beschriebene Zusammenarbeit endet. Unter den gegebenen Umständen könne er auch mittelfristig keine weitere künstlerische Zusammenarbeit anbieten. „Ich scheide aber nicht im Frust aus Garmisch-Partenkirchen“, sagt Liebreich im Tagblatt-Gespräch. Die Möglichkeit, dass man wieder zusammenfinden kann, schließt er nicht kategorisch aus. Allerdings müssten die Strukturen stimmen. „Meine Schwabinger Tür steht immer offen.“ Sein Ausscheiden teilte Liebreich gestern Uschi Müller, der Sekretärin Kochs, per E-Mail mit, die um 4.32 Uhr morgens im Rathaus einging. Ins Benehmen setzte der Dirigent gleichzeitig unteren anderem Florian Streibl und Dr. Thomas Goppel. Koch sandte das Schreiben an alle Gemeinderäte weiter. Mit den Chefs des Förderkreises Richard Strauss (Streibl) und der Freunde des Richard-Strauss-Festivals (Goppel) sowie mehreren Vorstandsmitgliedern hatte sich Liebreich am vergangenen Freitag getroffen, um das weitere Vorgehen für das Festival 2021 zu besprechen. Teilnehmer berichten, dass am Ende der Zusammenkunft den meisten klar gewesen sei, dass Liebreich nicht weitermachen würde.
Liebreich hat den vereinbarten, ausformulierten Vertrag nie erhalten
Im Verhältnis zwischen Liebreich und der Gemeinde scheint es in den vergangenen Jahren immer wieder mal nicht ganz rund gelaufen zu sein. Die Indizien: Für die Jahre 2018 bis für 2020 war Liebreich nicht im Besitz eines Kontrakts. Die Verhandlungen über sein Engagement waren 2017 in eine Vereinbarung gemündet. Die „Absicht, mir bis zum September 2017 einen ausformulieren Vertrag zukommen zu lassen, wurden bedauerliche Weise nicht umgesetzt“, schreibt er. Seine Nachfragen sollen ohne Antwort geblieben sein. Ebenso wie jene für den Zeitraum von 2021 bis 2023. Der Gemeinderat hatte in seiner Sitzung am 9. Juli 2019 mit großer Mehrheit Liebreich für weitere drei Jahre im Amt des künstlerischen Leiters bestätigt. Ein Vertrag – wieder Fehlanzeige. „Beschlüsse wurden einfach nicht umgesetzt“, übt Bürgermeisterin Elisabeth Koch Kritik an ihrer Vorgängerin Dr. Sigrid Meierhofer (SPD). Deren Erwiderung: „Der Vertrag, von dem Herr Liebreich spricht, sollte für die neue Rechtsform (der Kultur gGmbH, Anmerkung der Redaktion) abgeschlossen werden, deren Gründung sich leider aus verschiedenen Gründen verzögert hat.“
Ein Kontakt zu Koch, die Vorstandsmitglied im Verein Freunde des Richard-Strauss-Festivals ist, der allgemein als Liebreich-Fanclub gilt, gestaltete sich für den Chefdirigenten des Prager Radio-Symphonieorchesters schwierig. Seine „wiederholte Kontaktaufnahme mit dem Rathaus nach der Kommunalwahl 2020“ sei nicht erwidert worden. „Eine verantwortbare künstlerische Arbeit kann ich auf dieser Grundlage nicht leisten.“ Ein Vorwurf, dessen Wahrheitsgehalt Koch, die laut ihrer Aussage Liebreich in der vergangenen Woche sein Gehalt über 40 000 Euro für 2020 überwiesen hat, einräumt. Dass sie ihn auf Abstand hielt, sei keine böse Absicht gewesen. Sie wollte sich erst einen Überblick über die finanzielle Situation des Festivals, das in den vergangenen Jahren stets ein Defizit eingefahren hatte (wir berichteten), und der Gemeinde verschaffen. Es geht ums Geld und was man sich in Zukunft leisten kann. Für 2021 hätte man – nicht nur Corona-bedingt – einen Sparkurs fahren müssen. Allein für die maroden Garmisch-Partenkirchner Schulen besteht Koch zufolge ein Sanierungsbedarf von 20 Millionen Euro. „Ich glaube nicht, dass ein stark reduziertes Budget den künstlerischen Ansprüchen des Herrn Liebreich hätte genügen können“, erklärt sie. Im Jahr 2019 hatte der Etat des Festivals 1,022 Millionen Euro betragen.