Trotz Klage und ungeklärter Atommüll-Lagerung: Forschungsreaktor in Garching wird wieder hochgefahren

Anfang kommenden Jahres soll die Garchinger Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) wieder angefahren werden. Bis zu einer besseren Lösung weiterhin mit hochangereichertem Uran. Unverantwortlich für die Gegner, zumal das anhängige Klageverfahren gegen den Betrieb noch laufe und auch die Lagerung der Brennstäbe völlig ungeklärt sei.
Garching - Der Reaktor steht seit März 2020 coronabedingt still, am 14. Mai vergangenen Jahres trat über den Kamin des Garchinger FRM II radioaktives C-14 um 15 Prozent über dem zulässigen Jahresgrenzwert aus, weil eine Filteranlage nicht in Betrieb genommen wurde. Zudem läuft eine Klage des Bund Naturschutz in Bayern, der den Betrieb spätestens seit Ende 2018 für illegal erachtet, da für den Betrieb des FRM II weiter hoch angereichertes Uran 235 als Brennstoff genutzt wird. Dessen Einsatz war bis Ende 2010 gestattet und dann bis Ende 2018 verlängert worden, mit der Zielsetzung, ab 2019 auf niedriger angereichertes Uran unter 50 Prozent umzustellen.
Die Umrüstung des FRM II bleibe auch weiterhin das oberste Ziel, „trotz intensiver Forschungsanstrengungen der TUM und ihrer internationalen Partner gibt es nach dem weltweiten Stand von Wissenschaft und Technik bislang keinen niedriger angereicherten Brennstoff, der für den Einsatz im FRM II qualifiziert ist. Inzwischen sind wir aber auf die Zielgerade eingeschwenkt“, betont der Wissenschaftliche Direktor des FRM II, Professor Peter Müller-Buschbaum (TUM).
Umstellung kann noch Jahre dauern
Bis es zu einer tatsächlichen Umstellung kommt, würden jedoch noch Jahre vergehen, denn bis 2023 wollen sich Bund und Land erst einmal verständigen, welches Material als neuer Brennstoff für den Reaktor der TUM überhaupt in Frage komme. Der Vorschlag eines Garchinger Wissenschaftlers, der bereits im Jahr 2018 eine Möglichkeit zu einem Brennelement mit auf 50 Prozent angereichtem Uran sowie eine Konzeptstudie zu 20 Prozent angereichertem Uran eingereicht habe, „sei in dieser Form für den FRM II nicht einsetzbar“, sagt die FRM II-Sprecherin Andrea Voit.
„Wir fordern die TU auf, das Papier umgehend zu veröffentlichen“, sagt Köhlers Landtagskollege Markus Büchler, für den der Reaktor weiterhin eine Gefahr bleibt für die Bürger, aber auch für die Bemühungen, atomwaffenfähiges Material einzudämmen. „Wir haben jedenfalls kein Vertrauen mehr, weder in den sicheren Betrieb des Reaktors noch in den Willen der FRM II-Betreiber, den Reaktor zügig umzurüsten.“ Der Betreiber, die TU München, hält dagegen, „der FRM II ist eine der leistungsstärksten Neutronenquellen weltweit und für Wissenschaft, Industrie und Medizin bedeutsam.“ Die erforderliche Grundlagenforschung von rund 1000 Forschern pro Jahr lägen auf Eis und stünden in der Warteschlange.
Umweltministerium verweist auf wichtige medizinische und technische Forschung
Auch für das Umweltministerium als atomrechtliche Aufsichtsbehörde ist die Genehmigung für den Betrieb des Reaktors nach wie vor bestandskräftig und rechtsgültig. Man verweist auf die aus Sicht der bayerischen Staatsregierung wichtige „medizinische und technische Forschung“. Die Genehmigung des Forschungsreaktors sei auf Grund der geltenden gesetzlichen Regelungen und einer intensiven rechtlichen und fachlichen Prüfung erfolgt. Das Ministerium wolle die Entscheidung des Gerichts abwarten. Die Ankündigung des Wiederanfahrens vor den mündlichen Verhandlungen im Klageverfahren ist für die Landtags-Grüne Claudia Köhler in diesem Stadium eine „Unverschämtheit“, schließlich gehe es bei der Klage um die von einem Gutachten belegte Unrechtmäßigkeit des Betriebs.
Zudem sei nicht nur die Endlagerung der Brennstäbe völlig ungeklärt, auch das Zwischenlager am Standort Garching sei nahezu voll, „es steht ein hochkomplexer Atommülltransport durch Bayern nach Norddeutschland bevor“, prognostiziert Köhler. Sie kündigte eine Anfrage an die Staatsregierung an, warum trotz des laufenden Klageverfahrens und des Betriebs mit hoch angereichertem Uran sowie der ungeklärten Fragen zum Atommülltransport und der Atommülllagerung eine Genehmigung erteilt wurde.