Kandidatenkür für die Bundestagswahl - Parteien in Verzug
Für die Parteien wird es langsam Zeit, ihre Kandidaten für die Bundestagswahl am 26. September in Stellung zu bringen. Doch das ist derzeit gar nicht so einfach

Normalerweise hätten die Parteien auf lokaler Ebene schon im Herbst zu Nominierungsversammlungen eingeladen, doch dann kam den Kreisverbänden der Lockdown in die Quere. So ist etwa bei der CSU in ganz Bayern noch kein einziger Kandidat nominiert.
Florian Hahn trifft Delegierte persönlich
Die CSU München-Land setzt erneut auf ihren Kreisvorsitzenden und Abgeordneten Florian Hahn. Konkurrenz ist nicht in Sicht. Doch zunächst müssen die Prozesse ins Laufen kommen und die Ortsverbände Delegierte wählen. Der Kreisverband wird im Frühjahr voraussichtlich 120 bis 160 Delegierte einladen, Ort und Zeit stehen noch nicht fest. Klar ist: Es wird eine Präsenzveranstaltung, sofern die Inzidenz-Zahl unter 50 liegt. „Das ist die Form, die rechtlich am sichersten ist, sonst läuft man Gefahr, einen Verfahrensfehler zu machen“, sagt Florian Hahn und fügt hinzu: „Es wird strenge Hygieneauflagen geben.“ Der 46-Jährige gehört seit zwölf Jahren dem Bundestag an und will im Herbst zum vierten Mal das Direktmandat gewinnen. „Ich würde mich freuen, wenn die CSU mir die Chance auf eine weitere Kandidatur geben würde“, sagt der Bundespolitiker aus Putzbrunn. Er ist europapolitischer Sprecher der CSU und langjähriger Verteidigungspolitiker.
„Für jemanden, der schon im Amt ist und drei Wahlkämpfe bestritten hat“, sagt er, sei der späte Zeitpunkt der Nominierung „kein Problem.“ Sein vierter Wahlkampf werde jedoch ganz anders werden. „Eine große Veranstaltung im Bierzelt wird ausbleiben, vieles ist jetzt schon ins Netz verlegt, womöglich erreichen wir sogar mehr Menschen als bei klassischen Vor-Ort-Terminen.“
Bela Bach kandidiert erstmals digital
Große Mitgliederversammlungen hält die SPD in der Pandemie für heikel. „Wenn sich alle wegen des Lockdown einschränken müssen, können wir uns nicht mit 100 Leuten versammeln“, sagt SPD-Kreischef Florian Schardt. Der Unterbezirk setzt auf eine digitale Nominierung: „Wir wollen damit auch ein politisches Signal setzen.“ Neuland sei die Online-Form natürlich schon. Die SPD und ihre 87 Delegierte stellen sich der Herausforderung: Zur Wahl steht Bela Bach. Die 29-jährige Juristin aus Planegg ist vor gut einem Jahr in den Bundestag nachgerückt. Sie ist im politischen Berlin angekommen und will verlängern. Am Donnerstag, 18. Februar, um 19 Uhr kommt die SPD auf „Webex“ zusammen. Bela Bach tritt voraussichtlich außer Konkurrenz an. Sie wird ihre Wahlkampf-Themen vorstellen, anschließend gibt es ein Online-Voting. Einen Tag später werden die Briefwahlunterlagen verschickt, erklärt Florian Schardt den Ablauf: Am 3. März wird das endgültige Ergebnis feststehen.
Grüne fahren zweigleisig
Der Grünen-Kreisverband wollte im Dezember seinen Kandidaten in der Hachinger Halle in Unterhaching küren. Dann kam der zweite Lockdown dazwischen. „Jetzt fahren wir zweigleisig“, sagt Kreissprecher Volker Leib (53). Die Versammlung findet am Samstag, 27. März, statt, „entweder digital oder als Präsenzversammlung in der Hachinger Halle, wenn es die Pandemie-Situation erlaubt“. Anton Hofreiter (51) will wieder. Es wird seine fünfte Kandidatur für den Bundestag, wo er als Fraktionschef der Grünen eine verantwortungsvolle Rolle übernommen hat. Inhaltlich steht fest: „Es wird eine Klimawahl“, stellt Leib kurz und bündig klar: „Klimaschutz ist ein Querschnittsthema, das bundesweit greift, aber lokal umgesetzt werden muss.“
Die Grünen freuen sich über starken Zuwachs, 700 Mitglieder hat der Kreisverband. Die Stimmung an der Basis sei gut. „Die Leute sind sehr motiviert, wir sind eine sehr digitale Partei und haben große Ressourcen für den Wahlkampf.“
Die Sammelbestellung für die Plakatständer nimmt Volker Leib gerade auf. Plakatflächen sind gebucht. „Wir haben viel Rückenwind. Wie weit nach vorne der uns trägt, wird sich zeigen. Aber wir rennen auch selber noch.“ Es ist für Volker Leib der fünfte Bundestagswahlkampf an der Seite von Hofreiter, sein Resümee: „Wir sind im Laufe der Jahre immer besser geworden.“
Freie wünschen sich Präsenzveranstaltung
Die Freien Wähler hatten den 14. Februar anvisiert, doch der Termin muss wegen des Lockdown ausfallen. „Wir wünschen uns eine Präsenzveranstaltung, wir hoffen, dass es im Frühjahr klappt“, sagt Vize-Vorsitzender Martin Reichart. Mindestens ein Kandidatenname steht im Raum.
AFD trifft sich in einem Saal
Die AfD wird ihren Kandidaten in einer Präsenzveranstaltung nominieren. „Wir gehen in einen großen gemeindeeigenen Saal oder in eine Gaststätte“, sagt Kreisvorsitzende Christina Specht (54). Sie zählt etwa 120 Mitglieder im Landkreisverband, „aber die Erfahrung zeigt, dass höchstens 20 Prozent zu so einer Wahl kommen“. Gerold Otten (64) aus Putzbrunn gehört dem Bundestag seit 2017 an und stellt sich wieder zur Wahl. Die Kritik an den Corona-Schutzmaßnahmen wird ein großes Wahlkampfthema sein, kündigt Kreisrätin Christina Specht an.
Neues Gesicht bei der Linken
Auch die Linke hat 2017 mit Eva-Maria Schreiber eine Vertreterin aus dem Wahlkreis nach Berlin geschickt. Die 61-Jährige hat schon bisher die Wahlkreise in Ingolstadt und Regensburg mitbetreut und will diesmal in Regensburg kandidieren. „Wir haben sieben Abgeordnete aus Bayern, die müssen wir auf die Regionen verteilen“, sagt ihr Mitarbeiter. Im Wahlkreis München kandidiert Kreisrätin Katinka Burz (39) aus Kirchheim. „Wir fassen eine Aufstellungsversammlung am 18. März in Präsenz ins Auge“, sagt Katinka Burz „soweit es das Infektionsgeschehen zulässt.“ Die Linke rechnet nicht mit allzugroßem Ansturm, „weniger als 40 Personen“, meint Kinderpflegerin Katinka Burz, „aber man weiß ja nie.“
FDP und ÖDP haben schon gewählt
Die FDP war schneller als alle anderen: Sie hat im Oktober Axel Schmidt aus Oberhaching als ihren Direktkandidat ins Rennen geschickt (wir beerichteten). Der 52-Jährige soll dem verstorbenen Jimmy Schulz in den Bundestag nachfolgen.
Auch die ÖDP hat mit Yannik Rouault (27) bereits einen Kandidaten gekürt, Anfang Januar warf der Kameramann aus Ottobrunn seinen Hut in den Ring und will erstmals für die kleine Partei der Umweltschützer den Sprung in den Bundestag schaffen.