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Punsch der Pünsche: Theatergruppe „Junges Bürgerhaus“ heizt Unterföhrings Lokalpolitik ein

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Von: Charlotte Borst

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Ausdrucksstark: Zauberer Beeltzebub Irrwitzer (Michael Gammel) und Geldhexe Tyrannja Vamperl (Nadja Becker) hecken einen teuflischen Plan aus.
Ausdrucksstark: Zauberer Beeltzebub Irrwitzer (Michael Gammel) und Geldhexe Tyrannja Vamperl (Nadja Becker) hecken einen teuflischen Plan aus. © DIeter Michalek

Politisch und mit viel Lokalbezug hat das Theaterensemble  „Junges Bürgerhaus“ den „Wunschpunsch“ von Michael Ende interpretiert. Und sparte nicht mit Seitenhieben.

Unterföhring – Mit seinem neuen Stück „Der satanarchäolügenalkohöllische Wunschpunsch“ hat das Ensemble „Junges Bürgerhaus Unterföhring“ die große Bühne vor gut 500 Zuschauern fulminant bespielt. Auch wenn Lokalpolitiker im Publikum den Abend mit gemischten Gefühlen erlebten.

Denn das selbst geschriebene Stück nach der Vorlage von Michael Ende spielt im reichen Paradieso vor den Schornsteinen des Heizkraftwerks und hat wie der erste Ensemble-Erfolg („Der Kanzler“) viele lokale Bezüge. „Überzufriedenheit und leichte Überheblichkeit“ wird da den Bewohnern nachgesagt.

Es ist Silvester und Beeltzebub Irrwitzer (Michael Gammel) hat Stress. Der Mann mit wilder Haarmähne und leicht konfusem Blick hat sein Soll an bösen Taten nicht erfüllt: Nicht genug Tierarten ausgerottet, Flüsse verseucht, Bäume sterben lassen. Noch eine halbe Stunde bis Mitternacht oder Maledictus Made (Luis Staiger) holt ihn in die Hölle.

Mit schlechten Taten ist auch Geldhexe Tyrannja Vamperl (Nadja Becker) im Rückstand. Den beiden kann nur noch der Wunschpunsch helfen. Trinken sie ihn, bevor die Neujahrsglocken läuten, gehen all ihre guten Wünsche umgekehrt in Erfüllung.

Surreal: Kater Maurizio (Tobias Volner) ist anfangs eingebildet und naiv, später zeigt er als Spion Krallen.
Surreal: Kater Maurizio (Tobias Volner) ist anfangs eingebildet und naiv, später zeigt er als Spion Krallen. © DIeter Michalek

In Sondermülltonnen versteckt belauschen Kater Maurizio und Rabe Krake, Boten des Tierischen Rats, den teuflischen Plan. Jetzt kann nur noch ein Wunder die Welt retten...

Ein bestens eingespieltes Ensemble glänzt unter der humorvollen und flexiblen Regie von Angie Prott mit spritzigen Dialogen. Beeindruckend, welche Talente die Inszenierung zu Tage fördert.

Das bunte Bühnenbild von Peter Schultze macht Spaß: Phosphorisierend prangen an den Seiten Zauberformeln in Krikelkrakel. Im Hintergrund leuchten neonfarbig Substanzen. Es schneit romantisch Federn, und der höllische Punsch brodelt geheimnisvoll. Über all dem kreisen auf einem riesigen Ziffernblatt die Zeiger und begleiten den Wettlauf gegen die Zeit.

Das Stück erreicht einen Höhepunkt, als der fahrige Irrwitzer und die gierige Tyrannja mit kantigen Schwüngen einen bizarren Tanz vollführen, zum Discosound komponiert von Moritz Törsiep. Auch Rabe Krake und Kater Maurizio überzeugen darstellerisch auf ganzer Linie. Krake (Jaroslav Sawitsch) flößt den Zuschauern als Geheimagent 007 sofort Zuversicht ein, dass Rettung naht. Der gefiederte James Bond amüsiert mit seinem Sprachmix aus Bayerisch, Russisch, Allgäuerisch.

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Vollgepackt: Gut 500 Zuschauer sahen das Stück im Bürgerhaus Unterföhring. © DIeter Michalek

Der anfangs ziemlich naive Maurizio (Tobias Volner) glänzt tänzerisch und auch stimmlich. Mit grandioser Opernstimme singt er „La Donna è mobile“ aus Verdis Rigoletto. Spätestens da erobert Multitalent Tobias Volner das Publikum vollends.

An einigen Stellen bremsen die Anspielungen auf die Lokalpolitik den Fluss der Inszenierung: Da wird vom „Punsch der Pünsche“ gewünscht, dass der Gemeinderat „einfach mal Beschlüsse umsetzt“. Dass im Jugendbeirat auch Mitglieder sind, „deren Eltern nicht im Gemeinderat sitzen“. Bauamtsleiter Lothar Kapfenberger wird in Gestalt des Zauberers Beeltzebub Irrwitzer recht liebevoll derbleckt, dem langweilig ist, „nachdem er alles, wirklich alles gebaut hat“.

Am Ende gratuliert Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer den acht Darstellern und der Regie zur glänzenden Leistung. Er weiß die Spitzen mit Humor zu nehmen und kann sich gut vorstellen, dass der Kulturausschuss das so hart arbeitende „Junge Bürgerhaus“ nochmals finanziell fördert. „Das Theater muss die Hand, die es füttert, beißen“, sagt Tobias Volner.  Großer Applaus.

Eine zweite Aufführung

findet am Freitag, 25. Januar, um 18 Uhr im Bürgerhaus statt.

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