Eine Welle der Solidarität mit Ettals Abt Barnabas

Ettal - Die Vorgänge am Kloster Ettal in Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch von Internatsschülern durch Ordensangehörige ziehen immer weitere Kreise.
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Am Donnerstag hat die Staatsanwaltschaft München II wegen des Verdachts, sich an mehreren Kindern vergangen zu haben, Ermittlungen gegen einen Pater in der Ettaler Zweigstelle im Kloster Wechselburg eingeleitet.
Nach einer „sehr emotionalen Elternversammlung“, so ein Beteiligter, am Mittwochabend in der Rosner-Aula, die von rund 150 Erziehungsberechtigten besucht und von Rektor Pater Maurus Kraß geleitet wurde, verfasste der Elternbeirat der Schule eine Presseerklärung: Darin wird Erzbischof Reinhard Marx gebeten, das Rücktrittsgesuch von Abt Barnabas nicht anzunehmen. Beigefügt wird dem Brief an den Bischof eine von allen Teilnehmern der Elternversammlung unterzeichnete Unterschriftenliste.
Das Verhalten der Eltern und deren Zuspruch für Abt Barnabas als „wichtigste Vertrauensperson für Schüler, Eltern und Lehrer“ bewertete am Donnerstag der Pressesprecher der Erzdiözese, Bernhard Kellner, als „absurd“. Falsch verstandene Barmherzigkeit gegenüber Mitbrüdern, die möglicherweise Verbrechen begangen hätten, sei nicht angemessen.
Derweil bildet sich auch unter ehemaligen und aktuellen Schülern des Gymnasiums eine Solidaritätsbewegung für den zurückgetretenen Abt. Auf der Internet-Plattform Facebook gründete sich inzwischen sogar eine eigene Gruppe „Solidarität mit Abt Barnabas Bögle!“, der sich von Mittwochabend bis Donnerstag bereits über 160 Mitglieder anschlossen; darunter sind auch Schüler von anderen Gymnasien, wie zum Beispiel dem St. Irmengard.
In einzelnen Beiträgen wird unter anderem dazu aufgerufen, Briefe an große deutsche Zeitungen sowie an die Erzdiözese und an Bischof Marx zu schreiben, um eine Wiedereinsetzung von Abt Barnabas zu erreichen. Wörtlich heißt es bei Facebook unter anderem: „Selbst wenn er nicht mehr Abt ist, so bleibt er doch ,der Pater’“, „ . . . unser geliebter Abt . . .“, „ . . . finde ich das Bestreben der Gruppe bemerkenswert, wobei sich die Bischofskonferenz niemals als fehlbar darstellen wird. Alle Wünsche sind derzeit ziemlich hoffnungslos“, „Ich finde es schon eine Frechheit, dass die Diözese ihn bittet, zurückzutreten, obwohl er damit kaum etwas zu tun hatte“ oder „Konsequenzen müssen gezogen werden, aber Abt Barnabas ist definitiv die falsche Person“.
Die Erzdiözese erwartet nun „eine umfassende, schnelle und konsequente Offenlegung aller relevanten Vorfälle durch das Kloster“. Generalvikar Peter Beer, der Abt Barnabas den Rücktritt nahegelegt hatte: „Unser Kurs heißt Null Toleranz bei sexuellem Missbrauch. Wir fordern volle Transparenz.“
Ludwig Hutter