Ibiza-Video-Macher tauchte in Murnau unter - Er erinnert sich an „exzellenten Eissalon“

Es war ein Skandal, der die Republik Österreich erschütterte. Vor ziemlich genau vier Jahren wurde das sogenannte Ibiza-Video publiziert. Jetzt kam heraus: Julian Hessenthaler, der das Video drehte, tauchte in Murnau unter, als die Affäre hochkochte.
Murnau – Seit kurzem ist Julian Hessentaler wieder frei. Der 43-Jährige saß wegen Drogenhandels im Gefängnis. Wobei der Privatdetektiv betont, nicht das getan zu haben, wofür er verurteilt wurde. Er sieht es so: Er sei stellvertretend für das bestraft worden, wofür man ihn nicht belangen konnte: das Ibiza-Video. Die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel hatten den Mitschnitt Mitte Mai 2019 veröffentlicht und umfangreich darüber berichtet. Die Aufnahmen wurden heimlich gedreht und zeigten ein Treffen der FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus mit einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen in einer Villa auf der spanischen Insel Ibiza. Es war ein Abend wenige Monate vor der Nationalratswahl 2017. Strache, der in eine Falle tappte, schwadronierte nicht nur über eine gelenkte Medienlandschaft wie in Ungarn. Es geht bei dem Treffen auch um fragwürdige Deals, mutmaßlich illegale Parteispenden und darum, die auflagenstarke Kronen-Zeitung politisch auf Straches Linie zu bringen.
Wie sich jetzt herausstellte, saß Hessenthaler, als das Ibiza-Video publik wurde, in Murnau. Von dort verfolgte er, wie das von ihm ausgelöste Beben Österreich in seinen Grundfesten erschütterte und sein Projekt weltweit Schlagzeilen machte. Strache trat als Vizekanzler und Parteichef zurück, die Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbrach.
Untergetaucht in Ferienwohnung
Wieso quartierte er sich ausgerechnet in Murnau ein, als die Affäre ins Rollen kam? „Ein befreundeter Anwalt aus München hatte einen Mandanten, der in Murnau eine Ferienwohnung vermietet“, sagt Hessenthaler. „Ich war für circa zwölf Tage in Murnau und habe mich primär mit dem Fallout der Veröffentlichung beschäftigt, aber auch die Zeit gehabt, am Seeufer mehrfach entlangzuspazieren oder in den umliegenden Wäldern.“ Er erinnert sich zudem an einen „exzellenten Eissalon“.
Bereits Monate vorher hatte er einen Urlaub in Spanien gebucht. Daher flog er nach eigenen Angaben planmäßig am 31. Mai 2019 von München ab. Bald wurde aber Hessenthalers Identität bekannt. Der Mann tauchte ab, irgendwann kamen Drogenvorwürfe auf. Er wurde in Berlin ausfindig gemacht und an die österreichischen Behörden ausgeliefert. Der Fall mit dem angeblichen Drogenhandel ist für ihn nicht abgeschlossen. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte läuft.
Hessenthaler, der unfreiwillig zu einer öffentlichen Figur geworden ist, tritt in letzter Zeit häufig auf. Er lässt sich in ausverkauften Veranstaltungen, von Zeitungen und vom Fernsehen interviewen, ist präsent. An Murnau habe er „gute Erinnerungen“, erzählt der Österreicher, der mittlerweile für eine Immobilientreuhänderin arbeitet. Dabei denkt er neben der Eisdiele „an eine kleine Bäckerei, die auch feiertags geöffnet hatte und wo ich mich regelmäßig mit Brezeln eindeckte“.
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