„Die Geschichte ist kein Entwicklungsroman an dessen Ende eine veränderte Hauptfigur steht“, erklärt Regisseur Arkadij Khaet in der Diskussion nach der Vorführung. Der Film zeigt auch nicht die Suche nach Identität eines jungen Juden, wie so oft zu hören ist. Im Gegenteil. Khaets These ist, dass die Frage nach jüdischer Identität ständig an Juden von Außen herangetragen wird: vom jüdischen Großvater, der sich so sehr eine Jüdin für seinen Enkel wünscht, von Frau Jachthuber, die als Lehrerin vor allem professionelle Betroffenheit vermittelt, vom Direktor des Gymnasium, der Dima vergeblich bittet, Tobi doch die Hand zur Versöhnung zu reichen, vom Vertreter eines AfD-Standes, der Dimas Großvater genau erläutern möchte, was seine Partei für die Juden tun kann. Der 31-jährige aus Moldawien stammende Regisseur hat bewusst – auch das ein Ergebnis des Filmgesprächs – diese Archetypen eingebaut.
Den Titel „Masel Tov Cocktail“, erfahren die Zuschauer, haben Regisseur Kheat und seine Freundin, Merle Kirchhoff, mit der er das Drehbuch geschrieben hat, aus drei Gründen gewählt. Erstens um zu zeigen, dass deutsche Worte wie „Masel“ – was Glück bedeutet – aus dem Jiddischen stammen. Wir also ein jüdisches Erbe haben, dessen wir uns nicht unbedingt bewusst sind. Zweitens, dass das auf vielen Festivals preisgekrönte Werk ein ‚Cocktail‘ aus diversen Elementen ist. So wechselt der Film auf Schwarz-Weiß, wenn der Begriff „Jude“ fällt. Auch spricht der Darsteller Dima durch die Kamera direkt mit dem Betrachter. Er verlässt damit die Erzählebene. Und drittens, dass „to throw a Masel Tov Cocktail“ im Amerikanischen soviel heißt, wie sich als Jude zu outen.
Der Film ist im dritten Studienjahr des Regisseurs an der Filmakademie Baden-Württemberg entstanden und mit 20.000 Euro eine Low-Budget-Produktion. Aber hier gilt das Wort, das häufig unangebracht verwendet wird: Wer „Masel Tov Cocktail“ nicht gesehen hat, hat etwas versäumt. Das Publikum bedankte sich mit begeistertem Applaus bei Triebel und ihrer Parteikollegin Sanne Kurz für diese ungewöhnliche Einführung in das Judentum in Deutschland.