Gewaltiges Schneebrett verschüttet Mittenwalder Gebirgsjäger: Drei Verletzte

Soldaten des Mittenwalder Gebirgsjägerbatallions sind am Dienstag am Stubaier Gletscher unter einer Lawine begraben worden. Ihr großes Glück: Alle konnten sich schnell selbst oder mit Hilfe von Kameraden befreien. Der Unfall ereignete sich während der Winterübung.
Mittenwald/Stubaier Tal – Zehn Personen verschüttet. Die Erstmeldung, die am Dienstag um 13.15 Uhr bei der Polizei Neustift im Stubaital in Tirol einging, ließ Schlimmstes befürchten. „Dazu kam das schlechte Wetter“, sagt Polizeichef Thomas Zingerle. Folglich machten sich die Beamten und Bergretter zunächst mit der Stubaier Gletscherbahn zur Unglücksstelle auf. Auf 3150 Metern Höhe hatte sich ein circa 30 Meter breites und 10 Meter langes Schneebrett gelöst, das mehrere Soldaten aus Mittenwald teilweise oder ganz verschüttet hat. Letztlich hatte die Lawine sechs Personen erfasst, die sich relativ schnell selbst oder mit Hilfe ihrer Kameraden befreien konnten.
Drei Soldaten kommen ins Krankenhaus
Zum Glück wachte über die 19 Gebirgsjäger, die im Rahmen ihrer Winterübung südöstlich der Stubaier Wildspitze etwa 15 Minuten von der gesicherten Piste entfernt Schneehöhlen zum Biwakieren gruben, ein aufmerksamer Schutzengel. Dazu kommt ihre Ausbildung. „Das Erste, was die Soldaten lernen, bevor es ins Gelände geht, ist: Was mache ich, wenn etwas passiert“, erklärt Hauptmann Thomas Schmaus, Presseoffizier bei der Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall. Dieses Wissen konnten die Betroffenen am frühen Dienstagnachmittag schnell abrufen und entsprechend rasch reagieren. „Wir sind alle sehr froh, dass das so gut funktioniert hat“, betont Schmaus. Somit kam es auch nur zu verhältnismäßig leichten Verletzungen: Drei Soldaten wurden mit Prellungen und Unterkühlungen in die Universitätsklinik Innsbruck beziehungsweise das Landeskrankenhaus Hall in Tirol zur Behandlung gebracht. Batallionskommandeur Oberstleutnant Bastian Steves fuhr sofort nach Tirol, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Betroffenen werden zudem von einem Truppenpsychologen betreut.

Nachdem das Wetter zwischenzeitlich besser wurde, gelangten sie mit Rettungshubschraubern ins Tal. Von diesen befanden sich zwei sowie ein Helikopter des österreichischen Bundesministeriums des Inneren vor Ort. Außerdem waren nach Auskunft von Zingerle neben seinen Kollegen auch 23 Bergretter aus Neustift und von der Gletscherbahn im Einsatz. 20 weitere Kräfte von umliegenden Bereitschaften im Vorderen Stubaital und in Sölden standen zudem in Bereitschaft. Nachdem die Soldaten jedoch so schnell reagiert haben, war deren Eingreifen nicht erforderlich. „Das Ganze ist wirklich sehr gut ausgegangen“, bekräftigt der Kommandant der Polizeiinspektion Neustift. Alle Verunglückten seien stets ansprechbar gewesen und keiner habe lebensbedrohliche Verletzungen erlitten. Der Nordhang, an dem die Lawine abgegangen war, gehört ihm zufolge zudem nicht zu den Bereichen, die dafür bekannt sind.
Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung
Das passt zu Schmaus’ Einschätzung. Er weiß, dass die Gebirgsjäger mit einem sehr erfahrenen Heeresbergführer unterwegs waren. „Ich gehe davon aus, dass er alles gewissenhaft geprüft hat.“ Trotzdem muss sich dieser nun einer internen Untersuchung stellen – „das ist Routine“. Auch zivilrechtlich werde wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt, sagt Zingerle. Zwei Kollegen der Alpinpolizei waren gestern Vormittag am Gletscher, um sich ein Bild von den Gegebenheiten zu machen. Eine Befragung aller Beteiligter über den Hergang steht noch aus. Erst wenn die Ergebnisse vorliegen, entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt.
Im Rahmen der Ausbildung der Mittenwalder Gebirgsjäger kam es auch in der Vergangenheit zu Unfällen. Bislang allerdings nicht in der Größenordnung wie jetzt am Stubaier Gletscher. Bei den Wintereinheiten, die meist in der Axamer Lizum bei Innsbruck stattfinden, geht es insbesondere um den Bau von Behelfsunterkünften wie Iglus, den Umgang mit Lawinensuchgeräten und Gefahren am Berg. Dass diese allgegenwärtig sind, erlebten 19 Gebirgsjäger jetzt hautnah.