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Attacken auf Einsatzkräfte rapide gestiegen: Feuerwehr berichtet - „Autofahrer extrem dünnhäutig geworden“

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Von: Andreas Sachse

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Feuerwehr und Rettungsdienst haben es bisweilen mit Attacken uneinsichtiger Bürger zu tun.
Feuerwehr und Rettungsdienst haben es bisweilen mit Attacken uneinsichtiger Bürger zu tun. © Symbolfoto: Armin Forster

Attacken auf Sanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten, Ärzte und Pfleger steigen auf ein unerträgliches Maß. Feuerwehrkommandant Markus Brandstetter aus Unterschleißheim berichtet.

Unterschleißheim – Der 74-jährige Rentner, der am Morgen des 21. April dieses Jahres die mit Blaulicht und Martinshorn ausrückende Feuerwehr zum Bremsen zwang, ist Bernhard Lemberger durchaus bekannt. Beim Prozess sagte der Kommandant der Feuerwehr Riedmoos, der Angeklagte habe dies schon häufiger, auch mit Wischbewegung und gezeigtem Vogel gemacht.

Rentner zwingt Feuerwehr zum Bremsen - und bekommt Geldstrafe

Der Beschuldigte, der als Fußgänger unterwegs gewesen sei, habe mit dem rechten Bein einen Ausfallschritt zur Straße gemacht und seinen rechten Arm ausgestreckt. „Ich machte eine Geste, dass er nicht so schnell fahren sollte“, begründete der Angeklagte sein Verhalten. Das Feuerwehrfahrzeug habe deshalb bis zum Stillstand abbremsen müssen. Ausfällige Gesten, der Stinkefinger und dergleichen hat der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Riedmoos gelernt, zu ignorieren.

Was sich der Rentner aber diesmal geleistet hatte, ging zu weit. Das Amtsgericht verurteilte den 74-Jährigen zunächst zu einer Geldstrafe von 150 Euro. Inzwischen hat man sich im Sinne des Weihnachtsfriedens zu einem Friedensgipfel verabredet. Die zuständige Strafrichterin am Amtsgericht schlug die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs vor. Damit waren sowohl der Angeklagte als auch der Verteidiger und die Staatsanwaltschaft einverstanden. Der Angeklagte hat nun bis Mitte Januar 2022 Zeit, die Geldauflage zu bezahlen und an einem Aufklärungsgespräch mit den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr teilzunehmen.

Immer mehr Attacken auf Rettungskräfte: „Deutlicher Rückgang an Rücksichtsnahme“

Immer öfter sehen sich Rettungskräfte mit Zorn konfrontiert. Bei der Feuerwehr in Unterschleißheim ist man einerseits froh, dieses Thema in den Brennpunkt der Öffentlichkeit gerückt zu sehen. Auf der anderen Seite will Markus Brandstetter kein Feindbild erzeugen. Der Kommandant tut sich deshalb nicht leicht, aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Aber, ja, auch seine Leute hätten unschöne Erfahrungen gemacht. Der Kamerad etwa, der sich bei einem Angriff vor gut zwei Jahren die Kapsel am Daumen verletzte und in der Folge ausfiel. „Ab und an hab ich das Gefühl, dass es die Leute einfach nicht interessiert, dass wir nicht aus Spaß im Einsatz sind.“ Sicher, andernorts mag es Helfer schlimmer erwischt haben, und alles in allem läuft es in Unterschleißheim recht moderat.

Im Straßenverkehr rund um München aber könne man nie wissen, was einem heute womöglich widerfährt. Brandstetter konstatiert einen „deutlichen Rückgang an Rücksichtnahme gegenüber Einsatzkräften.“ Eine gesellschaftliche Entwicklung, wie er meint. „Autofahrer sind extrem dünnhäutig geworden.“ Die gelb oder rot auf dem Wagendach leuchtenden Aufsetzer mit der Aufschrift „Feuerwehr im Einsatz“ würden allzu oft ignoriert.

Attacken auf Feuerwehr: Kommandant appelliert an Mitmenschen

Körperliche Attacken, wie gegen den Kamerad mit dem verletzten Daumen, sind in Unterschleißheim die Ausnahme. Er erinnert trotzdem noch an den Martinsumzug in Höhenkirchen, als eine Frau aus Wut über eine Absperrung einen Kameraden anfuhr (wir berichteten). Was in solchen Momenten an Emotionen aufkocht, nennt Brandstetter ein „Riesendrama“: Lasst mich durch! Ich hab´s eilig! Brandstetter hat alles schon gehört. Bisweilen würde er sich wünschen, dass den Leuten bewusst wird, womöglich selbst mal einen Rettungshelfer nötig zu haben.

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