Die Bürger als Sieger: Podiumsdiskussion in Aying vor vollem Haus

Die Bürgermeisterkandidaten in Aying debattieren im Vorfeld der Kommunalwahl - und überzeugen besonders durch den Umgang miteinander.
Aying – Eine bezeichnende Szene dafür, wie in Aying Kommunalwahlkampf funktioniert, spielte sich am Rande der Podiumsdiskussion der Bürgermeisterkandidaten ab – bevor diese am Mittwochabend überhaupt begonnen hatte. Rund 180 Besucher quetschten sich im gerammelt vollen Bürgersaal auf den letzten Stehplätzen zusammen, als draußen auf dem Flur CSU-Kandidat Peter Wagner seinen Kontrahenten Erich Leiter von der SPD anstupste. „Das werden wir schon rumbringen“, sprach er seinem Gegner und sich selbst Mut zu.
Guter Umgang, viele Gemeinsamkeiten
Die fünf Kandidatinnen und Kandidaten um die Nachfolge von Rathaus-Urgestein Hans Eichler (PWH) taten sich mit sorgsamem Umgang miteinander und vielen Gemeinsamkeiten hervor; sei es bei der Bewahrung der dörflichen Struktur in der 5500-Einwohner-Gemeinde oder beim Kampf gegen klappernde Gullideckel. Manches Mal begann, wer als letztes von Moderator und Aying-Reporter des Münchner Merkur Wolfgang Rotzsche das Wort erteilt bekam, mit: „Eigentlich ist schon alles gesagt...“
*der Livestream für den Münchner Merkur wurde freundlicherweise von Martin Prankl aus Aying umgesetzt.
Unterschiede gab es aber auch. Einen gemeinsamen Konter seiner Mitbewerber fing sich Hermann Oswald (PWH) ein. Dass es in Aying so viele einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse und so wenig Diskussion gebe, liege an der guten Vorarbeit aus der Verwaltung. Dann noch groß zu debattieren oder gar mit Nein zu stimmen, befand Oswald für unnötig. „Weil es der gesunde Menschenverstand verbietet.“ Christine Squarra von den Grünen wünschte sich prompt mehr Diskurs im Gremium – und versprach auch, dafür zu sorgen.
Neue Debattenkultur?
Die parteilose Einzelkämpferin Carla Spindler riskierte beim Thema Debattenkultur einen milden Seitenhieb auf den scheidenden Amtsinhaber Eichler. Mit ihr als Bürgermeisterin werde im Rat transparenter entschieden. „Kommunikation ist eine weibliche Stärke“, so Spindler. Sie gab sich ernst und überlegt, verteidigte ihr Engagement für einen Bürgerentscheid, der 2018 ein Wasserstoffprojekt in der Gemeinde gekippt hatte. Und Spindler versprach, den Satz „Das geht nicht“ aus dem Bürgermeistervokabular zu streichen. „Es geht sehr viel mehr“, sagte sie.
Grünen-Kandidatin Squarra legte ihren Schwerpunkt nicht nur auf ihr „persönliches Herzensthema“ Klimaschutz. Als alleinerziehende Mutter sei sie auf das Betreuungsangebot der Gemeinde angewiesen gewesen. Die Kinderbetreuung sei daher eins der ersten Themen, um die sie sich als Bürgermeisterin kümmern wolle. Squarra punkte mit ihrer Sachkenntnis als Gemeinderätin.
Idee eines Handwerkerhofs
Genau wie ihr CSU-Kontrahent Peter Wagner, der viele Zahlen und Fakten aus dem Effeff beisteuern konnte. Wagner hob sich mit der Forderung ab, leer stehende landwirtschaftliche Gebäude in Wohnungen und Gewerbe umzubauen. Vor allem kam Wagner aber mit seinem spontan und authentisch wirkenden Auftreten beim Publikum an – eine Qualität, die er mit Erich Leiter von der SPD gemeinsam hatte, auch wenn es bei diesem rhetorisch manchmal ein wenig hakte. Leiter versprach: „Ich kann Umweltschutz und Landwirtschaft verbinden“ und warb besonders für die S-Bahn als Verkehrsmittel der Zukunft. Auffällig der Vorschlag des SPDlers, Gewerbe auf einem Handwerkerhof zu bündeln, damit diese voneinander profitieren können.
In ein ähnliches Horn stieß Hermann Oswald von der PWH, der sich gar einen schlanken Bürocampus „für das Gewerbe der Zukunft“ wünschte. Oswald hatte sich merklich vorgenommen, mit seiner Vita als Sänger, Blockheizkraftwerksbetreiber und Wasserversorgungsverbandschef zu punkten, was ihm durchaus auch gelang – das zeigte der Applaus aus dem Saal.
Sieger sind die Bürger

Den verteilte das Publikum an dem Diskussionsabend aber ohnehin großzügig an alle Kandidaten, die bemerkenswert fair und herzlich miteinander umgingen. Und es tunlichst nicht versäumten, die Ayinger Seele mit Bekenntnissen zur Heimat und zum Zusammenhalt zu streicheln. Als Sieger des Abends dürfen sich daher vor allem die Bürger fühlen. Die Kandidaten haben ihnen die Wahlentscheidung durch die Debatte vielleicht nicht leichter gemacht. Aber Angst vor Hans Eichlers Abschied braucht die Gemeinde nicht zu haben.
Die Kommunalwahl 2020 im Landkreis München bei merkur.de
Die Bürgermeisterkandidaten aller Gemeinden aus dem Landkreis München haben wir für Sie in unserem Überblicksartikel zu den Kommunalwahlen 2020 aufgelistet. Zudem können Sie sich in unserem Artikel zu den Landratswahlen über die dort antretenden Kandidaten informieren. Alle weiteren Hintergrundberichte finden sie auch auf unserer Themenseite zu den Kommunalwahlen 2020 im Landkreis München.