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Um Wirte in der Coronakrise zu unterstützen: Ayinger Brauerei verzichtet auf Pacht

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Von: Josef Ametsbichler

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Franz Inselkammer,Inhaber der Brauerei Aying,erlässt seinen Wirten die Pacht. © privat

Die Coronakrise trifft Ladenbesitzer und Wirte hart. Sie hoffen jetzt auf die Kulanz der Eigentümer. Die Brauerei Aying will mit gutem Beispiel vorangehen und erlässt ihren Wirten die Pacht.

Landkreis – Nach 35 Jahren als Pächterin des „Phönix“ in Taufkirchen hört Lydia Stagias Ende Juni auf. Doch nun, in Zeiten des Coronavirus, blüht der Wirtin kurz vor der Rente die Pleite. „Bis 15 Uhr, das hilft mir nichts“, sagt sie über die eingeschränkten Öffnungszeiten. Die Gäste bleiben daheim; Stammkunden aus den umliegenden Betrieben haben sich ins Homeoffice verabschiedet. Ihren einzigen Mitarbeiter musste Stagias schon in Kurzarbeit schicken. Ihr Lokal hat sie zugesperrt, das ist billiger, als für ein, zwei Gäste am Tag aufzumachen. Aber die laufenden Kosten laufen weiter.

So wie dem „Phönix“ geht es derzeit vielen Gaststätten und Läden im Landkreis München. Die restriktiven Sperrzeiten, Abstandsregeln und Hygieneempfehlungen zum Kampf gegen die Ausbreitung des Erregers SARS-Cov-2 lassen, wenn sie nicht ohnehin zusperren, das Geschäft wegbrechen – was bleibt sind die Kosten. Pacht, Mitarbeiter, und was sonst alles anfällt.

Franz Inselkammer: „Jeden Tag kommen Wirte zu uns, die uns ihr Leid klagen.“

Hilfe für ihre Pächter verspricht daher die Brauerei Aying. Der Chef, Franz Inselkammer, sagt: „Jeden Tag kommen Wirte zu uns, die uns ihr Leid klagen.“ Die Brauerei erlässt daher laut Inselkammer allen ihren Pächtern die gesamte Pacht für den April. Keine Stundung, sondern Totalverzicht. Auch offene Forderungen, Zinsen und Tilgungszahlungen treibe man derzeit nicht ein, erklärt der Chef. Und für das abgenommene Bier, das nun nicht ausgeschenkt werden könne, finde sich ein Ausgleich, wenn der Betrieb wieder weitergehe.

Damit übererfüllt die Brauerei eine Bitte des Handelsverbandes Bayern um Kulanz beim Eintreiben von Ladenmieten. „Es ist eine besondere Situation“, betonte ein Sprecher am Dienstag gegenüber der dpa. Gerade kleinen, inhabergeführten Betrieben stehe das Wasser jetzt schon bis zum Hals. „Wenn wirklich so viele Geschäfte aufgeben müssen, dann können wir die Planierraupen für die Innenstädte bestellen“, warnt der Sprecher.

Lesen Sie auch: Das Oktoberfest 2020 wurde Coronavirus-bedingt abgesagt. Toni Roiderers Hacker-Zelt auf der Wiesn wird es also heuer nicht geben. Der Wirt nimmt‘s mit Fassung.

Verband rät, zuverlässigen Vermietern und Pächtern entgegenzukommen

Die Brauereidynastie Inselkammer sind nicht die einzigen Vermieter, die auf die Ausnahmesituation für ihre Pächter und die ganze Gesellschaft reagieren. Der Eigentümerverband „Haus und Grund Bayern“, vertritt vor allem private Immobilienbesitzer mit einer geringen Zahl Objekten und unterhält Ortsvereine in Unterhaching, München und dem Umland. Der Verband rät dazu, zuverlässigen Mietern und Pächtern entgegenzukommen, beispielsweise per Stundung oder Ratenzahlung. Vorstand Ulrike Kirchhoff mahnt aber auch: „Kleinere Vermieter leben oft von der Miete.“ Die Situation sei für alle Beteiligten neu, bekennt Haus und Grund. Vermieter und Mieter müssten in diesen Zeiten zusammenstehen und kooperieren.

„Auf keinen Fall sollten Mieter die Mietzahlung unkommentiert aussetzen“, rät der Verband. Denn rechtlich gesehen, sei eine Gewerbeimmobilie grundsätzlich „mangelfrei“, auch wenn eine Behörde aufgrund der aktuellen Krise den Laden zusperre, sodass „eine Mietminderung oder ein Aussetzen der Miete nicht in Betracht“ komme.

Immobilien-Großeigentümer im Landkreis zögern

Offenbar haben die Vermieter also das Recht auf ihrer Seite. Während Bund und Freistaat milliardenschwere Rettungsschirme aufspannen und finanzielle Soforthilfen aus Steuermitteln versprechen, scheinen Immobilien-Großeigentümer im Landkreis München noch zu zögern. Anfragen des Münchner Merkur bei Eigentümern ganzer Ladenzeilen bleiben unbeantwortet.

So wie im Falle der Rock Capital Group, die Immobilien im Landkreis und der Stadt München hält und zu den Schwergewichten auf dem hiesigen Markt gehört. Ob das Unternehmen seinen Pächtern entgegenkommen wird, ist nicht in Erfahrung zu bringen. Auf wiederholte Anfrage der Redaktion hüllte sich die Geschäftsführung am Dienstag und Mittwoch in Schweigen.

Auch das Phönix in Taufkirchen ist in einer Rock-Capital-Immobilie untergebracht. Laut Wirtin Lydia Stagias gibt ihr Verpächter, die Paulaner-Brauerei, den von der Investment aufgerufenen Pachtzins eins zu eins an sie weiter. Damit steht sie nun zwischen den Stühlen, denn gehört hat sie von beiden Unternehmen noch nichts. Dem Vernehmen nach beriet auch die Paulaner-Brauerei am Mittwoch, wie sie in dieser Krisenzeit mit ihren Wirten umgehen soll.

Paulaner will für alle Pächter individuelle Lösungen finden

Eine Blaupause wie bei Ayinger gebe es aber bei Paulaner nicht, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Das liege daran, dass die Pächter und Pachtverhältnisse in Art und Umfang höchst unterschiedlich seien. „Wir versuchen, alle Wirte mit Rat und Informationen zu versorgen“, sagte eine Sprecherin gestern auf Anfrage. Und: „Wir suchen für jeden Pächter individuelle Lösungen.“

Wie ergeht es Ihnen? Schreiben Sie uns

Geschäftsleute mit Ladengeschäften oder Gaststätten stehen zurzeit vor existenziellen Fragen. Worauf hoffen Sie? Wer oder was kann Ihnen in der Coronakrise helfen? Wir berichten. Die Redaktion ist unter lk-sued@merkur.de per E-Mail erreichbar.

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