„Müssen treiben, antreiben und handeln“: Kommunen vereinbaren Ziele für den Klimaschutz

Bei der ersten Klimakonferenz im Landkreis München haben die Kommunen nicht nur ihre Ziele präsentiert sie haben auch Geschlossenheit bewiesen im Kampf für mehr Klimaschutz.
Landkreis – Großer Andrang im Foyer, alle Plätze im Saal besetzt. Die erste Klimakonferenz im Landkreis hat über 270 Besucher. Gestern Nachmittag in Taufkirchen sind es vor allem Gemeinderatsmitglieder, Kreisräte oder Rathausmitarbeiter, die sich vor Stellwänden und an Stehtischen tummeln. Die Stimmung ist gut, viele haben ein Lächeln im Gesicht.
Als die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf die Bühne gerufen werden, wird es einen Moment lang feierlich im Saal des Kongresszentrums. Jeder einzelne hält ein grünes Schild mit drei individuellen Zahlen in den Händen: die Klimaziele, zu denen sich ihre Kommune selbst verpflichtet hat. Es erinnert an eine feierliche Zeugnisverleihung, mit dem Unterschied, dass die Herausforderungen noch in der Zukunft liegen.
Sechs Kommunen liefern Ziele noch nach
Auch Landrat Christoph Göbel (CSU) hält ein Schild hoch. Das Ziel des Landkreises ergibt sich als mathematischer Durchschnittswert, aufbauend auf den Zielen, die 22 von 29 Landkreiskommunen gestern bekannt gegeben haben. Mindestens sechs Kommunen werden ihre Ziele noch nachliefern: Kirchheim, Ismaning, Haar, Planegg, Unterschleißheim, Baierbrunn und eventuell auch Ottobrunn. Für den Landkreis gilt ab heute: Im Jahr 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen pro Einwohner bei 2,8 Tonnen liegen. 7,9 Tonnen betrug der Ausstoß an CO2-Äquivalenten pro Kopf im Landkreis 2020 laut aktuellem THG-Bericht. Das sind rund 1,8 Tonnen weniger als noch im Jahr 2018, vermutlich wirkten sich auch die Maßnahmen zu Beginn der Corona-Pandemie begünstigend aus, doch die Zahlen weisen klar in die richtige Richtung, findet Göbel.

THG-Neutralität bei Strom und Wärme, will der Landkreis 2040 erreichen. Und komplett klimaneutral – auch beim Verkehr – will er 2045 sein. „Das soll nicht Selbstkasteiung zeigen, sondern ein Signal sein, dass wir verstanden haben, dass wir selbst uns äußern müssen, dass wir treiben, antreiben, handeln müssen“, sagt Landrat Göbel. Er sieht den Landkreis als „interkommunale Familie“ und appelliert, „dass wir unsere Ziele mutig und optimistisch angehen“. Da sei ihm in der Diskussion oft zu viel Pessimismus dabei.
Gewisse Skepsis ist verständlich
Das ehrgeizigste Ziel hat sich gestern Unterhaching gesetzt. Die Kommune will schon 2030 beim THG-Ausstoß pro Kopf die Null-Linie knacken. Sehr vorsichtig schätzt sich Pullach dagegen mit 5,2 Tonnen ein. Zwar sind die Pullacher bei Geothermie und Windkraft bereits unterwegs, haben aber auch energieintensive Chemie-Industrie vor Ort.

Dass der Landkreis erst 2045 die generelle Klimaneutralität erreichen will – also fünf Jahre nach dem von Markus Söder ausgerufenen Bayern-Ziel 2040 – sieht Philipp Schramek, der Leiter der Klimaschutz-Initiative 29++ gelassen und verweist auf die Kommunen: „Das letzte Kommunenziel ist unser Ziel.“ Das Wichtigste für ihn sei, dass die Diskussionen anlaufen, um der fossilen Energie den Rücken zu kehren. „Dass die Verantwortlichen hören, welche Projekte gehen und was nicht geht.“ Er verstehe auch eine gewisse Skepsis bei einzelnen, weil die Kommunen eben sehr verschiedene Voraussetzungen haben. „Aber wir müssen uns Ziele setzen, um nicht ziellos umherzuirren.“
Stefan Schelle, Bürgermeister aus Oberhaching und CSU-Fraktionschef im Kreistag sieht die Gefahr, „dass wir uns alle nur auf die Schultern klopfen. Wir müssen ins Handeln kommen.“ Dann schaut er sich suchend um, er vermisst bei der Klimakonferenz am Donnerstag unter all den Mandatsträgern die Bürger im Publikum: „Wir müssen die Leute mitnehmen“, das sei die Herausforderung, sagt Schelle.
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