„Wir sind keine Tempelritter“: Haarer Freimaurer räumen mit Gerüchten auf

Ihnen wir viel angedichtet, doch wahr ist nur das Wenigste: Die Freimaurer aus Haar räumen mit Gerüchten auf, die Filme und Bücher ihnen andichten.
Haar – Um die Freimaurer ranken sich viele Mythen und Legenden. Hollywood-Filme und Bestseller-Bücher erzählen von Tempelrittern, Verschwörungen und Geheimbünden. Von einer Vereinigung, die die Geschicke der Welt lenkt. Die Realität ist weniger spektakulär, aber nicht minder interessant.
Die Freimaurer einen fünf Grundideale: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Enrico Fadani (55) haben vor allem die letzten drei dazu bewogen, vor zehn Jahren in die Freimaurer-Loge Haar einzutreten. „Es ist ein Weg, den man beschreitet“, erklärt Fadani. „Auf verschiedenen Ebenen beginnt man, sich diesen Werten anzunähern. Wir nennen das ’Die Arbeit am rauen Stein’. Wir arbeiten ein Leben lang an uns selbst.“
Geschichte
Historie
Die Freimaurer gehen aus den Steinmetzbrüderschaften in England hervor. 1717 schlossen sich vier dieser Bünde zur ersten Großloge zusammen. 1737 gründete sich in Hamburg die erste Loge Deutschlands. Berühmte Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe, Winston Churchill und Karlheinz Böhm waren Freimaurer.
In Deutschland gibt es heute 15 000 Freimaurer in mehr als 500 Logen. Die Vereinigungen agieren unabhängig voneinander. Ihre Riten und Symbole halten die Freimaurer geheim. Jeder Freimaurer entscheidet für sich selbst, ob er an die Öffentlichkeit gehen will. ot
Die Freimaurer stammen aus der Steinmetzbruderschaft in England – den „free masons“ (siehe Kasten). Im Gründungsjahr 1717 schlossen sich mehrere Gruppierungen zu einer Großloge zusammen. „In bekannten frühzeitlichen Darstellungen wird die Herkunft der Freimaurer mit einem Fluss verglichen“, erklärt Fadani. Die Werte verschiedenster Gruppierungen flossen zu einem Gedankengut zusammen – den fünf Grundidealen. Bald darauf 1737 gründete sich die erste deutsche Loge in Hamburg. Berühmte Persönlichkeiten wie Wolfgang Amadeus Mozart, Kurt Tucholsky, Axel Springer und Karlheinz Böhm waren Freimaurer.
Männerloge Haar
Seit 2011 gibt es die Haarer Freimaurer. Jeden Freitagabend treffen sich die 22 Mitglieder im Bürgerhaus oder in Münchner Logenhäusern. Die Loge ist eine reine Männerloge, wobei es auch gemischte gibt. „In welcher Loge man sich zielstrebig entwickeln kann“, sagt Vorsitzender Tobias Fromme (44), „das muss jeder für sich selbst entscheiden.“ Der Familienvater lebt in der Hallertau und ist Molekularbiologe an der Technischen Universität in Freising. Sein Kamerad Fadani hat ebenfalls Familie. Er wohnt in München und zeitweise in der Schweiz. Er ist Unternehmer einer Medienfirma. Beide wählten die Freimaurer in Haar, weil die Loge am besten zu ihnen passt.
Interne Diskussionsabende mit Vorträgen zu Ethik in der Wirtschaft, Musik und Freimaurerei oder Toleranz bieten die Möglichkeit zum Austausch. Das Ziel eines Freimaurers sei es, ein Ehrenmann zu sein. Tolerant, brüderlich und menschlich miteinander umzugehen. „Es ist eine starke Eigenarbeit an der eigenen Persönlichkeit“, sagt Fadani. Der interne Austausch soll dabei helfen, sich ständig weiterzuentwickeln.
Symbole und Rituale
Die Freimaurer entstammen der Handwerkszunft und haben verschiedene Werkzeuge als Leitsymbole. Jedes Symbol steht für einen moralethischen Wert. „Das Winkelmaß symbolisiert die Geradlinigkeit im Leben, anderen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen“, erklärt Fadani. „Wenn ich ein Symbol sehe, erinnert es mich an den dahinter liegenden Wert.“ Die Waage steht für Vernunft und die Gleichheit aller Menschen. Der Hammer für Recht und Gerechtigkeit.
Die Rituale der Freimaurer beruhen auf weltlichen Bräuchen aus der Ägyptologie, dem Christentum und dem Islam. Ihre Riten halten die Freimaurer geheim. Wobei Fromme auch sagt: „Längst kann jeder unsere Rituale googeln. Wir sprechen aber nicht darüber, weil es das Erleben eines Rituals beeinträchtigt.“
Freimaurer werden
Wer Mitglied werden möchte, kann sich an die Haarer Loge wenden. „Eine Mail reicht. Nach einem Erstgespräch folgt ein Gästeabend bei unseren Treffen“, sagt Fromme. „In den folgenden Monaten prüfen Kandidat und Loge, ob sie zueinander passen.“ Die moralethischen Grundwerte müssten mit denen der Freimaurer übereinstimmen. Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus hätten keinen Platz. In der Vergangenheit wurden Freimaurer öffentlich hart angegangen. Die ganzen Legenden, die ihnen angehängt werden, weist Fromme entschieden von sich. „Nein, bei uns geht es nicht zu, wie Autor Dan Brown das in seinen Krimis beschreibt.“ Geschichten wie diese würden das Bild verzerren. „Der moderne Freimaurer ist kein Tempelritter.“ Auch ein Geheimbund sei man nicht. „Wir sprechen von Deckung.“ Nicht jeder möchte mit seiner Identität als Freimaurer an die Öffentlichkeit gehen.
Zu 100 Prozent ist Fromme davon überzeugt, die Freimaurer haben sein Leben bereichert: „Ich lebe viel bewusster.“ Und auch Fadani hat an innerer Sicherheit gewonnen. „Ich habe mehr Erfolg im Leben, weil ich reflektierter handle.“ In Zukunft wollen die Haarer Freimaurer noch stärker am sozialen und kulturellen Gemeindeleben teilnehmen. Derzeit ist eine Vortragsreihe mit moralethischen Themen in Planung. „Jeder ist willkommen“, sagt Logen-Vorsitzender Fromme.
Kontakt: kontakt@freimaurerloge-lux.de
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