Die Idee zum Film hatte Landsbergs Filmforum-Leiter Kurt Tykwer. Produzent ist Wolfgang Hauck von dieKunstBauStelle. Und derjenige, der Kamera, Schnitt, Buch und Regie unter seine Fittiche genommen hat, ist Robert Fischer, der schon 2014 mit seinem Hubert-von-Herkomer-Herkomer-Film „Auf eigenen Schwingen“ die Kultur Landsbergs dokumentierte. Fischer, 1954 im nordrhein-westfälischen Greven geboren, drehte in den 1970ern seinen ersten Film, den ersten Dokumentarfilm 1999. In der Landeshauptstadt war Fischer 25 Jahre lang beim Filmfest München dabei – von wo aus er sein Augenmerk auch auf Landsberg richtete.
„Das Arturo-Projekt“ geht chronologisch vor. Die Mischung aus Musical, Zirkus und Drama hatte zwei Jahre vor den Aufführungen in Landsberg im Theater Wasserburg Premiere – ein Theater, das als Amateurbühne anfing, inzwischen aber zum inoffiziellen Stadttheater Wasserburgs geworden ist. Intendant Uwe Bertram fasste Brecht ins Auge, mit der Absicht zur „deutlichen politischen Äußerung“, wie Bertram im Film sagt. Brechts „Arturo Ui“ sieht er als „eine Aufzeichnung der Mechanismen der Entstehung des Faschismus“. Und somit als wichtige Aussage in der Gegenwart.
Wegweisend für das Crossover-Projekt ist Bertrams erstes Treffen mit dem Circus Boldini – Bertram spricht von „Schockverliebung“. Wobei der Wasserburger Theaterleiter bereits bei zwei früheren Produktionen – „Alice“ und „The Black Rider“ – Zirkuselemente einbaute. Schließlich holte sich Bertram noch die Stelzer ins Boot: „Ich wollte schon immer was mit den Stelzern machen“ – weshalb auch Hauck und Peter Pruchniewitz, der den Wasserburger Schaustellern das Spiel auf Stelzen beibrachte, in Fischers Film zu Wort kommen.
Der Regisseur widmet sich natürlich auch der ‚Theater-Band‘: eine „Dreamband“, die sich der musikalische Leiter Georg Karger bereits für „The Black Rider“ zusammengestellt hatte: „Theater ist Futter für die Neugier des Komponisten“. Als einer dieser Neugierigen ist auch Pit Holzapfel mit von der Partie.
Weiter geht es zur Wasserburger Premiere. Noch mit den zwei Kamelen, die bei der Premiere in Landsberg wegen einer Panne des Transporter nicht dabei sein konnten – weshalb Arturos Scherge Roma deren ‚Rolle‘ mit zusätzlich humoristischem Effekt übernimmt. Nach Wasserburg will das Theater in München spielen, in Augsburg oder auch Dachau. „Aber Landsberg ist genauso geschichtsträchtig“, sagt Hauck – und holt so die Produktion auf die Waitzinger Wiese. Vor dem Revival auf Stelzen nach einem Jahr Spielpause hatten die Schausoleier Respekt. Letztendlich sei das Stelzen aber wie Fahrradfahren: Man verlernt es nicht.
Natürlich dokumentiert das „Arturo-Projekt“ die Probleme dieser experimentierfreudigen Schauspielproduktion: Ein Ensemblemitglied leidet unter Höhenangst – und dann auf Stelzen? Ein Schauspieler muss wegen der Erkrankung der Originalbesetzung einspringen. Und hat beträchliches Muffensausen vor der Aufgabe – weshalb er auf ‚Malerstelzen‘ mit zwei Standbeinen spielen darf. Aber nicht nur diese Probleme im Stück werden thematisiert. Auch das ‚große Anderssein‘, die Unterschiede der Genres Schauspiel und Zirkus erläutert Regisseur Fischer in Wort und Bild. Eine Frau aus der Zirkusfamilie Frank erzählt, wie fremd es für sie am Anfang ist, statt dem normalerweise geforderten Lächeln ernst oder traurig zu wirken. Und Zirkusleiter Philipp Frank war zu Beginn des Crossover-Projektes wohl eher skeptisch: „Ich habe nicht erwartet, dass das so erfolgreich wird“ zieht er im Film Bilanz. „Und ich habe auch nicht erwartet, dass es mir persönlich so gut gefällt.“
Die Aufführungen in Landsberg begeisterten. Gibt es eine Fortsetzung? Hauck spricht im Film von einer „weiteren Wiederaufnahme“. Vielleicht spiele man ja kommendes Jahr wieder, hofft eine Artistin. Auch Bertram ist optimistisch: „Das Projekt ist noch nicht begraben. Wir schauen mal.“ Wie auch immer, das Projekt ist jetzt zumindest im Film verewigt. Vielleicht klappt die Wiederaufnahme. Vielleicht sogar mit Kamelen.