Steuerschock: Unterhaching fehlen zwölf Millionen Euro

Mit einer Haushaltssperre reagiert die Gemeinde Unterhaching auf drastische Einbrüche bei der Gewerbesteuer. Zwölf Millionen Euro fehlen in der Kasse.
Unterhaching - Entgegen der Kalkulation des 118,5 Millionen Euro schweren Rekordhaushalts, der heuer im Februar „nach bestem Gewissen“ aufgestellt worden war, wie Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) im Gemeinderat betonte, zeichnet sich nun bei den auf 34,8 Millionen Euro geschätzten Einnahmen aus der Gewerbesteuer ein Minus von zwölf Millionen Euro ab.
Durch die Haushaltssperre, vom Finanzausschuss knapp mit 8:7 Stimmen beschlossen und seit der Verkündung im Gemeinderat in Kraft, ändert sich für 2022 nicht mehr allzu viel. Aber wie Unterhaching 2023 die in Schieflage geratene Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben wahren will: Darin liegt die große Herausforderung.
Finanzielle Reißleine ziehen, Pflichtaufgaben werden erfüllt
Schon im Juli habe sich „abgezeichnet, dass wir tatsächlich Probleme bekommen“, berichtete der Bürgermeister. Im September wurde noch einmal evaluiert – und jetzt, im Oktober, die finanzielle Reißleine gezogen: „Ihre Pflichtaufgaben wird die Gemeinde selbstverständlich erfüllen. Die Haushaltssperre wirkt eher nach innen: Wir überprüfen bei jeder Ausgabe, ob sie zu diesem Zeitpunkt wirklich notwendig ist. Wir machen nichts mehr, das nicht essenziell ist.“
Michael Durach (CSU) plauderte ein bisschen aus der nicht-öffentlichen Debatte zuvor im Finanzausschuss. „Wir waren überrascht von der Vehemenz“, gab er zu. Auf die Frage, wie schlimm es denn sei auf einer Skala von eins bis fünf, „lautete die Antwort fünf“, so Durach. „Fünf! Das bedeutet Krise.“
Ursache ist noch unklar
Die Ursachen dieser Gewerbesteuerkrise sind noch nicht vollkommen klar. Sie auf Ukraine-Krieg und Energiekostenexplosion zu reduzieren, das wäre zu einfach. Denn: Einige der Rückerstattungen, die von der Gemeinde jetzt zu stemmen sind, betreffen die vergangenen Jahre – die Gewerbesteuer-Krise hat also einen Vorlauf.
„Es geht um die Zukunft“, sagte Wolfgang Panzer. Der Rathauschef warnte explizit davor, mit Gerüchten über angebliche Firmenpleiten „Panikmache zu schüren“. Genau ums Gegenteil gehe es mit der Haushaltssperre: „Damit wir klar und strukturiert agieren.“ Es gelte, „das Gesamtsystem der kommenden zwei bis drei Jahre zu eruieren“, so Panzer: „Wir müssen neu denken und generell priorisieren.“
Was konkret bedeutet das? Für die Grünen zog Claudia Köhler sicherheitshalber schon mal „eine rote Linie“, nämlich „bei Bildung, Sozialem und Kinderbetreuung“. Dass die Gemeinde ihre Pflichtaufgaben erfüllen wird, steht außer Frage – aber, auch darum ging es beim „Ausschreibungsblödsinn“, wie Michael Durach es nannte: Liegt beispielsweise im Turnus der Glasreinigung öffentlicher Gebäude ein Einsparpotenzial?
Diskussion um subventionierte Butterbrezn im Gemeinderat
Viele kleine Posten werden wohl das anhaltende Gewerbesteuer-Minus kompensieren müssen – der allen Ernstes diskutierte Verzicht auf subventionierte Butterbrezn im Gemeinderat wird nicht reichen. „Können wir Gemeinderatsbeschlüsse, die noch nicht begonnen wurden, kippen?“, hakte Durach nach. Panzers kurze, klare Antwort: „Ja.“ Emil Salzeder (Neo-Fraktion) mahnt einen „spitzen Bleistift“ an: „Das aktuelle Signal ist nur die Ouvertüre zu dem, was kommt.“
Die Infrastruktur sei nicht in Gefahr, beteuerte Panzer, „alle schon eingegangenen Verpflichtungen“, beispielsweise bei Bauprojekten, würden erfüllt. Vielmehr geht es um 2023 und die Folgejahre: Fußballstadion teuer betreiben oder verkaufen? Bei Zuschüssen an Vereine weniger generös sein? Bauprojekte ohne Muss-Charakter stoppen? All dies steht ab sofort auf dem Prüfstand.