Revolutionärer Stadion-Plan

Die SpVgg Unterhaching hat große Pläne im Sportpark: Der Fußball-Drittligist würde gern das Stadion in Eigenregie übernehmen – Klubpräsident Manfred Schwabl und Vize Peter Wagstyl haben Bürgermeister Wolfgang Panzer und Sportamtsleiter Michael Trautwein jetzt ihre Vorstellungen erläutert.
Unterhaching – Mal angenommen, die Fußballprofis würden schon im Mai 2018 in die 2. Bundesliga aufsteigen: Dann hätte die Gemeinde ein Problem. Nämlich kein zweitligataugliches Stadion. Aber auch, wenn der Aufstieg erst 2019 und 2020 käme (so sehen es die sportlichen Planungen des Vereins vor), würde die Gemeinde hinterherhinken. Denn auf ihrer Prioritätenliste ist die Stadionsanierung erst für 2021 vorgemerkt.
Um nicht sehenden Auges in eine Problemlage zu geraten, arbeitet die SpVgg Unterhaching an einem innovativen und zukunftsorientierten Konzept, von dem beide Seiten profitieren würden. Die Idee in Kurzform: Die SpVgg übernimmt das Stadion auf der Basis von Erbbaurecht, und würde versuchen, den Gebäuderiegel von Gaststätte und Geschäftsstelle zu erweitern – nicht nur für eigene Zwecke, sondern bei Bedarf auch für soziale Infrastruktur, beispielsweise für die Mittagsbetreuung der Schule oder für einen Kinderhort. Im Gegenzug müsste die Gemeinde zeitnah in die überfällige Stadionsanierung investieren.
„Das wäre eine gute Lösung für alle“, sagt Engelbert Kupka, Altbürgermeister sowie von 1973 bis 2012 Präsident der SpVgg Unterhaching. Den Charme des Konzepts sieht er darin, „dass beide Seiten etwas gewinnen und keiner etwas verliert“.
Um das zu verstehen, muss man ein wenig zurückschauen, ins Jahr 1999. Damals stieg die SpVgg Unterhaching in die 1. Bundesliga auf, spielte zwei Jahren vor regelmäßig vollen Rängen, verhalf unter anderem am 20. Mai 2000 mit dem berühmten 2:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen dem FC Bayern zur deutschen Meisterschaft.
Aus jener Zeit, Ende der 1990er Jahre, stammt auch der Pachtvertrag, den Engelbert Kupka (damals SpVgg-Präsident) mit Erwin Knapek (damals Unterhachings Bürgermeister) ausgehandelt hat. Die Konditionen dieses Vertrags sind, aus damaliger Sicht nachvollziehbar, sehr stark auf die Interessen der SpVgg Unterhaching zugeschnitten. Und sie kosten die Gemeinde bis heute eine Menge Geld: für Rasenpflege, für Instandhaltung. Weit über eine Million Euro pro Jahr. Auch jetzt, in der 3. Liga.
Dieser vereinsfreundliche Pachtvertrag, den mancher Kommunalpolitiker lieber heute als übermorgen auflösen würde, läuft noch bis 2020. Und: Die SpVgg hat die Option, den Vertrag bis 2025 zu verlängern. Die Kosten für eine sofortige Stadionsanierung im Aufstiegsfall kämen noch hinzu.
In einer Mischung aus Eigeninteresse und sozialer Verantwortung geht der Fußballverein unter Führung von Präsident Manfred Schwabl (seit 2012) jetzt in die Offensive. Das konkrete Angebot: Die SpVgg Unterhaching übernimmt das Stadion zum 1. Juli 2018 auf der Basis von Erbbaurecht für einen Zeitraum von 30 bis 50 Jahren, zahlt der Gemeinde dafür pro Jahr einen angemessenen Erbbauzins. Damit würde die Kommune sich die laufenden Kosten sparen – im Falle eines Aufstiegs (mit höheren Anforderungen an die Stadionqualität) wären das bis 2025 etwa zehn Millionen Euro.
Umgekehrt, quasi als Gegenleistung, hat natürlich auch die SpVgg Unterhaching eine Erwartungshaltung. Erstens: Die 4500 Zuschauer fassende Osttribüne, seit diesem Frühjahr wegen leichten Bodensetzungen komplett gesperrt, muss wieder generell zugänglich gemacht werden. Zweitens soll das Baurecht für den Gebäudetrakt hinter der Süd-Stehplatztribüne erweitert werden um ein zusätzliches Stockwerk. Damit würde die SpVgg ihren im Profifußball nötigen Raumbedarf optimieren. Und zugleich attraktive Räumlichkeiten schaffen für gemeindliche Bedürfnisse (wie Kinderbetreuung) oder zur Vermietung an interessierte Firmen. Ein dritter Wunsch: Die „offenen Ecken“ der eigenen Fankurve, bei der Würstlbude und bei der Anzeigetafel, sollen geschlossen werden; um die Zuschauerkapazität zu erhöhen, aber auch um den Lärmschutz hin zum Wohngebiet Stumpfwiese zu verbessern.
„Das wäre doch ein guter Deal, der für alle passt“, sagt SpVgg-Präsident Manfred Schwabl auf Anfrage des Münchner Merkur. Er spricht von einer „Win-win-Situation für beide, einer Fifty-fifty-Lösung“. Stadionsicherheit für die SpVgg, soziale Innovationen für die Gemeinde, finanzielle Anpassungen für beide.
Im Rathaus stoßen die Gedankenspiele des Vereins auf offene Ohren. „Es darf keine Denkverbote geben“, sagt Gemeinde-Sprecher Simon Hötzl auf Nachfrage des Münchner Merkur, man sei „generell aufgeschlossen“. Eigentlich wolle die Kommune sich erst 2021 mit einem Gesamtkonzept für den Sportpark befassen, „aber wenn es einen Königsweg gibt, der beiden Seiten nützt, freuen wir uns, mit der SpVgg Unterhaching auch früher über ein ernsthaftes und seriöses Konzept zu verhandeln“.
Hötzl hält es für „wirtschaftlich klug“, eine „große Lösung zu suchen und das bestehende Stadion in das Gewerbegebiet zu integrieren“. Insofern werde die Gemeinde sich Vorschlägen des Vereins „nicht verschließen.“ Aber Hötzl sagt auch: „Das wird keine simple, sondern eine sehr komplexe Lösung. Es braucht von beiden Seiten noch viel Energie, wir stehen erst ganz am Anfang.“
Dieser ist nun immerhin gemacht. Beim Ringen um einen wirtschaftlichen Konsens sind noch allerlei Details zu prüfen. Beispielsweise, inwieweit der Gebäuderiegel statisch für eine Aufstockung geeignet ist. Wie sich Lärmschutzvorschriften umsetzen lassen. Ob das brachliegende Hirmer-Grundstück hinter der Ost-Tribüne zur Verfügung stünde. Und in welchem Maße die Gemeinde weiterhin den Verein fördert.
„Die SpVgg ist zweifelsohne ein Aushängeschild der Gemeinde Unterhaching. Aber wir unterstützen mit Fördermitteln nur den Breiten-, nicht den Spitzensport“, sagt Hötzl. Doch just in dieser Hinsicht hat sich bei der etwa 900 Mitglieder starken SpVgg Unterhaching heuer viel getan. Das neue Nachwuchskonzept sieht vor, auch weniger talentierten Unterhachinger Kindern das Fußballspielen bei der SpVgg zu ermöglichen. Hötzl wertet dies als „Neu-Entdeckung des Breitensports“.
So läuft das Erbbaurecht
Gesetzliche Grundlage ist das Erbbaurechtsgesetz, das aber nur einen groben Rahmen vorgibt. Das Erbbaurecht, umgangssprachlich Erbpacht genannt, ist eine Alternative zum Grundstückkauf. Vom Prinzip her läuft es so: Man darf auf fremden Grund eine Immobilie bauen und zahlt dafür den zwischen beiden Vertragspartnern (Erbbaurechtgeber und -nehmer ) frei auszuhandelnden Erbbauzins, quasi eine Pacht für die Grundstücksnutzung. Nach Ablauf des Erbbaurechts (eine gängige Zeitspanne sind 99 Jahre) geht die Immobilie auf den Grundstückseigentümer über, der dafür eine Entschädigung zahlen muss.