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Wallgauer Kirchenböbl kein Baudenkmal

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Von: Christof Schnürer

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Unübersehbar: Der Kirchenböbl flankiert seit jeher den Dorfplatz. Auch wenn das einstige Bauernhaus schon uralt ist, einen besonderen Schutz genießt es nicht.
Unübersehbar: Der Kirchenböbl flankiert seit jeher den Dorfplatz. Auch wenn das einstige Bauernhaus schon uralt ist, einen besonderen Schutz genießt es nicht. © Thomas Sehr

Der Kirchenböbl bleibt in Wallgau scheinbar eine Glaubensfrage. Die einen sehen in ihm ein Dorfjuwel, die anderen mehr eine Bruchbude. Bei allem Hin und Her hat die Gemeinde eines jetzt schriftlich: Das alte Gemäuer ist nicht schützenswert.

Wallgau – Der Kirchenböbl ist kein Baudenkmal. Zu dieser Erkenntnis kommt Dr. Detlef Knipping. Der Mann weiß, wovon er spricht. Der promovierte Kunsthistoriker arbeitet beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. In seiner Funktion als Hauptkonservator hebt und senkt er bei zumeist in die Jahre gekommenen Immobilien regelmäßig seinen Daumen.

Alles eine Frage der Betrachtungsweise, denn nicht immer herrscht grenzenloser Jubel, wenn er antik wirkende Bauwerke unter Schutz stellt. Beim Kirchenböbl musste er bei seiner Expertise nicht lange überlegen. „Der im Zentrum Wallgaus liegende ehemalige Bauernhof hat durch die Umbauten und Erneuerungen des 20. Jahrhunderts in beträchtlichen Umfang an Zeugniswert verloren“, stellt Knipping in seinem Schreiben an die Gemeinde und das Landratsamt fest. Eine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung im Sinne von Artikel 1, Absatz 1, Bayerisches Denkmalschutzgesetz sei nicht erkennbar. „Denkmaleigenschaft besteht daher nicht.“

Diese Zeilen verlas Bürgermeister Bastian Eiter (Wählerverein) nun im Gemeinderat. Er hatte bewusst diesen öffentlichen Rahmen gewählt, damit jeder im Ort weiß, dass der Kirchenböbl zwar alt, aber eben nicht das Dorfjuwel ist, als das es in bestimmten Kreisen dargestellt wird. Da gibt es beispielsweise die Brüder Franz-Martin und Hubertus Leismüller, die schon vor sechs Jahren für dieses Anwesen auf dem Dorfplatz gekämpft haben (wir berichteten). Verschwindet der Kirchenböbl, stirbt ein Stück Wallgauer Ortsgeschichte, argumentierten die zwei, als der Abriss des Gebäudes unmittelbar bevorzustehen schien. Zumal es eine lange Historie hat – egal ob als Lex’n-Haus oder zum Schleiferbauern (19. Jahrhundert). Aufgrund der Finzkugeln in den Grundmauern kam Franz-Martin Leismüller seinerzeit sogar zu einem anderen Schluss: „Das bedeutet, dass das Anwesen sicherlich auf das 15. Jahrhundert zurückgeht.“ Der Abriss dieses altehrwürdigen Gemäuers war für ihn zumindest im Juni 2017 gegenüber dem Tagblatt „eine unwiederbringliche Auslöschung Wallgauer Geschichte“ – ein Sakrileg.

Als Kirchenböbl-Befürworter hatten sich damals im Gemeinderat auch Karlheinz Schwaiger, Bernhard Wilde (Wählerverein) und Hans Baur (Junge Mitarbeiter) positioniert. Der Kirchenböbl war immer schon eine regelrechte Glaubensfrage.

Doch wie bekamen die bayerischen Denkmalschützer überhaupt Wind von der Sache? Dr. Knipping gibt in seiner Stellungnahme gleich die Antwort: „Angeregt durch Dritte erfolgte am 10. November 2022 die Besichtigung des ehemaligen Bauernhofs.“ Ein Ortstermin bei dem auch der Bürgermeister, der sich bekanntermaßen nicht in den Kirchenböbl-Freundeskreis einreiht, mit von der Partie war. Nach dem Verlesen der Knipping-Denkschrift sagte Eiter kurz und trocken: „Vielleicht probiert es der Dritte jetzt nicht noch einmal.“ Denn einen solchen Hinweis an die bayerischen Denkmalschützer soll es bereits in der Ära von Bürgermeister Rudolf Hirtreiter (1990 bis 2002) gegeben haben.

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