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Diskussion zur Bundestagswahl abgesagt: Grüne, Linke und SPD wollen nicht mit AfD auf ein Podium

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Anton Hofreiter steht an einem Rednerpult
Will wieder in den Bundestag, aber weder selbst noch in Vertretung gemeinsam auf ein Podium mit der AfD: Anton Hofreiter aus Unterhaching. © Felix Schröder/dpa

Nachdem die Volkshochschule Haar die AfD zu einer Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl eingeladen hatte, haben die Kandidaten von Grüne, SPD und Linke ihre Teilnahme abgesagt.

Haar - Die Volkshochschule Haar hat die für Mittwoch, 21. Juli, geplante Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten aus dem Landkreis abgesagt. Hintergrund ist, dass die Kandidaten von Grüne, SPD und Die Linke nicht mehr an der Veranstaltung teilnehmen wollten, nachdem sie erfahren hatten, dass auch Gerold Otten, Kandidat der AfD, eingeladen worden war. „Wir wollen, dass alle demokratischen Parteien zusammenstehen und gemeinsam eine klare Haltung gegen rechts zeigen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Parteien. Die AfD gehöre nicht zum Spektrum der demokratischen Parteien. „Sie steht nicht auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, daher die Absage (genauer Wortlaut siehe Kasten).

Gemeinsame Erklärung zum Wahlkreis-Podium in Haar (Wahlkreis 221)

Dr. Korbinian Rüger (SPD), Jamila Schäfer und Dr. Anton Hofreiter MdB (GRÜNE), Katinka Burz (LINKE)

Teilnahme an Podien nur mit demokratischen Parteien

Wir wollen, dass alle demokratischen Parteien zusammenstehen und gemeinsam eine klare Haltung gegen rechts zeigen. Deshalb setzen wir ein Zeichen. Wir werden nicht an dem Wahlkreis-Podium in Haar teilnehmen, wenn die AfD teilnimmt.

Unsere Zusage zu dem Podium in Haar beruhte auf der Information, dass die AfD nicht zu dem Podium eingeladen ist. Sie wurde erst nachträglich eingeladen. Veranstalter wie zum Beispiel Volkshochschulen sind nicht verpflichtet, die AfD zu solchen Podien einzuladen.

Die AfD gehört nicht zum Spektrum der demokratischen Parteien. Sie steht nicht auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und wird in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet. In den letzten vier Jahren hat sich die AfD deutlich radikalisiert. Der Kandidat der AfD Gerold Otten hat sich nie klar vom völkisch-nationalistischen Flügel der AfD distanziert.

Wir setzen uns mit der AfD und mit den Worten und Taten ihrer Vertreter*innen kritisch auseinander, aber wir gehen mit dieser rechtsradikalen Partei und ihrem Kandidaten nicht auf ein gemeinsames Podium.

Warum keine Auseinandersetzung auf einem Podium? Weil es erfahrungsgemäß bei einer offenen Diskussion dann nur noch um die AfD geht und kaum mehr um andere Themen. Oder, wenn streng moderiert wird, keine Diskussion entsteht, sondern nacheinander in vorgegebener Zeit Statements der Kandidierenden zu verschiedenen Themen aneinandergereiht werden und die AfD als normale Partei erscheint – was sie nicht ist.

Korbinian Rüger: „In diesem Rahmen eine Bühne mit der AfD zu teilen, würde bedeuten, deren undemokratischen, gefährlichen und oft menschenverachtenden Ansichten Legitimität zu verleihen. Daran beteilige ich mich nicht.“

Jamila Schäfer: „Die Demokratie lebt von Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren kann. Das wusste schon der wertkonservative Staatssrechtler Böckenförde. Deshalb liegt es an uns Demokratinnen und Demokraten zu zeigen, dass die Politik demokratieverachtender Kräfte wie der AfD keine bloße Meinung unter vielen ist.“

Toni Hofreiter: „Wir sind nicht bereit, uns daran zu beteiligen, den Feinden der Demokratie und den Verursachern von Hass und Hetze eine Plattform zu bieten.“

Katinka Burz: „Der Ideologie dieser Demokratiefeinde ist mit Argumenten nicht beizukommen. Niemand möchte seine Zeit, seinen Atem, seine Diskussionsfreunde an diese rechtspopulistische Partei verschwenden. Faschismus und Rassismus sind keine Meinung sondern ein Verbrechen!“

Wir bedauern, dass die Bürger*innen, die sich von dem Wahlkreis-Podium erhofft hatten, Inhalte aus den Programmen der Parteien für ihre Wahlentscheidung zu erfahren, und die Kandidat*innen persönlich zu erleben, dies nicht wie erwartet bekommen.

Deshalb unsere Bitte: Kommen sie zu unseren Veranstaltungen, informieren sie sich über unsere Kanäle im Internet und in den sozialen Netzwerken. Wir stehen zum Dialog mit den Bürger*innen bereit.

Unser ganz großes Anliegen ist: Informieren sie sich, gehen sie zur Wahl und wählen sie demokratisch.

Vier besonders hervorzuhebende Fakten:

Herr Otten wurde im Bundestag nicht zum Bundestagsvizepräsidenten gewählt. Wir teilen die Einschätzung der großen Mehrheit der Bundestagsabgeordneten, dass Herr Otten für das Amt eines Bundestagsvizepräsidenten nicht geeignet ist.

Herr Otten hat am 21.04.2021 anlässlich der Bundestagsentscheidung über das Infektionsschutzgesetz den Demonstranten in Berlin für ihren Einsatz und Protest gedankt. Bei dieser Demonstration „ohne Maske, mit Gewalt“ (Tagesspiegel) kam es zu Ausschreitungen, tätlichen Angriffen auf Polizisten und Flaschenwürfen auf die Polizei. Es gab über 200 Festnahmen und versuchte Gefangenenbefreiung.

Herr Otten hat am 29.08.2020 in Berlin an der Demonstration einer Mischung aus Querdenkern und Rechtsextremen teilgenommen, in deren Anschluss die Treppe des Reichstagsgebäudes gestürmt worden ist.

Herr Otten hat im September 2018 an dem sogenannten „Trauermarsch“ der AfD in Chemnitz teilgenommen. Dies war eine rechtsradikale Demonstration, dort lief er in der ersten Reihe mit Björn Höcke und Andreas Kalbitz und Pegida-Leuten, dahinter gewaltbereite Rechtsextremisten und Hooligans.

Die VHS Haar wollte alle im Bundestag vertretenen Parteien einladen

„Unser Ansinnen war es, alle Parteien, die den Landkreis München im aktuellen Bundestag vertreten, einzuladen, um mit ihnen über ihre vergangene Arbeit und über ihre Pläne für die kommende Legislaturperiode zu diskutieren“, begründet die Volkshochschule ihre Entscheidung, die AfD einzuladen. „Wir bedauern, unseren Teilnehmern nun nicht die Möglichkeit zur politischen Meinungsbildung und Diskussion vor Ort mit ihren Bundestagskandidaten geben zu können.“ 

Florian Hahn (CSU) und Axel Schmidt (FDP) standen weiterhin zu ihrer Teilnahme an der Diskussion. Auch wenn er es „fast unerträglich“ finde, „mit einem Gerold Otten auf einem Podium zu sitzen“, der eine Partei vertrete, die offen rechtsextrem sei, schreibt Axel Schmidt auf seiner Facebook-Seite, sei er das „als Demokrat dem Bürger schuldig“.     

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