Isar Aerospace will hoch hinaus: Raketenstart noch dieses Jahr - Standort-Frage weiter unbeantwortet

Isar Aerospace hebt doppelt ab: Die erste Trägerrakete soll noch dieses Jahr starten, und auch der wirtschaftliche Erfolg soll sich in eine Richtung entwickeln: nach oben.
Ottobrunn – In der Produktionshalle von Isar Aerospace fährt eine Hebebühne piepend an dem Löwen einer Bayernflagge vorbei. Trotz der überirdischen Pläne des Raumfahrtunternehmens, ist es fest im Freistaat verankert.
2018 gegründet, ist Isar Aerospace so schnell gewachsen, dass ihnen die Produktionshallen in Ottobrunn zu eng werden (wir berichteten). „Wir stoßen an unsere Grenzen“, sagt Chief Operating Officer (COO) und Mitgründer Josef Fleischmann. „Mitte dieses Jahres wird die letzte Halle voll sein.“ Wohin die Zukunftsfirma umzieht, ist noch ein Geheimnis – so viel verrät Fleischmann: „Wir wollen in der Gegend bleiben, südöstlich von München.
Noch dieses Jahr soll ihre erste Rakete aus Norwegen starten – außerdem wurde Isar Aerospace 2022 als erste private Firma überhaupt ausgewählt, vom südamerikanischen Weltraumbahnhof in Französisch Guyana starten zu dürfen. Auch andere Akteure würden das vielversprechende junge Unternehmen gerne für sich gewinnen. Bei einem Besuch in der Ottobrunner Produktionshalle betonte der schwedische Botschafter Per Thöresson die „gute Zusammenarbeit zwischen Bayern und Schweden“ und die zentrale Rolle der Raumfahrt, auch wegen des Wettbewerbs mit Russland, China oder den USA. „Satelliten sind die Zukunft“, so seine Einschätzung. Am 13. Januar wurde im nordschwedischen Raumfahrtzentrum Esrange ein Raketenstartplatz für Satelliten eröffnet – mit Nick Priborsky, Leiter von Bodenstationen und Satellitenkommunikation der Swedish Space Corporation, rührt der Botschafter nun die Werbetrommel für den Standort. „Wir würden uns sehr freuen, wenn Isar Aerospace in Zukunft auch Raketen von Esrange startet“, sagt Priborsky.
„Der Markt wächst gigantisch“
Das riesige wirtschaftliche Potenzial der Branche sieht COO Fleischmann ebenfalls. Auch wenn seine Trägerraketen erst einmal von Norwegen, und ab 2024 von Französisch Guyana starten sollen. Bei Isar Aerospace sind alle Weichen auf Wachstum gestellt. Nachdem die Raumfahrt lange staatlichen Akteuren und Megakonzernen vorbehalten war, mischen jetzt auch Start-Ups und Mittelständler mit. Es sei inzwischen eine kommerzielle Bewegung. „Der Markt wächst gigantisch“, schwärmt Fleischmann. „Früher waren Satelliten so groß wie ein Bus, heute nur noch so groß wie ein Stuhl.“ Fleischmann ist 32 Jahre alt. Mit zwei TU-Kollegen hat er Isar Aerospace gegründet. Die Erfolgsgeschichte geht trotz aktueller Wirtschaftskrise weiter. Durch ihre volldigitale Fertigung und einen hohen Automatisierungsgrad in der Produktion ist der Trägerraketenhersteller technisch recht unabhängig. Selbst durch die Chipkrise sind sie laut Fleischmann „gut gefahren als Firma“. Durch den jungen Altersschnitt sei Isar Aerospace ein attraktiver Arbeitgeber – aktuell sind trotzdem rund 50 Stellen offen. Der Personalmangel ist selbst hier ein Problem – auch weil immer noch kaum Frauen in den Hörsälen der Technischen Universitäten sitzen. Abseits der Gleichberechtigung ist das ein ökonomisches Problem. „Je diverser, desto erfolgreicher“, so Fleischmann.
Trotz zahlreicher Programme, die mehr Frauen in technische Berufe bringen sollen, hinkt Deutschland bei dem Thema hinterher. „Da ist Schweden weiter“, sagt Priborsky. Und es gibt noch einen Bereich, in dem das skandinavische Land für Isar Aerospace interessant werden könnte. „In Schweden gibt es nicht nur seltene Erden, sondern auch Kupfer“, sagt Fleischmann – ein Stoff, den er für seine Produktion benötigt. Auch wenn die Branche sich gerne als Helfer der Klimakrise inszeniert – etwa weil man mit Satelliten effektiv Klimadaten sammeln kann – ist vieles in der Produktion nicht nachhaltig. „Unsere erste Rakete wird Einweg sein“, bestätigt Fleischmann. Das sei etwa so, als würde man einen BMW kaufen, nach Berlin fahren und ihn beim Ankommen wegschmeißen.
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