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„Wollen den Schalter umlegen“: Klinik Oberammergau startet im Sommer mit Mobilitätskonzept

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Von: Andreas Mayr

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ein Mann tankt ein E-Auto
Rein mit dem Strom: Klinikdirektor Robert Tauber tankt eins der beiden E-Fahrzeuge auf.  © Mayr

Die Zeit ist reif für die Revolution: Der größte Arbeitgeber im Ammertal schlägt einen neuen Kurs ein - zur Entlastung des Verkehrsaufkommens und somit für den Klimaschutz.

Oberammergau – Es ist zwar nur eine Gedanken-Jonglage von Robert Tauber, aber eine mit Wirkung. Der Krankenhausdirektor hat sich die Mühe gemacht und ausgerechnet, wie viele Kilometer seine Mitarbeiter und Patienten mit dem Auto zurücklegen. Mit ein paar mathematischen Kniffen kommt Tauber auf eine gigantische Zahl: Im vergangenen Jahr haben seine 360 Mitarbeiter und 10.000 Patienten auf ihrem Weg zur Klinik Oberammergau etwa 20 Mal die Erde umrundet.

Müßig zu erwähnen, dass meist nur eine Person im Wagen saß und das „ökologisch ziemlich ungünstig“ ist, wie er festhält. Sie hätten diesen Datensatz hinnehmen können, als Evolution des Individualverkehrs, als den Luxus, den sich eine Wohlstandsgesellschaft eben gönnt. Doch wie Tauber vor zwei Jahren, 2019, diesen Infoabend in Oberammergau verließ, wo man über E-Mobilität sprach, wusste er: Man muss etwas verändern.

Alexander Dobrindt lässt sich Präsentation nicht entgehen

Jetzt, im Sommer 2021, startet für die Einrichtung ein neuer Abschnitt in Sachen Verkehr. „Mobilität neu gedacht“, nennt es die Waldburg-Zeil-Klinik, die passenderweise 50-jähriges Bestehen feiert. Ein bisschen Aufbruch zum Geburtstag schadet nicht. Dieser große Plan, der Patienten wie Mitarbeiter umerziehen soll, lockte selbst Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU im Bundestag, an. Wobei man sich nicht sicher sein konnte, ob er tatsächlich nur wegen der Elektromobilität ins Ammertal fuhr oder doch eher, weil längst die Wahlkampfsaison begonnen hat. Jedenfalls erzählte der Bundestagsabgeordnete der Region von den E-Scootern, den elektrischen Rollern, die in Berlin „mein Haupt-Fortbewegungsmittel“ sind. Besonders interessierte sich Dobrindt für die mit Strom betriebene Karts, von denen man eines symbolisch in die Turnhalle geschafft hatte. Sein Mitarbeiter saß Probe. Blöd nur, dass der Flitzer nicht fuhr. Der klassische Vorführeffekt zum Start.

ein Mann sitzt auf einem E-Kart
Sitzt Probe: Dobrindts Mitarbeiter Johann Bertl auf einem der mit Strom betriebenen Karts.  © Mayr

Was passiert nun in der Klinik, das sogar einen früheren Bundesminister dazu bewegt, von einem „großartigen innovativen Weg“ zu sprechen? Die Oberammergauer versuchen, den Verkehr zum und vom Hospital weg umzukrempeln. Auf dem Parkplatz stehen zwei Elektroautos, die man sich jederzeit leihen kann. Tauber denkt vor allem an Patienten, die neben ihrer Behandlung die Gegend erkunden wollen und sollen. Sechs Ladesäulen versorgen die E-Wagen aller Angestellten und Gäste. Für Mitarbeiter hat der größte Arbeitgeber im Ammertal eine App programmieren lassen, die die gemeinsame An- und Abreise koordiniert. „Wir wollen die alten Fahrgemeinschaften wieder aufleben lassen“, sagt der Klinikdirektor.

100 Prozent Öko-Strom aus Wasserkraft

Für kurze Verbindungen, aber auch für Krankentransporte soll es zudem bald einen Bus geben, der mit Strom fährt. Außerdem tüfteln die Verantwortlichen an einem System für elektronische Fahrräder. „Das Fahrrad ist für einen Arbeitsweg von bis zu zehn Kilometern das beste Verkehrsmittel“, betont Tauber. Inspiriert hat ihn der Stadtstaat Singapur mit seiner „perfekten Infrastruktur für öffentlichen Nahverkehr“. Alleine im Auto zu sitzen, ist dort bereits Luxusgut, das „extrem Kosten“ verursacht.

Den Strom, und deshalb glänzt der Ansatz mit doppelter Nachhaltigkeit, produziert die Ammer-Loisach GmbH, an der sich zehn Landkreisgemeinden als Gesellschafter beteiligen. „100 Prozent Ökostrom aus Wasserkraft“, garantiert Daniel Inkofer, der das Projekt für Energie Südbayern (ebenfalls Gesellschafter) betreut. Sein Chef Jürgen Hitz warb mit Fahrspaß im E-Auto. „Das ist ein Erlebnis, das sind tolle, geile Autos.“ Man wolle im Kleinen „den Schalter umlegen“, sagt Tauber.

Vielleicht geht irgendwann dann auch Landrat Anton Speers (Freie Wähler) Wunsch in Erfüllung. „Mein Ziel ist, dass der Bürgermeister Imminger mit dem E-Bike zur Kreistagssitzung kommt.“ Der Oberauer konterte: „Aber nur wenn ich dich auf der Strecke treffe.“ Der Weg zur klimafreundlichen Mobilität ist eben einer der kleinen Puzzlestücke.

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