Storno-Marathon nach Weltcup-Absage - Veranstalter bleibt auf vielen Kosten sitzen

Winterwunderland in Garmisch-Partenkirchen. Doch der Ski-Weltcup ist ausgefallen. Der Schnee kommt zwei Wochen zu spät. Die Absage wird teuer, das steht fest. Wie teuer, ist noch nicht klar.
Garmisch-Partenkirchen – Es ist absurd: Nun ist er da, der Winter. Schnee, wohin das Auge blickt im Werdenfelser Land. Alles weiß. Mehr davon ist sogar schon prognostiziert für kommende Woche. Und trotzdem: Der Weltcup in Garmisch-Partenkirchen ist am Wochenende ausgefallen. Nichts wurde es mit dem runden Geburtstag, den 70. Kandahar-Rennen. „Zwei Wochen zu spät“, kommentiert Martina Betz, die OK-Chefin, ernüchtert. Die Kandahar bleibt heuer ohne Rennen. Immerhin – auch wichtig für den Standort: Nun haben zumindest die Einheimischen und Urlauber noch etwas von diesem heuer verspäteten Winter.
„Es ist ein Sch...job“: Weltcup-Absage bringt jede Menge Arbeit
Das hilft den Organisatoren wenig. Bei ihnen regieren Frust und Enttäuschung. Lieber wäre ihnen Stress pur an der Rennstrecke gewesen, als den besten Skifahrern bei zwei Super-G in Cortina d’Ampezzo/Italien zuzuschauen, die dort nachgeholt wurden und zuvor in Lake Louise und Gröben ausgefallen waren. Ein verteufelter Ski-Winter. Und doch: Eine solche Absage bringt nicht nur Ärger, sondern auch jede Menge Arbeit. Viel Zeit zum Ertrinken in Selbstmitleid blieb den Verantwortlichen in Garmisch-Partenkirchen nicht. Noch am Tag der Absage durch den Skiweltverband FIS schnappten sich Betz und Peter Fischer die Telefone. „Anhand von Listen musst du erst einmal alle Stornos machen“, verdeutlicht Fischer, der langjährige OK-Chef, der im Hintergrund weiter mithilft. Darüber ist Betz enorm froh.
„Gerade in einem solchen Fall ist Peters Erfahrung unheimlich wertvoll“, sagt die Vorsitzende des Skiclubs Garmisch. Ihr Vorvorgänger erlebt derlei Herausforderungen ja nicht zum ersten Mal. „Es ist ein echter Schei…job“, – da nimmt Betz kein Blatt vor den Mund. Partner für Partner musste über die Absage in Kenntnis gesetzt werden. „Es geht um sehr, sehr viel Geld“, macht sie deutlich. „Jeder Tag ist wichtig.“ Betz bezeichnet die Aufgabe als Sisyphos-Arbeit. „Jedes Unternehmen hat andere Stornobedingungen, jeder Schaden muss einzeln abgewickelt werden.“
Nach Weltcup-Absage: Straße kostet 20.000 Euro - Auch wenn sie niemand braucht
Wie groß der finanzielle Schaden für das Organisationskomitee ausfällt, kann man noch nicht konkret abschätzen. Trotz der frühzeitigen Absage wird der Veranstalter auf vielen Kosten sitzen bleiben. Fischer nannte bei einem SCG-Clubabend ein paar Beispiele: „Wir haben allein 200 000 Euro für Hotelbuchungen, um den ganzen Tross unterzubringen.“ Eine stolze Summe, die allein das OK vor Ort aufbringen muss. Die reservierten Zimmer werden nun nicht gebraucht. „Manche Hotels kommen uns wirklich entgegen, sind superkulant“, sagt Betz. Auffällig: Es seien eher die kleineren, familiär geführten Betriebe, fügt Fischer an.
Schlechte Karten hält das OK auch in Sachen Tribüne im Zielraum an der Kandahar sowie mit der Baustraße, die verlegt wird, um Flurschäden zu vermeiden. Allein die Straße kostet rund 20 000 Euro. „Am Tag der Absage ist sie verlegt worden, ich hab’ dem Mann gesagt, wir brauchen sie nicht“, betont Fischer. Die Antwort: „Ihm egal, er kriegt die 20 000 Euro.“ Ähnlich wird es bei der Tribüne laufen. „Sie war noch nicht einmal aufgebaut, nur das Material abgeladen“, schildert Betz. „Aber wir müssen wohl voll zahlen.“
Versicherung für den Weltcup-Ausfall wird immer teurer
Knifflig gestaltet sich das Thema Versicherung. Grundsätzlich existiert die Möglichkeit noch für Veranstalter, gewisse Risiken abzusichern. Laut Fischer gehören dazu zum Beispiel die Ticketeinnahmen. „Viele Versicherer gibt es aber nicht mehr, das machen nur die großen Unternehmen.“ Der entscheidende Faktor sei die Höhe der Prämien. „Die steigen immer weiter. Und die Frage ist, wie weit man mitgehen kann.“ Er kennt Beispiele aus dem Weltcup, da hätten die Kosten für die Policen am Ende 30 Prozent des Gesamtbudgets ausgemacht. „Dann geht so etwas nicht mehr.“ Also gibt es mittlerweile Ausrichter, die komplett auf eine Absicherung verzichten (müssen).
Das OK in Garmisch-Partenkirchen gehört nicht zu diesem Kreis. Nur wie lange noch? Mit jedem Versicherungsfall steigen in der Regel die Prämien. Am Etat für die Weltcups lässt sich hingegen wenig nach oben schrauben. „Das Risiko liegt in jedem Fall zu 100 Prozent bei uns“, klärt Fischer auf. „Der Verband hilft uns da nicht.“ Obwohl der beispielsweise die Einnahmen aus den TV-Rechten komplett für sich verbucht. Eine Eigenheit in Deutschland. In allen anderen europäischen Ländern werden die Ausrichter an den TV-Geldern beteiligt. Fischer: „So kommt es letztlich auch, dass Kitzbühel gegenüber uns ein fünffaches Budget hat, Wengen das vierfache.“
Dass Geld nicht alles ist, beweisen die Garmisch-Partenkirchner im sportlichen Sinn alle Jahre. Nur eines braucht es dafür: Schnee – und zwar zum richtigen Zeitpunkt.