Daheim im Wohlfühl-Stall

Ludwig Wilhelm aus Altenau sind seine Bergschafe was wert. Der Nebenerwerbslandwirt baute seinen Tieren nun eine Behausung mit Vorbildcharakter.
Altenau – Wie auf rohen Eiern stackelt „Seppi“ auf seinen dünnen Beinchen herum, macht die ersten Gehversuche. Mama „Irmi“ lässt ihn nicht aus den Augen. Nur einmal weicht ihr Blick ab. Als sich ein Kerl nähert, um nach dem Neugeborenen zu schauen. Alarmstufe rot. Irmi setzt den „Ich-warn-dich-Blick“ auf und blökt. Aber nur kurz. Sie erkennt den Mann. Es ist Ludwig Wilhelm – ihr Eigentümer, Vermieter und Ernährer. Und so etwas wie der Schutzherr von Irmis Artgenossen.
Der Altenauer hält Braune, Weiße und Schwarze Bergschafe, die zu den vom Aussterben bedrohten heimischen Haustierrassen zählen. Um rund 30 Mutterschafe und 40 Lämmer kümmern sich er und seine Familie derzeit. „Alle helfen zusammen“, sagt der 47-Jährige. Deshalb nennt er seinen Nebenerwerb auch ganz allgemein Schafzuchtbetrieb Wilhelm.
Seit über 60 Jahren bewirtschaftet die Familie den zehn Hektar großen Nebenerwerbs-Betrieb. „Nach biologischen Grundsätzen“, ergänzt Wilhelm. Er ist reingewachsen in das Metier, unterstützte seinen Vater Ludwig bei der Arbeit. „Der war immer schon viech-fanatisch“, bescheinigt ihm sein Sohn und lacht.
Die Leidenschaft hat der Junior geerbt. Dafür scheut er keine Mühen. Wilhelm beschloss, einen neuen Stadl für die Tiere zu bauen. „Der alte war nicht mehr zeitgemäß“, sagt er. Der Ammertaler suchte eine geeignete Fläche, fand sie in unmittelbarer Ortsnähe und kaufte das Areal. Im November 2016 erhielt er die Baugenehmigung, im darauffolgenden März starteten die Arbeiten unweit der Kiesgrube. Gewerkelt haben nur einheimische Betriebe. Sie errichten nach ökologischen, tiergesundheitlichen Richtlinien einen Außenklima-Laufstall mit Tiefeneinstreu – insgesamt 250 Quadratmeter groß, mit 160 Quadratmetern Stallflächen, einer kleinen Stubn mit Spüle und einem Lagerraum für Geräte und Fahrzeuge. Anders als früher gibt’s jetzt auch Selbsttränker und fließend Wasser. „Es ist eine immense Arbeitserleichterung“, sagt Wilhelm, für den der Betrieb als Ausgleich zum Beruf dient. Der 47-Jährige ist als selbstständiger Ingenieur im Automobilbereich tätig. Bei seinen Bergschafen kann er abschalten und sich auf sie konzentrieren.
Seit September wohnen die Tiere in ihrem neuen Domizil. Zumindest den Winter über. Wilhelm passt die Haltung den geographischen Voraussetzungen an. Im Frühjahr und Herbst kommen Irmi und Co. auf saftige Koppelweiden, im Sommer auf die Ammertaler Wiesmahdhänge bei Unterammergau.
Um Erträge zu generieren, verkauft der 47-Jährige die landwirtschaftlichen Erzeugnisse – „ausschließlich über regionale Direktvermarktung“, sagt er. Angeboten werden Lammfelle und Schafwolle. Das Fleisch möchte Wilhelm unter dem Namen „Altenauer Berglamm“ vertreiben.
Obwohl das erste Ziel bereits erreicht ist, schwebt ihm schon das nächste vor. Der Ammertaler würde gerne auf die ökologische Wirtschaftsweise „Biobetrieb“ umstellen. Für einen Ausgleich zur Arbeit verfolgt Wilhelm sein Projekt mit Vehemenz – eben aus der Leidenschaft geboren.