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Erste Geflüchtete in Garmisch-Partenkirchen angekommen - Hotel will nur Ukrainer aufnehmen

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Von: Josef Hornsteiner

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Zwei Busse mit 100 Flüchtlingen aus der Ukraine sind am Mittwoch im Garmisch-Partenkirchner Atlas-Sporthotel angekommen. Ein großer Teil davon sind wohl Studenten aus Afrika und Asien.

Garmisch-Partenkirchen – Es ist kurz vor Mittag. Reges Treiben herrscht im Foyer des Atlas Sporthotels an der Mittenwalder Straße in Garmisch-Partenkirchen. Hans Steinbrecher, Leiter des Rettungsdienstes im BRK-Kreisverband, weist seine Mitarbeiter ein. Zwei Tische stehen parat. Auf ihnen Corona-Tests, Desinfektionsmittel, Schreibzeug. Im Frühstücksraum haben sich mehrere Caritas-Mitarbeiterinnen versammelt.

Ukraine-Krieg: 100 Flüchtlinge kommen in Garmisch-Partenkirchen an - Jeder will helfen

Sie sollen die Auszahlung von Bargeld regeln. Eine Hotelangestellte, die dank ihrer osteuropäischen Wurzeln ukrainisch spricht, steht vor dem Eingang. Daneben zwei Mitarbeiter des Ausländeramtes. Gespanntes Warten. Niemand weiß, wer nun in wenigen Minuten aus dem Bus steigen wird. Die medizinische Versorgung ist sichergestellt. Man rechnet mit vielen Müttern und Kindern. Jeder will helfen. Möchte da sein, wenn der erste Transport von rund 100 ukrainischen Kriegsflüchtlingen aus Fürstenfeldbruck und Erding in Garmisch-Partenkirchen ankommt.

Hotel will nur Ukrainer aufnehmen
Hotel will nur Ukrainer aufnehmen © FOTOPRESS THOMAS SEHR

Unternehmer Ibrahim Kavun stellt für sie kostenlos sein Atlas-Sporthotel an der Mittenwalder Straße zur Verfügung. Unzählige Videokonferenzen hat es vorab gegeben, erklärt Landrat Anton Speer. Eine eigene Koordinationsgruppe ist eingerichtet worden. Den Landkreis stellt die zusätzliche, sehr kurzfristige Flüchtlingswelle vor eine große Herausforderung.

Garmisch-Partenkirchen: Hotel will nur Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen

Bund und Freistaat haben den Transport organisiert. Die Anweisung des Hotels ist klar: Es sollen ukrainische Kriegsflüchtlinge unterkommen, vorrangig Familien mit Kindern. Doch die Anzahl derer ist überschaubar. Vier Kleinkinder sind im ersten Bus. Und gerade Mal eine kleine Traube an Menschen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft. Sechs Frauen werden nacheinander als erste an die Rezeption gebeten. Alle müssen sich vorab auf das Corona-Virus testen lassen, werden untersucht und registriert. Als zweite Gruppe kommt eine Familie aus Vietnam mit ihren Kleinkindern.

Endlich angekommen: Eine Familie aus Vietnam wartet vor dem Hotel auf ihren Corona-Test. 
Endlich angekommen: Eine Familie aus Vietnam wartet vor dem Hotel auf ihren Corona-Test.  © Thomas Sehr

Der Rest sind Männer aus Afrika und Asien. Es herrscht Verunsicherung, Verwirrung. Es sollen schließlich nur Kriegsflüchtlinge oder zumindest jene mit „Ukraine-Bezug“ ein Zimmer bekommen, um illegale Migration zu unterbinden. Die Männer würden in der Ukraine studieren, haben entsprechende Visa dabei, erklären sie. Die Kommunikation ist jedoch schwierig, da sie weder ukrainisch noch russisch sprechen. „Sie studieren wahrscheinlich in Englisch“, mutmaßt eine Caritas-Mitarbeiterin. Doch selbst da gestaltet sich die Kommunikation als sehr schwierig.

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Die Diskussion bleibt nicht aus. Vor der Unterkunft treffen sich Hotelmitarbeiter, Behördenvertreter und Caritas-Mitarbeiterinnen. Zählen die Männer nun als ukrainische Kriegsflüchtlinge oder als Migranten? Letztlich fällt eine Entscheidung: Alle werden erst einmal als Flüchtlinge mit Ukraine-Bezug im Hotel aufgenommen und nicht in eine andere Unterkunft gebracht. „Wir müssen sie nun erst einmal ankommen lassen und dann weitersehen“, sagt Landratsamt-Sprecher Stephan Scharf. Als nächster Schritt soll eben geprüft werden, welchen Status die Ankömmlinge haben, wo sie dann tatsächlich unterkommen.

Mitten drin im Geschehen: BRK-Mann Hans Steinbrecher (r.) erklärt Landrat Anton Speer die aktuelle Lage. 
Mitten drin im Geschehen: BRK-Mann Hans Steinbrecher (r.) erklärt Landrat Anton Speer die aktuelle Lage.  © Thomas Sehr

Landrat Anton Speer (Freie Wähler) ist zunächst ebenfalls persönlich vor Ort. Er hofft, dass sein Landkreis vor allem jenen Schutz bieten kann, die „in allerhöchster Not sind, wie Mütter und Kinder“. Doch ist ihm auch klar, dass die Behörde in den nächsten Tagen und Wochen ein wesentlich breiteres Spektrum an Ankommenden abhandeln wird müssen. „Bei uns ist natürlich jeder, der in Not ist, herzlich willkommen.“

Flüchtlinge in Oberbayern angekommen: Nur ein Bruchteil davon ukrainische Staatsbürger

Dass nur ein Bruchteil der Menschen, die gestern Garmisch-Partenkirchen erreichten, tatsächlich Staatsbürger aus der Ukraine waren, verwunderte auch den Unterammergauer. Er habe diese Tatsache schon von Landratskollegen gehört, sagt er später am Tag beim Kreistag in Krün. „Wir haben aber unserem Innenminister Joachim Herrmann schon mitgeteilt, dass das nicht Sinn der Sache sein kann, wenn man eigentlich die notleidende ukrainische Bevölkerung aufnehmen will.“

Sämtliche Personen, die nun unter die Ukraine-Regelung fallen, erhalten automatisch eine Aufenthaltserlaubnis von vorerst einem Jahr. Aktuell muss der Landkreis von den 100 000 Flüchtlingen mindestens 676 aufnehmen. „Doch gibt es nach oben keine Grenze, wenn es mehr als 100 000 sind.“ Deshalb war Speer mit der Koordinationsgruppe in seiner Behörde bereits im Isartal, Ammertal und im Loisachtal, um passende Objekte ausfindig zu machen. „Denn wir wissen nicht, wie viele Menschen noch kommen.“ Dafür will der Landkreis aber gewappnet sein.

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