Neues vom Murnauer Ortsbus: Fünf Fraktionen wollen Sondersitzung - Defizit des bisherigen Systems „schlicht unverhältnismäßig“

Fünf Murnauer Ratsfraktionen ziehen in Sachen Ortsbus an einem Strang: Sie schlagen eine im Ringsystem fahrende Linie vor. Zudem wollen sie, dass das Thema in einer öffentlichen Sondersitzung behandelt wird.
Murnau – Bereits vor einem Jahr deutete sich an: Die Diskussion um den Omobi-Bus hat den Murnauer Gemeinderat offenbar in zwei Lager gespalten. Mitglieder mehrerer Fraktionen trafen sich im Frühjahr 2022 zu einem informellen Austausch, welches ÖPNV-System das beste für die Kommune ist. Ganz bewusst verzichtete man darauf, das ÖDP/Bürgerforum, die Bürgermeisterpartei, einzuladen. Dort zeigte man sich pikiert.
An diesem Verhältnis scheint sich auch nach der Entscheidung über das Rufbus-Aus nichts geändert zu haben. Fünf Gemeinderatsfraktionen luden zum Pressegespräch in den Angerbräu. Es ging um den ÖPNV. Nicht dabei: das ÖDP/Bürgerforum. Die Gruppierung hatte sich nach der Rufbus-Stilllegung von dem betreffenden Ratsbeschluss distanziert (wir berichteten). Die Fraktionen Mehr Bewegen, Freie Wähler, CSU, Grüne und SPD stehen hingegen zu der Entscheidung. Eine demokratische Mehrheit habe sich in der nichtöffentlichen Sitzung vom 26. Januar gezwungen gesehen, „die Reißleine zu ziehen“, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung. Begründung: Der Beschluss vom Februar 2022, dass die neu eingestellte Mobilitätsmanagerin Dr. Andrea Falkner bis Herbst 2022 ein umfassendes ÖPNV-Konzept vorlegt, sei nicht umgesetzt worden. „Belastbare Zahlen, Daten und Fakten zum Rufbus Omobi wurden bis zur Gemeinderatssitzung am 26.01.2023 nicht vorgelegt.“ Das Gremium habe folglich keine Datengrundlage gehabt, um über die Verwendung von Steuergeldern zu entscheiden. „Ebenso unzureichend war die Kommunikation zwischen dem Gemeinderat und dem Rathaus.“ Anfragen seien nicht oder unzureichend beantwortet worden. „In der Testphase wurde somit eine konstruktive Mitarbeit des Gemeinderates blockiert.“
„Schwachstellen“ in der Kritik
Die fünf Fraktionen machen mehrere „Schwachstellen“ des bisherigen Rufbus-Systems aus: Bemängelt werden ein Gesamtdefizit von rund 500 000 Euro pro Jahr, eine Belastung des Steuerzahlers pro Fahrgast von 17,30 Euro, ein hoher Anteil an Leerfahrten, keine Anbindung an die Zugfahrpläne, keine barrierefreien Busse, zu hohe Fahrtkosten für die alltäglich Nutzung, ein teilweise überlastetes System, um die Hauptkritikpunkte zu nennen. „Uns ist dabei bewusst, dass der ÖPNV immer defizitär ist, das Defizit dieses Systems ist jedoch schlicht unverhältnismäßig“, betonen die fünf Fraktionen. Grünen-Fraktionssprecher Hans Kohl unterstrich: „Keine Kommune wird sich so ein System dauerhaft leisten können.“ CSU-Fraktionssprecher Josef Bierling sieht es so: „Wir wollen einen ÖPNV, aber einen, der finanziell darstellbar ist, wenn die Fördermittel weggefallen sind.“ Phillip Zoepf, Fraktionssprecher von Mehr Bewegen, stellte fest, dass „Räuberpistolen“ durch den Ort gingen. Es stimme zum Beispiel nicht, dass die Testphase fünf Jahre betrage. Vielmehr waren es zwei, 2022 wurde um zwölf Monate verlängert.
Die fünf Fraktionen halten es für dringend nötig, die Fahrgastzahlen zu erhöhen, die Betriebs- und Fahrtkosten zu senken sowie zielgruppengenauere Angebote zu schaffen. Mehr Bewegen, Freie Wähler, CSU, Grüne und SPD haben eine öffentliche Sondersitzung des Gemeinderats für Dienstag, 21. März, beantragt. Sie schlagen für einen definierten Murnauer Kernort eine Ortsbuslinie vor, die im Ringsystem mit Kleinbussen fährt. Die Eckpunkte: Start möglichst am 1. Juli, Taktung angepasst an den Zugfahrplan mit Stopp am Bahnhof, Haltestellensystem auf Basis vorliegender Daten, Nutzung bestehender Haltestellen wie etwa vom RVO, Taktung mindestens alle 60 Minuten. Zudem solle die Verwaltung prüfen, inwieweit mit weiteren Bausteinen (etwa Taxis) die Randgebiete abgedeckt werden können. Auch Taxigutscheine schweben den fünf Fraktionen vor. Wie Rathaus-Geschäftsleiterin Kreszentia Oppenrieder mitteilte, wird es eine Sondersitzung geben. Ob am 21. März oder später, sei aber noch unklar.
Kreistagssitzung als „Meilenstein“
Nach den Worten von Rathaussprecherin Annika Röttinger stellen bei der Entwicklung einer ÖPNV-Vision für Murnau die übergeordneten Pläne des Landkreises Garmisch-Partenkirchen und der Bayerischen Staatsregierung einen wesentlichen Aspekt dar. „Nur wenn alle Planungen schlüssig ineinander greifen, kann am Ende ein attraktives Angebot im ÖPNV entstehen.“ Daher sei für den Markt Murnau ein wichtiger Meilenstein für die weitere Vorgehensweise die Beratung im Kreistag im Dezember 2022 gewesen. Damals wurde ein On-Demand-Verkehr fürs Blaue Land beschlossen. Die Kommune sei noch vorher tätig geworden und habe einen Workshop mit dem Marktgemeinderat abgehalten. „So konnte in Murnau im Vorfeld zu einem möglichen Beschluss im Kreistag bereits eruiert werden, welche Konzepte für Murnau realistisch sind und worin der Bedarf besteht. Ohne den Beschluss des Kreistags im Dezember konnte allerdings kein Konzept fertig erarbeitet werden, da alle diese Faktoren zusammenhängen.“
Bürgermeister Rolf Beuting (ÖDP/Bürgerforum) bestreitet übrigens, dass es keine Datengrundlage vor der Ratsentscheidung über die Verlängerung des Ortsbusses gegeben habe. Im Vorfeld „lagen die Informationen aus den Workshops zu den verschiedenen ÖPNV-Möglichkeiten vor. Eine fundierte Entscheidung des Marktgemeinderates war daher möglich.“ Zudem sehe er das ÖPNV-Konzept „als lebendigen Prozess, in dem Beratungen sicherlich auch weiterhin fortgeführt werden sollten“.
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