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In neuen Grundschulen: Intersexuelle Kinder sollen eigene Toilette bekommen

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Von: Andrea Kästle

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Buben, Mädchen, drittes Geschlecht: An Schulen soll es künftig abgetrennte Toiletten auch für Intersexuelle geben.
Buben, Mädchen, drittes Geschlecht: An Schulen soll es künftig abgetrennte Toiletten auch für Intersexuelle geben. © Kruse

In der Gemeinde Pullach soll eine neue Grund- und eine neue Mittelschule entstehen. Die Schulplanerin regte nun an, beim Bau gleich an eine Toilette für intersexuelle Kinder zu denken.

Landkreis – Unlängst hat die Gemeinde Pullach darüber diskutiert, wie genau die neue Grund- und die Mittelschule konzipiert werden sollen. Welche Räume man so brauchen wird. „Wenn Sie schon neu bauen“, meinte da die vom Kommunalgremium engagierte, zupackende Schulplanerin Andrea Lehner, „dann sehen Sie doch gleich noch eine eigene Toilette vor für das dritte Geschlecht“.

Nicht Bub, nicht Mädchen: Gleichstellungsbeauftragte fordert Initiative für transsexuelle und intersexuelle Menschen

Damit ist die Gemeinde mitnichten die einzige Kommune, die darüber nachdenkt, Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, dass der Gesetzgeber vor kurzem Intersexuelle rechtlich anerkannt hat. Auch die neu entstehenden Grundschulen in Garching und Taufkirchen sollen, wenn möglich, noch mit Sanitärräumen ausgestattet werden für Kinder, die nicht Bub sind und nicht Mädchen. Und während die Gleichstellungsbeauftragte im Landratsamt, Hanna Kollan, meint: „Die Umsetzung von Unisex-Toiletten ist ein wichtiger Schritt, damit gerade transsexuelle und intersexuelle Menschen diskriminierungsfreier leben können“, fordert Eliza Skowron, die Zuständige aus dem Referat Diversity beim KJR: „Das Thema darf nicht nur auf Toiletten reduziert werden.“

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Toiletten fürs dritte Geschlecht: Die Betroffenen sind mitnichten nur eine kleine Randgruppe

Denn, das machte auch Andrea Lehner den Pullachern klar, die Betroffenen sind mitnichten nur eine kleine Randgruppe. Sie machen immerhin 0,1 Prozent der Bevölkerung aus, wobei es eben biologische Gründe sind, aus denen die Menschen, die seit Anfang Januar „divers“ als Geschlecht angeben können auf Formularen, in den bislang gängigen Rubriken nicht einzuordnen waren. Weil sie zwar vielleicht weibliche Geschlechtsorgane besitzen, aber eben gleichzeitig männliche Chromosomensätze. Oder weil ihre Genitalien nicht eindeutig ausgebildet sind.

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Wahrgenommen wurden die rund 80.000 bis 100.000 Mannfrauen oder Fraumänner in Deutschland bislang auch deshalb kaum, weil die überwiegende Mehrheit von ihnen, 80 Prozent nämlich, in der Regel operiert worden ist – als Kind. Und weil es wiederum medizinisch leichter umsetzbar ist, Mädchen zu „machen“, verloren sie dabei meist ihre männlichen Anteile.

Im vorberatenden Gremium, in dem in Pullach Lehrer und Gemeinderäte mit Schulplanerin Lehner das Raumprogramm für beide Schulen aufgestellt haben, konnten sich die Beteiligten schnell auf ein zusätzliches Klo einigen – der Gemeinderat beschließt darüber aber erst im Februar. 

Unisex-Toiletten: Auch andere Kommunen denken darüber nach

Derweil hat die Stadt Garching sich schon entschieden und ist dabei, auf den Plänen für die neue Grundschule eine Unisex-Toilette nachzutragen. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) findet: „Die Gesellschaft muss reagieren.“ Auch im Rathaus seien weitere Sanitäreinrichtungen für das dritte Geschlecht denkbar.

Auch in Taufkirchen wird momentan geprüft, ob in der künftigen Grundschule „Am Wald“, für die die Baustelle schon ausgehoben worden ist, noch zusätzliche Toiletten für divers veranlagte Kinder Platz finden können. „Wir sind dabei, das mit dem Architektur-Büro abzuklären. Dann wird der Gemeinderat darüber entscheiden“, meint dazu dieser Tage Bauamtsleiter Stefan Beer am Telefon. Man stehe dem Ganzen sehr „wohlwollend“ gegenüber.

Unterdessen steht das Thema auch beim Kreisjugendring, der immerhin rund 30 Jugendfreizeitstätten im Speckgürtel rund um die Landeshauptstadt unterhält, auf der Agenda. Eliza Skowron: „Wir machen Schulungen dazu, wir nutzen eine gendergerechte Sprache. Um das Ganze auch zu enttabuisieren.“ Ansonsten unterstütze man die Bedürfnisse der Betroffenen, indem die Mitarbeiter eine „offene und wertschätzende Haltung“ zeigten.

Ein zusätzliches Klo sei bei einem Bauvorhaben des Volumens, wie die Gemeinde Pullach es plant, meint Andrea Lehner, nur „eine Kleinigkeit“. Die könnte jedoch, sagt sie auch, in ein paar Jahren so selbstverständlich sein, wie es inzwischen weitere Lehrerzimmer oder Räume für Kooperationspartner sind.

Video: Toiletten für das dritte Geschlecht

An mehreren bayerischen Schulen soll es künftig auch Toiletten für das dritte Geschlecht geben. 

Auf Twitter sorgt aktuell das Foto einer sehr speziellen Toilette für Aufsehen. Die Frage ist: Wie würden Sie reagieren?

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Fotocredit Umfrage: Martin Gerten dpa/lnw

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