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„Ein beeindruckender Fund“: Archäologen stoßen auf uralte Gräber

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Eines der Gräber: Dieses beigabenloses Skelett einer Frau war einer der Funde. © Gemeinde

Bei den Bauarbeiten zu „Kirchheim 2030“ sind Archäologen auf rund 50 Gräber aus der Bronzezeit gestoßen. Es dürfte sich um einen der größten Friedhöfe dieser Epoche in Südbayern handeln.

Kirchheim – Zukunft und Vergangenheit liegen in Kirchheim derzeit nah beieinander. Die Gemeinde baut unter dem Motto „Kirchheim 2030“ momentan an ihrer Zukunft. Bei den Bauarbeiten ist nun auch die eigene Historie zum Vorschein gekommen. Archäologen sind auf ein Gräberfeld aus der frühen Bronzezeit gestoßen. Zwischen 40 und 50 Personen wurden hier bestattet. Wie die Gemeinde-Archäologin Jennifer Bagley in einer Pressemitteilung erklärt, handel es sich dabei um eines der größten Gräberfelder dieser Zeitstellung in Südbayern.

Die frühe Bronzezeit umfasst in dieser Region den Zeitraum von etwa 2200 bis 1600 vor Christus. Nur wenige Jahrhunderte zuvor, zum Ende der Jungsteinzeit, war das Gemeindegebiet von Kirchheim zum ersten Mal besiedelt worden, so Bagley. „Aus dieser ersten Besiedlungsphase kennen wir bislang allerdings nur wenige Grabfunde.“ Etwa die aus dem Bereich des alten Gymnasiums und des Sportparks in Heimstetten. Nun kam der Friedhof nordwestlich vom Jugendzentrum hinzu. „Ein beeindruckender Fund, der uns wieder einen großen Schritt weiter bringt in den Erkenntnissen über die Besiedlungsgeschichte unserer Gemeinde“, wird Bürgermeister Maximilian Böltl in der Pressemitteilung zitiert.

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Die letzte Ruhestätte: Aus der Luft sind die Grabgruben als dunkle Verfärbungen im hellen Kies deutlich zu erkennen. © Stefan Kluthe

Die aktuellen Grabungen ergaben etwa 350 Befunde auf vier Hektar Fläche. Im Bereich der Osthälfte konnten in knapp 50 Grabschächten 42 frühbronzezeitliche Bestattungen nachgewiesen und geborgen werden. „Die übrigen Befunde sind spärliche Siedlungsreste jüngerer Zeit“, erklärt Archäologin Jennifer Bagley. Die große Mehrheit der Gräber sei leider gestört, das heißt, sie liegen nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand vor. 

In einigen Fällen, wenn die Grabgruben flach angelegt waren, habe wahrscheinlich das neuzeitlichen Pflügen zur Zerstörung beigetragen, die Mehrheit der Bestattungen sei aber wohl bereits in der Bronzezeit wieder geöffnet worden, wobei offensichtlich gezielt vorgegangen worden sei. Waren hier frühzeitliche Grabräuber am Werk? Das, sagt Hans-Peter Volpert, der Leiter der Ausgrabungen, „wissen wir nicht. Dafür kennen wir die Sitten und Rituale der damaligen Menschen viel zu wenig.“ Womöglich handelte es sich auch um ein übliches, sanktioniertes Vorgehen, um einzelne, besondere Grabbeigaben der Gesellschaft wieder zugänglich zu machen. Andere Objekte blieben dagegen im Grab.

In den Gräbern lagen Ohrringe und Gewandnadeln

Gefunden wurden neben einer größeren Anzahl an Kupfer- oder Bronze-Ahlen auch Ohrringe und kleinere Gewandnadeln. Sogenannte Bronzetutuli, die aus mehreren Gräbern geborgen werden konnten, dienten wohl der Verzierung von Kleidungsstücken. Darüber hinaus konnten in mehreren Gräbern einige unterschiedlich gearbeitete, teils verzierte Scheibenperlen aus Bein sichergestellt werden.

Mit seiner Größe ist das Gräberfeld aus der Zeit um 1800 vor Christus laut Bagley eines der größten im südbayerischen Raum. In der Regel wurden Kleingruppen mit weniger als zehn Beisetzungen angelegt. „Zwar wissen wir aktuell noch nicht sicher, wo die hier bestatteten Menschen lebten, doch konnten im vorletzten Jahr jenseits der Autobahn auf Aschheimer Gemeindefläche zeitgleiche Häuser untersucht werden“, erklärt Bagley. Durch die hohe Zahl der neuen Gräber in Kirchheim und die Ausgrabung nach aktuellen Standards ergebe sich für die Archäologie nun die Möglichkeit, zahlreiche neue Erkenntnisse zur frühen Bronzezeit in Südbayern zu erlangen. Dazu müssen die Skelette und Beigaben aber weiter untersucht werden.

Die Bauarbeiten an Kirchheims Zukunft beeinflusst der Fund aus der Vergangenheit nicht. Mit einem Verzug sei nicht zu rechnen, erklärt Bagley auf Anfrage, man habe in der Planung extra ein Zeitfenster für mögliche Ausgrabungen vorgesehen, nachdem das Baugebiet in einer „archäologischen Verdachtsfläche“ liege.

fp/mm

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