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Neuer Kinofim von Walter Steffen über Sagen und Mythen: „Alpgeister“ startet

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Von: Katharina Bromberger

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Noch heute soll sie auf der Burg Werdenfels spuken: die weiße Frau (dargestellt von Ruth Bitai-Balyko). Von ihr handelt eine der Sagen, die im Film nachgespielt wird. © Konzept und Dialog Medienproduktion

Mit Sagen und Mythen beschäftigt sich Walter Steffens Film „Alpgeister“. Protagonisten aus dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen erzählen persönliche Geschichten. Am 18. Juli kommt der Film in die Kinos.

Landkreis – Der Nachbar ist weg. Die armen Seelen haben ihn geholt,

Film Walter Steffen Kino
Einen Schatz bewahrt Luis Höger (l.) auf: eine Tonbandaufnahme und die Geschichte der Wilden Fahrt. Auch bei ihm hat das Team um Walter Steffen (r.) gedreht. © Konzept und Dialog Medienproduktion

fortgerissen wurde er von der „Wilden Fahrt“. Auf einer Brücke im Engadin lassen sie ihn frei. Doch der Garmisch-Partenkirchner kehrt als kranker Mann zurück. Krank im Geist. Nie verarbeitet er, was er erlebt hat. Er stirbt.

Die Frau erzählt die Geschichte, als wäre sie gestern passiert. Dass sie so geschehen ist, daran zweifelt sie nicht. Man hört nur ihre Stimme, verzerrt durch das über 50 Jahre alte Tonband. Doch in diesem Moment glaubt man auch an die Wilde Fahrt in den Rauhnächten, an die Angst im Ort vor den Dämonen, die jeden holen konnten. Über Luis Höger bleibt die Geschichte lebendig. Wie einen Schatz bewahrt er die Aufnahme seiner Großmutter auf, die zu ihrem 80. Geburtstag 1967 entstand. Nur wenige haben sie bislang gehört. Jetzt bekommt die Oma, Jahrgang 1887, eine Rolle in einem Kinofilm: „Alpgeister“ von Regisseur Walter Steffen.

Walter Steffen macht sich Namen mit Film „Fahr ma obi am Wasser“

In der Region hat er sich unter anderem mit dem Film „Fahr ma obi am Wasser“ einen Namen gemacht. Sein neues Werk handelt von Mythen, Sagen, der spirituellen Welt der Vorfahren in den bayerischen Alpen. Menschen erzählen, was sie selbst erlebten. Oder sie tragen weiter, was über Generationen bewahrt wurde und womit sie sich auseinandergesetzt haben. Wie Anton Jocher, der 1983 das Buch „Geisterfahrt und wilde Jagd. Sagen aus dem Werdenfelser Land“ verfasste. Im Film erinnert der Garmisch-Partenkirchner an die „weiße Frau von der Burg Werdenfels“, die dort noch heute spukt. Im Jenseits findet sie keine Ruhe. Zu Unrecht hatte sie ihr Ehemann nach den Kreuzzügen in den Kerker gesperrt. Wo sie starb. Im Film erzählen Schauspieler ihre Geschichte.

Kinofilm mit Naturbildern, die Gänsehaut erzeugen

So mischt der Kinodokumentarfilm verschiedene Elemente. Erzählungen der Protagonisten, Spielfilm-Sequenzen, Naturbilder. Sie erzeugen Gänsehaut, geben Energie – das zumindest ist Steffens Ziel. Zuschauer sollen die Kraft der Natur spüren. Jeder, der in den Bergen nicht nach Rekorden jagt, sondern sich Zeit nimmt und einlässt, der wisse: „Da ist viel mehr, als das, was wir sehen können.“ Viel mehr als das, was mit Worten zu fassen ist. Man sei ein kleiner Teil im großen Ganzen. „Wir sind nicht allein.“ Damit setzten sich die Vorfahren auseinander. Und sie waren nicht verrückt, betont Steffen. Aus der Nische will er die Welt der Sagen, Mythen und Geister herausholen. Ob er selbst daran glaubt? Natürlich. Er, der sich als „sehr diesseitigen Menschen“ beschreibt, der das Leben im Hier und Jetzt genießt, hat eine starke Verbindung zu der „anderen Seite“. Als ihm das bewusst wurde, stand die Idee zum Film.

Regisseur Walter Steffen glaubt an die Welt der Geister

Der Regisseur wuchs auf einem Bergbauernhof in Oberstdorf auf. Oft übernachtete er im Freien. Die Dunkelheit gab Geräusche preis, die bei Tag

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Die Arbeiten und die Einstellung von Holzbildhauer Karl Buchwieser aus Grainau haben Walter Steffen bei den Dreharbeiten vor einem Jahr begeistert. © Sabine Näher

niemand hörte. Mit Geistern, die bei Tag niemand spürte. Zwei von ihnen hat Steffen gesehen. Viele Kinder, sagt er, haben Begleiter, die für Erwachsene unsichtbar bleiben. Mit dem Älterwerden verschwinden sie meist. Auch seine Geister sind gegangen. Das Gefühl für ihre Welt ist geblieben.

Oft saß der Wahl-Seeshaupter als Bub auf dem Schoß von Marianne Hochfeichter, der alten Bäuerin auf dem Hof. Stundenlang erzählte sie von Wundern, Seelen der Ahnen, Berggeistern, Dämonen und Engeln. Eines Nachts, im Herbst 2017, wachte Steffen auf und erinnerte sich plötzlich an die „Oma aus dem Bilderbuch“, die ihm so viel Wissen über das Jenseits vermittelt hatte. Das wollte er weitergeben. In „Alpgeister“ – der Titel stand sofort.

Kinofilm von Walter Steffen setzt ein Zeichen gegen Materialismus

Sein Film soll auch an eine wichtige Eigenschaft erinnern, die verloren zu gehen droht: die spirituelle Seite des Menschen. Spiritualität – nicht Esoterik. Jeder Mensch, sagt Steffen, will mehr über sich erfahren. Wer bin ich? Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Drei Fragen, die jeden einmal beschäftigen. „Irgendwann aber schiebt man sie beiseite und macht Karriere.“ Konzentriert sich auf das Funktionieren im Materialismus. Dagegen geht Steffen an. Er hofft, Bewusstsein zu schaffen für altes Wissen, Verantwortung gegenüber der Natur, Demut.

Sieben Monate recherchierte das Team, einige Wochen drehte es. Aus 70 Stunden Material entstanden 97 Minuten Kinofilm. All die Geschichten würden für einen Mehrteiler reichen. Anton Jocher wundert das nicht. Betrachtet er die heimische Bergkulisse, findet er kaum einen Flecken, der nicht mythisch angehaucht ist. „Es geistert und spukt überall, grad’ dass es eine richtige Freude ist.“

Vorpremiere

feiert der Film „Alpgeister“ an diesem Samstag im Murnauer Kino, danach am Montag, 15. Juli, im Hochland-Kino in Garmisch-Partenkirchen, jeweils um 20 Uhr. Regisseur Walter Steffen und Protagonisten sind vor Ort. Offizieller Kinostart ist Donnerstag, 18. Juli. Zudem wird der Film am Samstag, 20. Juli, im Kulturpark Oberau gezeigt. Ab 19.30 Uhr ist das Filmteam zu Besuch. Aus dem Landkreis spielen mit: Karl Buchwieser aus Grainau, Luis Höger und Anton Jocher aus Garmisch-Partenkirchen sowie die gebürtige Oberauerin Henriette Schübel.

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