Der Winter-Wetter-Wahnsinn: Temperaturrekord in Garmisch-Partenkirchen

Im Februar wurde ein neuer Temperaturrekord in Garmisch-Partenkirchen verzeichnet: 20,1 Grad bedeuten für Pflanzen und Tiere enormen Stress.
Garmisch-Partenkirchen – Es ist ein verrückter Winter. Daran besteht kein Zweifel. Und es ist beileibe kein normaler Winter. Auch das bestreitet niemand. Nur: Was darf man künftig unter einem normalen Winter überhaupt noch verstehen? „Die Kontinuität geht zurück“, sagt Dr. Peter Suppan. „Dass man von Dezember bis März Schnee hat, darauf kann man sich nicht mehr verlassen“, verdeutlicht der Geschäftsführer des Instituts KIT für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Partenkirchen. „Die Häufigkeit für Spitzen wie in den vergangenen Tagen nimmt zu.“ Noch dazu fallen diese künftig wohl immer extremer aus.
Temperaturrekord in Garmisch-Partenkirchen: Der Winter-Wetter-Wahnsinn
Der vergangene Samstag liefert das beste Beispiel direkt aus Garmisch-Partenkirchen. 20,1 Grad Celsius erreichte das Thermometer der Station des Deutschen Wetterdienstes in der Breitenau. Ein neuer Rekord für die zweite Februardekade. Noch nie war es zwischen dem 11. und 20. Februar derart warm in der Marktgemeinde – seit der ersten Erfassung der Daten in diesem Fall im Jahr 1936.
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Absolut höchster Wert für einen Februartag war im Jahr 1960
Natürlich ein recht kleines Fenster für eine solche Meldung über einen neuen Maximalwert. Aber immerhin. Denn der absolut höchste Wert für einen Februartag unter der Alpspitze liegt nur unwesentlich höher bei 21,4 Grad. Dafür stammt dieser aber vom 29. Februar 1960. „Die Extreme hat es immer schon gegeben“, kommentiert Suppan diesen Wert von vor 63 Jahren. „Nur war das damals seltener der Fall.“ Und es gibt auch Beispiele für Rekorde auf der anderen Seite der Skala: So liegt die kälteste jemals gemessene Temperatur für einen März-Tag nicht so weit zurück. Am 1. März 2005 wurden in der Marktgemeinde minus 21,2 Grad gemessen.
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Auf Wetter-Unwägbarkeiten, wie sie das Werdenfelser Land heuer seit Anfang Dezember erlebt, muss man sich künftig deutlich öfter gefasst machen. „Die Wechsel sind sehr extrem.“ Die Wetterlagen springen quasi hin und her: Vom tiefen Frost hin zu frühsommerlichen Bedingungen. So war es in all den vergangenen drei Wintermonaten Dezember, Januar und nun eben auch im Februar. Und: Der nächste Umschwung deutet sich bereits wieder an: „Für das Wochenende ist wieder ein Wechsel in einen normaleren Winter vorhergesagt“, betont der Diplom-Meteorologe.
Was erstaunt: Suppan stellt klar, dass die Veränderungen des Klimas im Alpenraum im Winter viel heftiger sichtbar werden als in der wärmeren Jahreszeit. „Die Sommer bei uns sind noch nicht wirklich trockener, da gibt es ganz andere Regionen, wir spüren die Auswirkungen im Winter viel deutlicher.“ Da sei das Wetter mittlerweile vulnerabler, also störanfälliger. Eines wäre in einer Phase wie diesen warmen Februarwochen aber verkehrt: Jetzt schon den Frühling auszurufen. „Die Rückfallquote ins Normale ist schon immer noch sehr hoch“, stellt Suppan klar.
Kreisbäuerin: Sellerie hält mittlerweile den ganzen Winter über im Garten unter einer Plastikglocke
Dass man sich auf nichts mehr verlassen kann, spürt auch Kreis- und Landesbäuerin Christine Singer immer öfter. „Man merkt es schon draußen im Garten.“ Früher hatte als Faustregel gegolten, dass im Herbst zu Leonhardi die Beete aufgeräumt gehören. „Das braucht man auch nicht mehr“, sagt die Hofheimerin. Sie hält sich ihren Sellerie mittlerweile über den ganzen Winter im Beet unter einer Plastikglocke. „Funktioniert wunderbar.“ Auch Kollegin Lisa Krötz aus Farchant habe ihr berichtet, dass sie neulich erst Gelbe Rüben aus dem Beet geholt habe, die sie im Herbst übersehen hatte. „Früher wären sie matschig gewesen, jetzt sind sie schön knackig.“ Auf was man sich in dieser Hinsicht noch einzustellen hat, kann Singer nicht abschätzen. „Die Erfahrungen müssen wir erst noch machen.“ Auf jeden Fall kommt auf Landwirte wie auch Hobbygärtner einiges an Neuerungen zu. „Wir dürfen noch froh sein, dass es uns noch nicht so geht wie Kollegen in Franken, die unter der Trockenheit leiden.“ Dort fehlten im vergangenen Sommer bereits zwei Grasschnitte. „Und das wird dann wirklich zu einem Problem.“
Die Auswirkungen auf die Natur werden groß sein – das steht für Suppan fest. „Diese Wetterveränderungen sind purer Stress für Pflanzen und Tiere.“ Gerade in dieser Hinsicht stellt das Institut an der Kreuzeckbahnstraße viele Forschungen an. Eines macht er deutlich: „Wir Menschen werden uns leichter tun, wir können uns besser anpassen.“