Johnson, Naomi John und Shabir Noori leben in der Asylunterkunft in Garching. Die Drei kommen aus unterschiedlichen Ländern: Johnson und John, 29, lebten bis zu ihrer Flucht in Nigeria. Noori, 20, stammt aus Afghanistan. Sie sind unterschiedlich alt, ihr Alltag ist verschieden. Was sie in während der globalen Krise verbunden hat? Ein Leben auf engsten Raum, ohne gute technische Ausrüstung, ohne Perspektive.
Shabir Noori wohnt mit seiner Familie im „Containerapartment“ - neun Menschen auf vier Zimmer verteilt. In so engen Wohnverhältnissen kann sich das Coronavirus besonders schnell ausbreiten, das zeigten Berichte über Ausbrüche in Sammelunterkünften.
Noori verlor in der Pandemie seine Ausbildungsstelle als Karosseriebauer. Der Handwerksmeister seiner alten Firma wurde krank, im September 2020 bekam er die Kündigung. Erst vier Monate war er in dem Unternehmen beschäftigt. Mittlerweile hat er einen neuen Ausbildungsplatz gefunden. Seine Probleme in der Krise endeten mit der Neuanstellung aber nicht.
Die Asylunterkunft besteht aus dem sogenannten „Containerhotel“ und den „Containerapartments“. Das Heim hat Platz für bis zu 144 Betten, teilte die Caritas mit. „Containerapartments“ sind kleine, eigenständige Wohnungen mit zwei Zimmern, Bad und Küche. Insgesamt haben die Apartments Platz für bis zu 48 Betten. Im „Containerhotel“ gibt es Zwei-Bett-Zimmer (mit eigener Nasszelle und Gemeinschaftsküche) sowie Vier-Bett-Zimmer (mit eigener Nasszelle und Küchenzeile). Letztere sind 30 bis 35 Quadratmeter groß, inklusive Nasszelle und Küchenzeile. Die Flüchtlingsunterkunft in Garching öffnete im Dezember 2015. Daneben gibt es dezentrale Wohnungen in Garching, das Landratsamt mietet sie an. Insgesamt leben in Garching rund 170 Geflüchtete, so die Caritas.
Auch der Berufsschüler wurde zu Hause unterrichtet, nur er verfolgte die Videokonferenzen nicht auf einem Laptop. Sondern auf seinem Smartphone. Über mehrere Monate. „Ich musste 22 Leute auf dem kleinen Handybildschirm angucken“, sagt Noori. Seit dem Ende der Pfingstferien kann er endlich wieder in die Berufsschule gehen.
Zumindest sein jüngerer Bruder bekam ein iPad gestellt. Seine Familie konnte es aber nicht bedienen. Zudem gebe es nur eine störanfällige WLAN-Verbindung. Über ihr Mobilfunknetz habe die Familie versucht, den jungen Schüler am Unterricht teilhaben zu lassen. „Letztendlich hat er nichts gemacht“, sagt Shabir Noori.
Nicht nur wegen der technischen Probleme ist er mit der Unterstützung vom Landratsamt unzufrieden, erzählt der Azubi. Als seine komplette Familie für rund fünf Tage in Quarantäne war, sei „niemand“ gekommen, um Nahrungsmittel zu bringen. Die Familie durfte die Unterkunft nicht verlassen.
An den Sicherheitskräften versuchte sich Noori in seiner Verzweiflung vorbeizuschleichen, erzählt er, um Lebensmittel zu kaufen. Doch die Sicherheitsleute schickten ihn zurück ins Zimmer.
Die Kreisverwaltung betreibt die Unterkunft in Garching. Sie dementiert Nooris Aussage: Wenn sich Bewohner mit dem Coronavirus infizieren, organisiere das Landratsamt einen Caterer für die Zeit der Quarantäne.
Doch über mangelnde Verpflegung, schlechte Ausstattung und zu kleinen Räumen beschweren sich auch Baliquis Johnson und die Zwillingsmutter Naomi John. An Homeschooling der Kinder und ihren Deutschunterricht war nicht zu denken, sagt Johnson. Das eine Kind hatte Fernunterricht, das zweite sah Fernsehen, ihr drittes Kind wollte schlafen – alle in einem Zimmer.
„Immer war es laut. Über Monate“, erzählt sie. Ein anderes Zimmer gab es für die Familie nicht. „Bei uns gab es während der Quarantäne immer Streit mit den Kindern. Es war der Horror“, erzählt John. Schlafen konnte sie wochenlang nur schlecht. Die Mutter betete für eine besser Zukunft.
Ständig Chaos und Verzweiflung – überschattet von der Unsicherheit über das Bleiberecht. Ob die Asylsuchenden dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen, ist nicht klar. Seit rund sechs Jahren leben sie schon in Garching. „Ich habe die Frage ständig im Hinterkopf“, sagt Baliquis Johnson: Kann ich bleiben? Sie weiß es auch heute nicht.
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