1. Startseite
  2. Lokales
  3. Garmisch-Partenkirchen
  4. Mittenwald

„Nur noch Ausnutzerei“: Mittenwalderin zieht sich aus Post-Agentur zurück - Nachfolge bereits geregelt

Erstellt:

Von: Manuela Schauer

Kommentare

Der Bahnhof Mittenwald
Die Post-Agentur bleibt im Bahnhofsgebäude. © Josef Hornsteiner

Personal-Wechsel bei der Post-Agentur in Mittenwald: Anja Döring hat gekündigt, die Spedition Neuner übernimmt die Aufgabe.

Mittenwald – Ihr reicht’s. Und wie. Anja Döring hat die Nase gestrichen voll. „Das ist nur noch Ausnutzerei“, schimpft die 54-Jährige. Zu viel Arbeit, zu wenig Gehalt. Die Kritik adressiert sie an die Deutsche Post, ihren Noch-Arbeitgeber. Die Mittenwalderin lässt sich das Gebaren des Unternehmens nicht mehr gefallen. Im Sommer vergangenen Jahres reichte sie die Kündigung ein und verlässt somit zum 1. März die Zweigstelle im Bahnhofsgebäude.

Döring lässt kein gutes Haar an der „Post“. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren sei viel schiefgelaufen. Früher habe das Unternehmen Kleingeld an die Filiale geliefert, heute muss die Isartalerin dafür ihre eigene Bank aufsuchen und die Gebühr berappen. Nur ein Beispiel. Ein anderes: Wenn Pakete nicht ordentlich zugeklebt abgegeben werden und sie das nachholt, darf sie das Klebeband bezahlen. „Ich hätte die Leute nach Hause schicken sollen“, erzählt sie. Illusorisch.

Zu viel Arbeit, zu wenig Gehalt

Der ausschlaggebende Grund für ihren Rückzug ist aber ein anderer. Einer finanzieller Natur. „Auf die Stunden gerechnet, ist das Gehalt lächerlich“, betont sie, ohne Zahlen zu nennen. Wenn man Unfall- und Einkommensteuer abziehe, lande man bei einem Lohn eines Halbtagsangestellten. „Das ist Ausbeutung.“ Erschwerend hinzu kommt, dass die DHL ihr die Kunden aus Österreich abspenstig macht. Auf der anderen Seite aber erhöht sich der Arbeitsaufwand. Seit über drei Jahren erlaubt sie sich kaum eine Verschnaufpause, gönnt sich gerade einmal einen Urlaub von lediglich fünf Tagen. Mehr als ihre zwei Teilzeitkräfte kann sich die 54-Jährige aber nicht leisten. „Es trägt sich einfach nicht mehr.“

Das Ungleichgewicht von Aufwand und Vergütung kennt sie schon aus einer anderen Branche. In ihrem Reisebüro beherbergte sie auch einen Info-Stand der Deutschen Bahn. „Die habe nur noch minimale Provisionen für unsere Arbeit gezahlt“, sagte sie im Januar 2022. Die Folge: Döring schloss den Stand. Jetzt, nach 15 Jahren und erfolglosen Gesprächen, trennt sie sich aus nahezu identischen Gründen von der Deutschen Post. Zu diesem Schritt rieten ihr Bekannte wie ihre Angestellten seit geraumer Zeit. „Ich mag nicht mehr“, betont die Mittenwalderin. Stattdessen fällt ihr ein Stein vom Herzen, dass das leidige Thema bald ein Ende nimmt.

Spedition stellt zwei Mitarbeiter ein

Urlaub? Der muss weiter warten. Döring möchte am 1. März ihr Reisebüro aufsperren, nur nicht mehr im Bahnhof. Den neuen Standort verrät sie noch nicht. Trotz des ganzen Ärgers freut sich die 54-Jährige, dass der Marktgemeinde die Postfiliale an gewohnter Stelle erhalten bleibt. Das war Wolfgang Schwind, dem Eigentümer des Gebäudes, angesichts der zentralen Lage ein Anliegen. „Im Interesse des Ortes“, betont der Bauingenieur. Er ging auf die Suche nach einem Nachfolger und wurde fündig. Ganz zur Freude von Bürgermeister Enrico Corongiu (SPD), der in das Vorgehen frühzeitig eingeweiht worden war. Beim Neujahrsempfang der Gemeinde verkündete er die frohe Botschaft, dass es mit der Post-Filiale weitergehen wird.

Die Spedition Neuner geht an Bord. Schwind hatte den Kontakt zu Geschäftsführerin Katrin Eissler aufgenommen. Mit Erfolg. Lange musste sie nicht überlegen, zumal sie sich mit der „Post“ schnell einig geworden ist. Die Agentur zu führen, passe zu ihrem Unternehmen, das auch in der Paketlogistik auf Europas Straßen unterwegs sei. „Wir wollen den Bürgern eine Anlaufstelle gewährleisten und das mit unserem Geschäft verbinden“, erklärt die frischgebackene 46-Jährige. Schließlich würde heutzutage doch jeder – ob gewerblich oder privat – online bestellen.

Räume sollen kundenfreundlich gestaltet werden

Zwei neue Mitarbeiter hat die Spedition dafür akquiriert. „Es ist schön, wenn motivierte und engagierte Leute, die in Mittenwald einen Wohnsitz haben, hier arbeiten können“, sagt sie. Die Gründe für Dörings Rückzug schreckten sie nicht ab, sie kannte sie gar nicht. Als Unternehmer habe man ihr zufolge immer ein Risiko zu tragen. „Man muss Mut beweisen, um vorwärts zu kommen.“ Dieser Herausforderung stellt sich Eissler gerne.

Beide Räumlichkeiten wird die Spedition übernehmen und „kundenfreundlich“ gestalten. Der Übergang von Dörings Abschied und dem Neubeginn mit ihren Nachfolgern geht nahtlos ineinander über. Denn auch Eissler möchte Anfang März eröffnen.

Auch interessant

Kommentare