Reichweite, Ladestopps, Energiekosten: Lohnt sich ein E-Auto?

E-Autos spielen bei der Energiewende eine große Rolle. Doch lohnt sich der Kauf eines Elektro-Autos? Nutzer und ein E-Mobilitäts-Experte berichten über ihre Erfahrungen.
Landkreis – Martin Roßnagl berät bei der Energieagentur Ebersberg-München zum Thema E-Mobilität und bekommt aktuell sehr viele Anfragen. Eine Botschaft schickt Roßnagl bei jedem Gespräch voraus: „Ein rein elektrisches Auto ist das zukunftsträchtige Auto.“ In den Plug-In-Hybriden, die man sowohl mit Strom als auch mit Sprit fahren kann, sieht er eher eine Notlösung. Und bei den rein elektrischen Modellen gibt es inzwischen eine breite Auswahl, von effizienten Kleinwagen, bis hin zu großen Sportwagen mit schwerer Batterie.
Laden mit Solarstrom
Michaela Harlander ist seit neun Jahren überzeugte E-Mobilistin: „Ich würde nie wieder auf einen Verbrenner umsteigen“, sagt die Kirchheimerin. 2013 schaffte sich ihre Familie einen kleinen Citroen C-Zero als Zweitauto an. Den Strom zum Tanken bezog Michaela Harlander erst aus der Haushaltssteckdose, „getankt habe ich immer nur für zwei Stunden, ganz leer habe ich mein E-Auto nie gefahren.“ Inzwischen setzt ihre Familie ganz auf E-Mobilität und nutzt zwei E-Autos, die mit Sonnenstrom aus der eigenen Photovoltaikanlage geladen werden. Eine Lösung, in der Berater Martin Roßnagl gerade im ländlichen Raum großes Potenzial sieht, wo sauberer Strom vom Hausdach einen einen kohle-lastigen Strommix ersetzen kann.

Gutes Fahrgefühl
Für Michaela Harlander gab der Umweltaspekt 2013 den Ausschlag für ein E-Auto, mittlerweile schätzt sie aber auch das Fahrgefühl mit kräftiger Beschleunigung aus dem Stand heraus und wenig Lärm: „Ein E-Auto ist viel angenehmer zu fahren. Es läuft geschmeidiger als ein Wagen mit Gangschaltung.“ Es begeistert sie auch, dass das Bremsen Strom erzeugt und automatisch die Akkus lädt.
Große Unterschiede
Roßnagl kennt die Vorbehalte gegen E-Autos beim Thema Reichweite. „Was ist, wenn ich in den Urlaub fahren will?“, wird er in fast jedem Beratergespräch gefragt. „Bei den E-Autos gibt es große Unterschiede bei Verbrauch und Reichweite.“ Große Reichweiten können durch schwere Batterien mit rund 100 Kilowattstunden wie bei Tesla-Modellen erreicht werden. Aber eine große Batterie ist nicht alles. Auch kleine Autos mit sparsamen Motoren fahren schon weit, wie etwa der kleine Renault Zoe von Norbert Steigenberger aus Aying, den er seit 3,5 Jahren fährt. Mit seiner 40-kWh-Batterie hat er einen Radius von 300 Kilometern im Sommer und 250 Kilometern im Winter. Und die Zoe-Modelle mit einer 52-kWh-Batterie schaffen sogar 335 Kilometern ohne Ladestopp. „Reichweite ist fast kein Thema mehr“, sagt Roßnagl, „da werden sich E-Autos bald mit Verbrennern messen können.“

Der C-Zero von Michaela Harlander ist aber eher ein Stadtauto. Er kommt nur 130 Kilometer weit ohne Ladestopp. „Für mich ist es das richtige Auto für Kurzstrecken.“ Für weite Wege hat sich die Familie mittlerweile ein Tesla Modell X angeschafft. Nonstopp 350 Kilometer sind da auch bei sportlichem Fahrstil kein Problem.
Energiekosten
„Richtig Spaß macht das E-Auto, wenn man die Energiekosten betrachtet“, erklärt Roßnagl, besonders in Anbetracht steigender Energiekosten: Mit eigenem PV-Strom zahlt man laut einer Beispielrechnung der staatlichen Agentur „LandSchafftEnergie“ auf 100 Kilometern rund ein bis zwei Euro. Wer daheim Strom aus dem öffentlichen Netz zu einem günstigen Haustraif (0,37 Euro/kWh) verwendet, liegt bei rund 7,20 Euro für die gleiche Strecke. Wer den Strom aus der öffentlichen Ladesäule zieht, kommt auf rund 10 Euro (Tarif 0,50 Euro/kWh).

Knackpunkt Ladepause
Umstellen müssen sich E-Autofahrer bei den Ladepausen. 20 Minuten dauert der Zwischenstopp mindestens: „Laden ist der große Knackpunkt, denn es braucht etwas Zeit. Damit wird man sich in Zukunft arrangieren müssen und sein Auto zuhause oder am Arbeitsplatz laden“, sagt Martin Roßnagl. Das bestätigt Norbert Steigenberger. „Man muss die Fahrweise erlernen.“ Der Physiker aus Aying lädt seinen Zoe zu 90 Prozent zuhause an der Wallbox mit Strom von der eigenen PV-Anlage, wenn die Sonne scheint. „Wenn es dringend ist, und die Sonne nicht scheint, nehme ich Strom aus der Steckdose“, sagt der 80-Jährige. „Bei weiteren Fahrten muss man mehr planen, wo man einen Ladestopp machen möchte und eine Essenspause einlegen oder eine Besichtigung machen will.“ Je nachdem, mit welcher Leistung er lädt, dauert ein Ladestopp ein bis zwei Stunden.
184 Ladepunkte
Auch bei der Ladeinfrastruktur tut sich einiges: Im Lauf der vergangenen beiden Jahre wurden bereits 184 Ladepunkte an über 50 Standorten im Landkreis München aufgebaut. Im Jahr 2022 soll die Zahl der Ladepunkte erhöht werden und nach aktuellen Planungen in den Kommunen auf bis zu 282 Ladepunkte an 100 Standorten anwachsen, teilt das Landratsamt mit.
Förderungen
E-Autos sind im Betrieb günstiger und wartungsärmer, doch generell noch sehr teuer. Dass sie im Vergleich mit Verbrennern konkurrenzfähig werden, verdanken sie der Förderung. Für reine E-Autos zahlt der Staat mit Umweltbonus und Innovationsprämie bis Ende 2022 die maximale Kaufprämie von 9000 Euro für Modelle, deren Kaufpreis unter 40 000 Euro liegt.
Der Fördertopf für Wallboxen ist mittlerweile ausgeschöpft, hier sind keine Zuschüsse mehr zu erwarten. Viele Kommunen im Landkreis geben aber Zuschüsse.