Trotz positiven Gutachtens: Döner-Laden soll schließen - Familienvater bangt um Existenz

Der Traum vom eigenen Dönerimbiss währt erst kurz, bevor er nun bitter platzen könnte: Weil ein Nachbar plötzlich klagt, droht den Betreibern des „Egeli 35“ in Ottobrunn der Ruin.
- Dem Betreiber des Dönerimbiss „Egeli 35“ in Ottobrunn droht das Aus.
- Grund ist die Klage eines Paares aus der Nachbarschaft.
- Sie beschweren sich über nicht auszuhaltenden Lärm und Gestank.
Ottobrunn – Hinter Hüseyin Arat rotiert gemächlich der Dönerspieß, milder Bratenduft erfüllt das Ladenlokal „Egeli 35“ an der Putzbrunner Straße in Ottobrunn. Vor der Theke, an einem blank geputzten Holztisch, sitzt der Chef. Nach dem Mittagsgeschäft, wenn der 50-Jährige ein bisschen Zeit zum Grübeln hat, wird Hüseyin Arat bang vor dem, was wird. Denn im Gegensatz zur Welt, die sich bekanntlich unaufhaltsam weiterdreht, droht seinem Dönerspieß der Stillstand. Ein Nachbars-Paar hat geklagt, weil Lärm und Gestank aus dem Laden bis in seine Wohnung zögen und nicht auszuhalten seien. Und das Amtsgericht München gab ihm recht.
Nachbar-Paar geht gegen Dönerimbiss vor - Betreiber hat 130.000 Euro in den Laden investiert
„Ich bin jeden Tag von früh bis spät in der Arbeit, um meine Schulden zu bezahlen“, sagt Arat. In den 21 Jahren, die er nun in Deutschland lebt, habe er nie zum Arzt gemusst. Jetzt spielt aus Zukunftsangst sein Blutdruck verrückt. Rund 130 000 Euro habe der Familienvater in die Einrichtung des Ladens investiert, dafür auch noch seine Wohnung in der Türkei verkauft. Dieses Wagnis könnte ihn nun ruinieren.
Dönerimbiss in Ottobrunn: Kläger waren anfangs sogar jeden Freitag hier essen
Dabei hatte alles so gut angefangen. Neben Arat am Tisch sitzt Christine Drexl und blättert in einem Ordner voller Anwaltsschreiben. Sie kaufte den ehemaligen Schuhladen, in dem seit gut drei Jahren der Dönerimbiss untergebracht ist. Zuvor hatte sie alle Parteien der Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Areal zum Essen versammelt, um ihre Pläne für den Imbiss vorzustellen. Keiner hatte etwas dagegen, erinnert sie sich, auch das Paar nicht, das nun klagt. „Anfangs waren sie sogar jeden Freitag bei uns essen“, sagt Drexl.
Landratsamt stellt bei Dönerimbiss in Ottobrunn keinen Küchengeruch fest
Doch dann ging der Ärger los. Der Nachbar beschwerte sich erst bei ihr, dann beim Landratsamt. Doch die Behörde hatte nichts zu beanstanden. „Kein Küchengeruch in der Umgebung festgestellt“, steht in einem Schreiben des Kontrolleurs. Der 14-Meter-Abluftkamin ragt bis über den Dachfirst. Doch dann

landete vor gut einem Jahr das Anwaltsschreiben in Christine Drexls Briefkasten. Zwar ist der Nachbar Berufsmediator, doch Schlichtung kommt für ihn offenbar nicht infrage.
Die Eigentümerin muss nun den Prozess führen, der nicht nur über das Schicksal von Hüseyin Arat entscheidet, sondern auch ein Stück weit über ihr eigenes. Der Laden ist ihre Altersvorsorge, sie hilft dort in Teilzeit mit. „Ich bin auf die Miete angewiesen“, sagt sie.
Nachbar-Paar geht gegen Dönerimbiss in Ottobrunn vor - Kritik an Gerichtsverhandlung
Drexl ließ über ihren Anwalt Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichtes einlegen. „Die Richterin hat uns gleich in den Boden gestampft“, sagt sie über die erste Instanz. In der aus ihrer Sicht viel zu kurzen Verhandlung seien viele wichtige Details auf der Strecke geblieben. Zum Beispiel, dass für das kleine Lokal alle nötigen Genehmigungen vorliegen. Dazu komme, so Drexl, dass die klagenden Nachbarn und Teileigentümer in der Anlage gut 30 Meter entfernt wohnen – gegen Lärm abgeschirmt durch die Gebäudefassade, eine Hecke und eine Holzverkleidung. „Sie sehen den Laden nicht mal“, sagt Drexl. Die geschäftige Putzbrunner Straße direkt davor sei eine viel größere Belastung als das Lokal.
Andere Nachbarn unterstützen den Imbiss in Ottobrunn - Kläger halten den Geruch nicht aus
Auch das Argument mit dem Geruch hält Drexl für vorgeschoben. Bei offenem Fenster sei der nicht auszuhalten, argumentierten die Nachbarn. Drexl zeigt ein Foto einer sperrangelweit geöffneten Terrassentür. „So sieht das den ganzen Sommer aus“, sagt sie. Und überhaupt: Von den elf Parteien in den beiden Wohnriegeln störe sich einzig jenes Ehepaar an dem Laden. Drexl zieht einen Packen Schreiben von den anderen Anliegern aus einer Klarsichthülle. Im Tenor sind die sich gleich: Niemand erwähnt Lärm oder Geruch aus dem Dönerladen als Problem. „Ganz im Gegenteil“, lobt einer sogar. „Wir sehen Ihren Imbiss (...) als eine Aufwertung für die Wohnanlage.“
Gericht stuft Dönerimbiss als vollwertige Gaststätte ein - Muss Laden nach drei Jahren wieder zusperren?
Dem Gericht scheint das egal zu sein. Es stuft den Betrieb als vollwertige Gaststätte ein – und damit als unrechtmäßige Nutzung der Ladenfläche. „Ob von dem Dönerladen tatsächlich eine Beeinträchtigung ausgeht“, schreibt die Richterin in der Urteilsbegründung, „ist im Rahmen der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise dagegen unerheblich.“ Die Besitzerin und der Imbissbetreiber müssen nun hoffen, dass ein Berufungsgericht das anders sieht. Sonst müssen sie ihren Laden schon nach drei Jahren wieder zusperren.
Das Kläger-Paar wollte sich auf telefonische Anfrage des Münchner Merkur nicht zu dem Rechtsstreit äußern.
Was genau ist ein Döner? Das hat ein Reinheitsgebot klar definiert. Positiv für Kunden - ärgerlich für die Kebab-Verkäufer. Denn die haben nun ein Problem.
Im EU-Parlament wurde über eine neue Regelung zum Thema Döner gesprochen. Es ging um die Verwendung von Phosphat in Tiefkühl-Dönerspießen. Vor dieser Regelung hatten die Buden-Besitzer aus einer ganz bestimmten Sorge heraus Angst.
Zehn Monate nachdem sich erstmals ein bestialischer Geruch rund um den Schlachthof ausbreitete, ist das Problem nicht vom Tisch. Die Anlage arbeitet nicht wie angekündigt.